TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 1/2017
Obwohl eine detaillierte Auseinanderset-
zung mit Rohbauverformungen insbeson-
dere bei Bauweisen mit größeren Spann-
weiten oder nicht gestützten Gebäudeecken
als elementarer Bestandteil der Planung an-
zusehen ist, wird in der Planungspraxis die-
ser Thematik im Hinblick auf die Fassade
wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Wir sind
immer darüber erstaunt, dass bei Trennwän-
den innerhalb eines Bauwerkes die Praxis
anders aussieht. Hier werden die Decken-
verformungen im Hinblick auf Trennwände
soweit reduziert, dass die Gebrauchstaug-
lichkeit der Trennwand mit einem gleiten-
den Anschluss nach Katalog des Herstellers
sichergestellt werden kann. Es wird häu-
fig angenommen, dass die Fassade so viele
Verformungen verkraftet wie der Massivbau
oder der filigrane Stahlbau. Die statischen
Berechnungen können häufig aufgrund der
fehlenden Fachkenntnis nicht überprüft
werden. So wird schnell übersehen, dass
die aus Kostengründen auf Mindestanfor-
derungen reduzierten Querschnittsabmes-
sungen eines Tragwerkes zu wesentlich hö-
heren Kosten beim Gewerk Fassade führen
können.
Risiken bei Nichtbeachtung
Werden in der Planungsphase fassadenre-
levante Bauwerksverformungen übersehen,
muss spätestens der Fassadenbauer nach
der Auftragsvergabe darauf reagieren. Ver-
lässt er sich auf die Vorgaben einer im Hin-
blick auf die Verformungen nicht ausgereif-
ten Planung, kann das zu erheblichen Schä-
den führen. Das Schadensbild kann sich
von optischen Mängeln über Undichtigkei-
ten in der Fassade bis hin zumVersagen von
einzelnen Bauteilen innerhalb der Fassade
erstrecken. Durch vertikale Deckendurch-
biegungen und unter zusätzlichenVerkehrs-
lasten verziehen sich die im Rechteckformat
geplanten Glasscheiben zu Rauten, die sich
gegeneinander verkanten. Das kann zur
Beschädigung der Glaskante und schließ-
lich zum Versagen der Glasscheibe führen.
Jedenfalls können dadurch die Durchbie-
gungsbegrenzungen des Isolierglasherstel-
lers für den Glaseinstand unter Lasteinwir-
kung überschritten und die Gewährleistung
seitens des Glasherstellers abgelehnt wer-
den.
Eurocodes 2 und 3 nur für Loch
fassaden bzw. Hallenbau geeignet?
Die Eurocodes 2 und 3 beschäftigen sich je-
weils mit der Bemessung und Konstruktion
von Stahlbeton- und Spannbetontragwer-
ken und tragenden Stahlbauten. Sie regeln
zwar die Anforderungen an Gebrauchstaug-
lichkeit, Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit
von tragenden Bauteilen, jedoch ohne eine
klare Differenzierung der an das Tragwerk
angrenzenden Bauteile vorzunehmen. Bei
der Bemessung der Bauwerksverformungen
wird häufig eine Glasfassade genauso be-
handelt wie ein Stahlgeländer. Der Hinweis,
dass im Einzelfall höhere Anforderungen an
die tragenden Bauteile gestellt werden kön-
nen, scheint nicht sehr verbindlich zu sein.
Erfahrungsgemäß kann in der Planungs-
phase auf eine genauere Untersuchung und
Prognostizierung der jeweiligen zeitabhän-
gigenVerformungen (Kriechen und Schwin-
den) nur dann verzichtet werden, wenn ei-
ne einfache Lochfassade innerhalb eines
formstabilem Rohbaus geplant ist. Vor die-
sem Hintergrund scheint der Eurocode 2
nur für Lochfassaden geeignet zu sein. Die
Anforderungen aus dem Eurocode 3 sind
insbesondere bei Glasdächern von Rele-
vanz. Auch beim Stahlbau wird leider häu-
fig aufgrund des allgemeinen Kostendrucks
am Querschnitt der Profile eingespart. Die
Konsequenzen sind hohe Verformungen
unter Lasteinwirkung, die von einem Glas-
dach nicht aufgenommen werden können.
Deshalb kann angenommen werden, dass
die Standardanforderungen aus dem Eu-
rocode 3 eher für den typischen Hallenbau
mit einem Stahltragwerk geeignet sind.
Keine normativen Regelungen
im Fassadenbau
Im Gegensatz zum angelsächsischen Raum
gibt es in Deutschland keine Regelungen
für die Aufnahme von Bauwerksverformun-
gen im Fassadenbau. Das bedeutet, dass der
Fassadenbauer im Grunde davon ausgehen
muss, dass der Rohbau formstabil ist und
keine nennenswerten Verformungen auf-
weist. Dementsprechend berücksichtigt er
nur die thermisch bedingten Längenände-
rungen der Fassadenprofile. Bei größeren
Verformungen muss er sich auf sein eigenes
Know-how aus bereits realisierten Projek-
ten stützen. Ein derartiges Know-how aus
bereits realisierten Projekten ist jedoch nur
bei wenigen Fassadenbaufirmen vorhan-
den.
Sind Bauwerksverformungen nach
Eurocodes fassadentauglich?
Von Dipl.-Ing. Karan Djalaei
In der täglichen Praxis als Fassadenberater stellen wir häufig fest, dass die von Seiten der
Tragwerksplanung nach Eurocodes zugrunde gelegten Bauwerksverformungen im Bereich
der Übergänge zur angrenzenden Fassade generell so groß sind, dass sich diese mit der
Gebrauchstauglichkeit der geplanten Fassade widersprechen.
KD Fassadenplanung (3)
Lochfassade mit raumhohen Fenstern: Keine
nennenswerten Deckenrandverformungen.