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TECHNIK

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Fachbeitrag

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FASSADE 4/2018

Die Landesbauordnungen legen Mindest-

ziele zur Wahrung der öffentlichen Daseins-

vorsorge fest, lassen beim Weg dorthin aber

auch Alternativen zu, die im Einzelfall defi-

niert werden müssen. Generell gilt jedoch:

Wie ein sinnvoller Brandschutz bei Gebäu-

den aussieht, ist immer vom Einzelfall ab-

hängig.

Erstellung eines vorausschauenden

Brandschutzkonzeptes

Für den baulichen Brandschutz werden Ge-

bäude in unterschiedliche Klassen einge-

teilt – abhängig von Höhe, Fläche und Art.

Auch wenn sich die Details je nach Bundes-

land unterscheiden, steigen die Anforde-

rungen an den Brandschutz bei einer höhe-

ren Gebäudeklasse. Für einen transparenten

Nachweis zur Umsetzung der erforderli-

chen Maßnahmen hilft ein sorgfältig aus-

gearbeitetes Brandschutzkonzept bereits zu

Beginn der Planungsphase. In den letzten

zwei Jahrzehnten hat sich dabei ein Stan-

dard eingebürgert, der Fehler schon allein

durch die formale Gestaltung vermeidet:

Der Textteil wird durch die explizite Dar-

stellung mit Hilfe von Plänen ergänzt. Auf

diese Weise fallen Probleme bereits in die-

ser frühen Planungsphase auf und müssen

nicht später aufwendig korrigiert werden.

Auch wenn ein Brand natürlich nicht ausge-

schlossen werden kann, können die Risiken

minimiert und die Konsequenzen begrenzt

werden.

Bei der Erstellung eines solchen Konzeptes

empfiehlt es sich, kritische Punkte frühzeitig

Brandschutz: Mit sorgfältigen Konzepten

nachträgliche Kosten vermeiden

von Arne Zucker

mit Brandschutzprüfern abzustimmen. So

kann ein Bauherr bei Gebäuden der Klasse

5, Sonderbauten, Mittel- sowie Großgara-

gen oder bei Abweichungen eine öffentliche

Prüfung oder eine Untersuchung durch ei-

nen privaten Sachverständigen durchführen

lassen (Vier-Augen-Prinzip). Wenn der Prü-

fer vorher bekannt ist, können die Heraus-

forderungen eines Projekts bereits frühzei-

tig analysiert, besprochen und gelöst wer-

den. Auf diese Weise wird der Plan schnell

zu gültigem Baurecht und muss lediglich

umgesetzt werden. Rechtlich gesehen sind

Bauherren auf der sicheren Seite, wenn ein

Sonderfachmann mit der Erstellung eines

Brandschutznachweises beauftragt wurde,

denn dieser haftet für sein Werk.

Rechtzeitige Planung minimiert

Haftungsrisiko und reduziert Kosten

Nach Schätzungen der Bayerischen Archi-

tektenkammer von 2012 muss damit gerech-

net werden, dass der präventive Brandschutz

rund ein Fünftel der Gesamtbaukosten aus-

macht. Dabei ist es wichtig, den Brandschutz

und die Schnittstellen mit demGebäude und

der Haustechnik gleich bei den ersten Leis-

tungsphasen zu bedenken. Es ist vonVorteil,

die Technik oder Nutzung im Brandschutz-

konzept an die Brandabschnitte anzupassen.

Beispielsweise können je nach Größe meh-

rere kleine – je eine für jeden Brandabschnitt

– statt einer großen Lüftungsanlage sinnvoll

sein. Dadurch werden keine Brandschutz-

klappen benötigt, was in Abhängigkeit von

der jeweiligen Haustechnik einen geringe-

ren Investitionsaufwand, wartungsärmere

Technik und weniger Bauteile, die ausfallen

können, bedeuten kann.

Bei anderen Projekten wiederum ist es sinn-

voll, die Nutzungen zu begrenzen, damit

Sonderverordnungen keine weiteren An-

forderungen oder Kosten auslösen können

– beispielsweise durch Begrenzung von La-

germengen von Gefahrstoffen oder von Zu-

schauerzahlen bei Vortragssälen. Dabei sind

einfache Lösungen mit wenigen Abhän-

gigkeiten stets vorzuziehen. Bei Bestands-

gebäuden wiederum ist es in der Regel am

kosteneffizientesten, vorhandene Struktu-

ren weiter zu verwenden und die Nutzun-

gen in die vorhandenen Brandabschnitte

oder Gebäudestrukturen einzufügen, sofern

diese im Einzelfall sinnvoll sind.

Mitte 2017 starben im Londoner Grenfell-Hochhaus Dutzende Menschen in Folge eines Großbrandes,

bei dem sich das Feuer aufgrund der Gebäudeverkleidung und Isolierung besonders schnell

verbreitete. Auch in Deutschland ist ein ähnliches Szenario denkbar. Denn im Zuge der Liberalisierung

des Baurechts in den 1990er Jahren wurden gesetzliche Genehmigungsverfahren vereinfacht – die

Verantwortung für die Sicherheit fiel damit auf den Bauherren und den Planer. Dank der neuen

Freiheiten entschieden sich viele Planer aus Kostengründen für unzureichende Brandschutzlösungen.

Hierfür können Bauherren im Brandfall auch nachträglich zur Verantwortung gezogen werden. Um

dies zu vermeiden, bietet sich die Beratung und Erstellung eines individuellen Brandschutzkonzeptes

durch ein entsprechend geschultes Ingenieurbüro an. So werden mögliche Risiken bereits in der

Gebäudeplanungsphase minimiert.

Foto:

© lichtkunst.73 / pixelio.de

Brände können nicht nur hohe Schäden

anrichten, sondern auch Menschenleben

gefährden.