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RTS-Magazin 7/2017
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ie die Flügel einer Windmühle se-
hen die vier Gebäudeflügel des FGS
Campus in Bonn von oben aus. Den größ-
ten Teil des Bürokomplexes mit Ausstel-
lungsbereichen, Cafés und Bibliotheken hat
die Kanzlei Flick Gocke Schaumburg bezo-
gen. Das Zentrum der Gebäude bildet der
große Innenhof, ein Atrium, dessen Über-
dachung 2014 ausgeschrieben wurde. Bei
den teilweise 40 Meter langen Stahlträgern
ist eine Überhöhung von bis zu 21 Zenti-
metern eingeplant. Sie wurden von Miro-
tec speziell für das Projekt angefertigt. „Je-
der Träger ist ein Unikum mit unterschied-
lichen Blechstärken und Überhöhungen“,
erklärt Diplom-Ingenieur Ralf Löcken, der
bei Mirotec für die technische Projektab-
wicklung zuständig ist.
Damit das Dach auch
bei extremen Temperatu-
ren standhält, sind spezi-
elle Gleitlager eingebaut. So
wird sichergestellt, dass die
Träger zum Beispiel bei ei-
nem Brand den Beton nicht
auseinanderdrücken. Um die
Längenausdehnung der Trä-
ger zu berechnen, wurden
Heißbemessungen mit bis
zu 300 Grad durchgeführt.
Eine besondere Herausforderung stellte zu-
dem der Transport der bis zu 26,4 Tonnen
schweren Stahlträger und der 90 Meter lan-
gen Teleskop-Spitze des Mobilkrans dar. Für
den Kran musste zunächst sogar ein Stell-
platz ausgekoffert und geschottert werden,
so dass alleine Auf- und Abbau des Fahr-
zeugs jeweils einen Tag in Anspruch nah-
men.
Durchdachte Konstruktion
Auf den Hauptträgern ist eine Aluminium-
konstruktion von Lamilux aufgebaut. Das
CI-System Glasarchitektur PR60 mit einem
speziellen Pfosten-Riegelsystem ermög-
licht architektonisch individuelle Formge-
bungen. Über dem Atrium des FGS Cam-
pus wurden zwölf PR60-Satteldächer ver-
schiedener Größen in 22 Metern Höhe
montiert. Da kein Raumgerüst aufgebaut
werden konnte, wurden sie unter erhöh-
tem Aufwand mit einem Montagenetz an-
gebracht. Die Satteldächer sorgen nun für
einen großflächigen, angenehmen Tages-
lichteinfall über dem Innenhof. Die Auf-
satzkonstruktion wurde in Einzelteilen an-
geliefert und vor Ort zusammenmontiert.
Das PR60-System bietet eine sehr effizi-
ente Belüftung der Glasfalze und eine kon-
trollierte Wasser- und Kondensatableitung.
Mit einem sich überlappenden und ohne
direkte Stöße konstruierten mehrstufigen
Dichtungssystem
in
der inneren Dichtebene
wird eine sichere Se-
kundärentwässerung
ermöglicht. Die Dich-
tungsgummis wurden
im Werk vorgeschnitten
und an der Baustelle zu-
sammengebaut.
Entwässerungsrin-
nen wurden von Lami-
lux mit einem Gefälle
so in die Stahlträger
integriert, dass Regen-
und Kondensatwasser
über die Flachdächer
Objekte
Roland Schübel: „Mit der Kombination
aus den Stahlkonstruktionen und
unserem System können wir größer
bauen und auch Projekte wie den
FGS Campus in Bonn aus einer Hand
umsetzen.“
der umgebenden Gebäude abgeleitet wird.
Eine über ein Thermostat gesteuerte Rin-
nenheizung verhindert, dass Schnee oder
Eis die Rinnen verstopft. Über den Rinnen
wurden als letzter Schritt in die Stahlträger
Gitterrost-Wartungsgänge eingebaut. Zu-
sätzlich sind Anschlagpunkte zur Absturz-
sicherung an den Dachrändern und an den
Rauchabzugsgeräten angebracht, damit
auch die Flügel der RWA-Anlage gewartet
werden können.
In das Dach sind neun Doppelklap-
pen integriert, mit einer aerodynamisch
wirksamen Rauchabzugsfläche von 3,39
Quadratmetern pro Stück. Sie sind Teil ei-
ner Rauch- und Wärmeabzugsanlage. Im
Brandfall können so durch thermischen
Auftrieb Rauch, Hitze und giftige Gase ins
Freie geleitet werden. Bei nachströmen-
der Frischluft bildet sich in Bodennähe da-
durch eine raucharme Schicht, damit Men-
schen schnell ins Freie flüchten können
und Rettungskräfte die notwendige Sicht
für Löscharbeiten und Rettung von Brand-
opfern haben. Die Flügel können zum Lüf-
ten bis zu 90 Grad aufgefahren werden und
das Glas des Dachs ist für Reinigungs- und
Wartungsarbeiten betretbar.
Angebots-Erweiterung
Für Lamilux bedeutet der Zusammen-
schluss mit Mirotec eine Erweiterung des
Angebots für die Kunden. „Mit der Kom-
bination aus den Stahlkonstruktionen vom
Mirotec und unserem PR60-System kön-
nen wir größer bauen und auch Projekte
wie den FGS Campus in Bonn aus einer
Hand umsetzen“, sagt Diplom-Ingenieur
Roland Schübel, der das Projekt auf der La-
milux-Seite leitete. Seit der Fertigstellung
im Sommer 2016 begeistert das 1,7 Milli-
onen Euro Projekt im Zusammenspiel mit
verglasten Innenfassaden und Freitreppen:
Ein städtebaulicher Knotenpunkt mit inspi-
rierender Wirkung für die Mitarbeiter und
Besucher des FGS Campus Bonn.
www.lamilux.deIngenieur Ralf Löcken war für die
technische Projektabwicklung
zuständig.
Lamilux (3)