TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 1/2017
Rohbauseitige
Verformungsbegrenzungen
Es soll jedenfalls vermieden werden, dass
der Metallbauer ein aufwendiges Monito-
ring und ein Nachjustieren während und
nach der Montage der Fassade durchführen
muss. Rohbauseitige Maßnahmen zur Ver-
formungsbegrenzung sind u.a.:
• Reduzierung der Spannweiten durch
eine engere Stützenstellung
• Reduzierung der Durchbiegung bei
Unterzügen / Trägern (gegebenenfalls
bis L/2000)
• Überhöhter Einbau der Schalung
• Vorspannung der Stahlbetondecke / des
Unterzuges
• Erhöhung des Bewehrungsanteils in der
Zugzone
• Einsatz von Stahlträgern zurVerstärkung
des Unterzuges / Deckenrandes
• Einsatz von Hohlkörperdielen mit
Vorspannvorrichtungen
• Einsatz von Zugbanddiagonalen bei
Gebäudeecken ohne Stützen
Werden diese Maßnahmen aus planungs-
oder kostentechnischer Sicht nicht favori-
siert, muss entweder die Fassadengestal-
tung angepasst oder der wesentlich höhere
Aufwand bei der Herstellung und Montage
der Fassade in Kauf genommen werden.
Wie kann die Fassade darauf reagieren?
Meistens ist eine Korrektur des Tragwerkes
aufgrund der fortgeschrittenen Projektpha-
se nicht mehr möglich. Folgende Kompen-
sationsmaßnahmen können je nach Pro-
jektphase, Fassadentyp und Anwendungs-
fall in Betracht gezogen werden:
Maßnahmen konstruktionstechnischer und pla-
nerischer Art:
• Entkopplung der Fassade vom
Rohbau (Abhängung und horizontale
Abstützung gegen Geschossdecken
durch Windpendel)
• Positionierung der Fassade vor dem
Rohbau und nicht innerhalb des
Rohbaus
• Ausführung der Fassade alsVorhang
fassade (P-R-Konstruktion bzw.
Elementfassade)
• Ausführung der Fassade als Element
fassade anstelle von einzelnen Fenster-
elementen bzw. Lochfenster oder
Bandfenster
• Verringerung der Element- und Glas-
breite (Differenzverformungen innerhalb
eines Feldes sind geringer als die
Gesamtverformung)
• SeitlicheVerklotzung gegen Kippen
der Glasscheibe (Abweichung vom
Regelwerk!)
• Vergrößerung der Ansichtsbreite bei
P-R-Konstruktionen (Vergrößerung
Glaseinstand)
• Vergrößerung des Glaseinstandes bzw.
der Glasfalzräume (Herstellung von
Sonderprofilen)
• Verbreiterung der horizontalen Fugen
im Bereich des Elementstoßes (Element-
fassade)
• Einsatz von Aluminiumblechen oder
-profilen bei der Ausbildung des hori-
zontalen Elementstoßes nach Nut- und
Federprinzip (Elementfassade)
• Einsatz von 3-D justierbaren Konsolen
zur Befestigung der Fassade (Element-
fassade)
• Zugang zu den Konsolen zur nachträg
lichen Höhenjustierung (Notfall)
• Verlegung von Folien mit Schlaufen und
Falten im Anschluss am Rohbau
Maßnahmen montagetechnischer Art:
• Überhöhter Einbau der Elementfassade
bzw. Fensterelemente
• Vergrößerung der Zeitspanne zwischen
Betonage und Fassadenmontage
• Nachjustieren der Elementfassade wäh-
rend Fassadenmontage
Not-Maßnahmen nach Fertigstellung des Bau-
werkes:
• Monitoring zur Überwachung und Erfas-
sung derVerformungen
• Nachjustieren der Fassade nach Fertig-
stellung des Bauwerkes
Empfehlungen
Es wird empfohlen, bei der nächsten Kor-
rektur der Eurocodes die Auswirkungen
der Verformungen auf das Nachfolgege-
werk Fassade etwas detaillierter einzubezie-
hen und verbindlicher zu formulieren. Die
Aufnahme von größeren Bauwerksverfor-
mungen sollte sich auf Ausnahmefälle be-
schränken und nicht zum Regelfall werden.
Falsch berechnete bzw. abgeschätzte Verfor-
mungen können zu einer erheblichen Nut-
zungseinschränkung und zu größeren Fol-
geschäden führen. Das sollte im Sinne aller
Beteiligten vermieden werden.
Dipl.-Ing. Karan
Djalaei ist Ge-
schäftsführer der
von ihm gegründeten Firma KD Fassadenpla-
nung und berät private Investoren, Projektent-
wickler, Architekten, Generalunternehmer und
die öffentliche Hand in allen Fragen rund um die
Gebäudehülle in der Projektierungs- und Reali-
sierungsphase.
Lochfassade mit raumhohen Fenstern: Keine
nennenswerten Deckenrandverformungen.
Verankerung zur Abhängung einer Elementfassade im Eckbereich (durch eine Elementfassade
können Rohbauverformungen besser aufgenommen werden).