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FASSADE 3/2018
teure, und eine operative Logik für die Ver-
knüpfung der energetische Komponenten
im Siedlungssystem sind. Bewertungsindi-
katoren wurden als lebenszyklusbezogenes
Treibhausgaspotential (THG-Potential) und
siedlungsbezogene Primärenergiebilanz de-
finiert. Dazu wurden für jeden Akteur öko-
nomische Indikatoren berücksichtigt. Die
operative Logik wurde in einem „SWIVT-
Controller“ auf Basis von Mixed-Integer-
Linear Programming (MILP) umgesetzt,
wodurch sowohl die optimale Größe jeder
energetischen Komponente im Siedlungs-
system definiert wird, als auch Betriebsfahr-
pläne in Echtzeit generiert werden können.
Das SWIVT-Konzept wird als Umsetzungs-
szenario für fünf Bestandsgebäude aus den
50er Jahren in Darmstadt entwickelt. Die Ar-
beit basiert auf realen Messdaten dank der
Kollaboration mit der Wohnungsbaugesell-
schaft Bauverein AG und dem Energieanbie-
ter Entega AG. Das Konzept wurde auf Basis
von Simulationen untersucht sowie durch
Prototypen erprobt. Im Folgeprojekt SWIVT
II wird der SWIVT-Ansatz vor Ort umgesetzt
und messtechnisch validiert.
Weitere Informationen bei Mira Conci,
Technische Universität Darmstadt (Institut
für Statik und Konstruktion, ISM+D) unter
conci@ismd.tu-darmstadt.deDer Immobilienbestand stellt für energie-
politische und Klimaschutzziele im Ge-
bäudesektor die kritische Masse dar. Re-
novierungsmaßnahmen sind nicht nur aus
Sicherheits- und Komfortgründen notwen-
dig, sondern auch hinsichtlich einer effizi-
enten Energieversorgung. Zeitaufwendi-
ge Planungsbedingungen, Bau- und An-
lagenkosten in Verknüpfung mit aktuellen
Energiepreisen führen jedoch oft dazu, dass
energetische Sanierungen für den Gebäude
eigentümer nicht wirtschaftlich sind. Sie
werden dadurch oft verschoben oder durch
Abbruch- und Neubaukonzepte ersetzt, was
zu ineffizienten, ungesunden und unbe-
quemen Gebäuden oder zur Bildung eines
Mietspiegels führt, welcher Geringverdiener
vernachlässigt. Ansätze für eine nachhalti-
ge Energiewende im Baubestand sind daher
ein dringender Bedarf unserer Städte.
Gesetzliche Rahmenbedingungen aktueller
energetische Sanierungen erzielen eine Sen-
kung des primärenergiebezogenen Wärme-
energiebedarfs durch Anforderungen an die
Qualität der Gebäudehülle. Der innovative
Ansatz des Verbundprojektes SWIVT sieht
die energetische Verknüpfung bestehender
Gebäude in einem thermischen und elekt-
rischen Siedlungsnetz unter Einbindung ho-
her Anteile an regenerativ erzeugten Energi-
en vor. Dafür wurden Strategien zur dezen-
tralen Energieerzeugung, -speicherung und
-verteilung sowie Konzepte mit minimalem
Siedlungsbausteine für
bestehende Wohnquartiere
Impulse zur Vernetzung energieeffizienter Technologien
Eingriff in der Bestandshülle und Verdich-
tung der verfügbaren Flächen mit neuem,
energieeffizientem Wohnraum kombiniert.
ImVergleich zu einer herkömmlichen Sanie-
rung erreicht die SWIVT-Siedlung eine bes-
sere lebenszyklusbezogene THG-Bilanz, ei-
nen um >30 % geringeren Primärenergie-
bedarf und einen niedrigeren Energiepreis
für den Nutzer. Durch das SWIVT-Konzept
sollen Dämmungsanforderungen zur Errei-
chung der Primärenergieziele im Bestand
entfallen können, und gleichzeitig die Inte-
ressen von Gebäude- und Energieakteuren
besser ausgerichtet werden. Dies soll Sanie-
rungsraten beschleunigen, erschwinglichere
Mieten in städtischen Räumen aufrechter-
halten, innovative Lösungen für die Gebäu-
dehülle erlauben und den Ausbau innovati-
ver Energietechnologien unterstützen.
Das SWIVT-Konzept erfordert ein integrales
Planungssystem zur Verknüpfung der betei-
ligten Akteure aus der Gebäude- und Ener-
giebranche, dessen Tools in SWIVT gemein-
same Bewertungsindikatoren zur Leitung
eines kooperativen Entscheidungsprozes-
ses, ein Betreibermodell zur Gewährleistung
der Wirtschaftlichkeit für die beteiligten Ak-
TECHNIK
|
Fassaden der Zukunft
In der Rubrik „Fassaden der Zukunft“ stellen
Fassadenexperten aus Forschung und Praxis
innovative Fassadenkonzepte und zukunftswei-
sende Lösungen vor.
2030
2050
2020
Quelle © Mira Conci, ISM+D, TU Darmstadt
Architektonische Darstellung des SWIVT-Konzeptes im Projektgebiet.
Planungssystem für SWIVT.
Quelle © Mira Conci, ISM+D, TU Darmstadt