TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 4/2018
Brandweiterleitung über Fassaden
Neben der Ausbildung von Brandabschnit-
ten im Inneren eines Gebäudes sollte stets
bedacht werden, dass sich Brände auch über
die äußere Hülle ausbreiten oder von außen
auf das Gebäude einwirken. So können Fas-
saden Brände fördern oder eindämmen – je
nach Ausgestaltung von Abständen, Geo-
metrie, Dämmstoffen, Oberflächenbeklei-
dungen oder Hinterlüftungen. Gerade mit
Brandüberschlägen über mehrere Geschos-
se muss gerechnet werden, denn Stichflam-
men reichen nach dem Flashover oft meh-
rere Meter nach oben über das Fenster.
Diese können von einem Geschoss zum an-
deren auch bei nichtbrennbaren Fassaden-
baustoffen und üblichen Brüstungen von ca.
1 – 1,5 m reichen. Um sich davor zu schüt-
zen, können verschiedene bauliche oder
technische Maßnahmen durchgeführt wer-
den. Dazu gehören beispielsweise die Ver-
längerung der Überschlagswege, eine Ver-
änderung der Fassadengeometrie, Brand-
sperren, Brandschutzverglasungen oder im
Extremfall Sprinklerungen von Fassaden.
Dabei müssen stets auch die Höhe des Ge-
bäudes oder außergewöhnliche Nutzungen
– beispielsweise mit einer hohen Personen-
dichte oder demVorhandensein von Gefah-
renstoffen im Gebäude – einbezogen wer-
den, wodurch die Ansprüche an den Brand-
schutz steigen. Die Landesbauordnungen
stellen hier leider nur geringe Anforderun-
gen und der Gesetzgeber geht offensichtlich
davon aus, einen Brandüberschlag durch
rechtzeitiges Eintreffen der Feuerwehr unter
Kontrolle zu bringen. Hohes Verkehrsauf-
kommen oder weite Anfahrtswege können
die Rettungs- und Bergungsmaßnahmen
allerdings verzögern. Bauherren ist daher
zu empfehlen, sich auf die Vermeidung von
Brandüberschlägen sowie die Aufrechter-
haltung von zweiten Rettungswegen zu
konzentrieren. Würde man dies konse-
quent durchziehen, verringert dies aber den
Wohnkomfort. Daher empfiehlt sich immer
ein vernünftiger Kompromiss unter Berück-
sichtigung des Wohlbefindens der Bewoh-
ner – beispielsweise durch eine ausreichen-
de Anzahl an Fenstern.
Brennbare Fassadenbaustoffe
In der Öffentlichkeit wurde in Bezug auf
Brände an Fassaden vor einigen Jahren ins-
besondere über brennbare Baustoffe – vor
allem Wärmeverbundsysteme (WDVS) aus
Polystyrol – aufgrund von Schadensfällen
diskutiert. Dies führte in der Folge zu gro-
ßer Verunsicherung bei Bauherren über die
Auswahl der Baustoffe. Die Bauminister-
konferenz sieht allerdings WDVS aus Po-
lystyrol „bei zulassungsentsprechender
Ausführung“ weiterhin als sicher an. Die-
se Baumaßnahmen können aus zusätzli-
chen Brandriegeln oder einer zunehmen-
denVielfalt von alternativen Konstruktionen
bestehen. Da Polystyrol günstiger und in
der Regel auch unempfindlicher gegenüber
Feuchtigkeit ist als nichtbrennbare WDVS,
wird es somit auch künftig eine Rolle spie-
len – allein aus Gründen derVerfügbarkeit.
Fazit
Abschließend bleibt zu sagen, dass bei je-
dem Gebäude von Fall zu Fall entschie-
den werden muss. Manchmal können über
die Zulassung hinausgehende Maßnah-
men notwendig sein, so etwa die Verwen-
dung von nichtbrennbaren Baustoffen in
Gebäudeinnenecken oder schachtförmigen
Rücksprüngen. Dort können sonst leichter
höhere Temperaturen und somit schnelle-
re Brandentwicklungen entstehen. Im Ar-
beitsalltag der GFM Bau- und Umweltin-
genieure gilt daher stets, die Einzelfälle ent-
sprechend einzuordnen, auszuwerten und
dabei das richtige Maß für die Brandschutz-
konzepte zu setzen. Wesentlich für deren
Erfolg bleiben immer der fachgerechte Ein-
bau sowie eine Betrachtung der jeweiligen
Rahmenbedingungen vor Ort. Hierfür sind
qualitätssichernde Maßnahmen wie bei-
spielsweise die Ausführung durch qualifi-
ziertes Personal oder eine zusätzliche Bau-
begleitung durch den Hersteller sinnvoll.
Arne Zucker ist
Brandschutzexperte
bei der GFM Bau- und Umweltingenieure GmbH
in München
(www.gfm.com).
Neben der Ausbildung von Brandabschnitten im Inneren eines Gebäudes sollte stets bedacht
werden, dass sich Brände auch über die äußere Hülle ausbreiten oder von außen auf das
Gebäude einwirken. So können Fassaden Brände fördern oder eindämmen.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich
bei Brandschutzkonzepten ein Standard
eingebürgert, der Fehler schon allein durch
die formale Gestaltung vermeidet: Ein Textteil
wird durch die explizite Darstellung mit Hilfe
von Plänen ergänzt. Auf diese Weise fallen
Probleme bereits in der früheren Planungsphase
auf und müssen nicht später aufwendig
korrigiert werden.
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