TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 3/2018
wonnen, und zwar im Wortsinn. Tatkräftig
unterstützt, aber auch herausgefordert von
den Planern, haben sich die Glashersteller
auf den Wettlauf eingelassen, wer es wohl
schafft, die noch größere Glasscheibe zu
produzieren, zu bearbeiten und zu veredeln.
Die Firma Sedak ist neben Thiele Glas, AGC
Interpane, Saint-Gobain und anderen ei-
ner der Glashersteller, die bei der Entwick-
lung sogenannter XXL-Gläser den Ton für
das Machbare angeben. Das Format bis 18
x 3,21 m schafft inzwischen jedes dieser
Unternehmen, während Sedak bereits den
Ausblick wagt, ab Mitte dieses Jahres mit
3,51 x 20 m „die größten Gläser der Welt“
herzustellen und zu veredeln. Und weil sol-
che Formate auch irgendwie von A nach B
transportiert werden müssen, hat der 2007
gegründete Glasveredler dafür einen Spe-
zialinnenlader entwickelt, der 16 m lange
Scheiben auf die Straße bringt – in seiner
Bauart mit insgesamt 23 m der wohl längste
Glas-Sattelschlepper der Welt.
Statik und Logistik – die
Herausforderung bei XXL-Gläsern
Tatsächlich ist die Herstellung der soge-
nannten XXL-Gläser das Eine – die Verede-
lung und die Logistik hingegen das Ande-
re, das eben auch gelöst und beherrscht sein
will. Denn schließlich durchläuft eine über-
große Scheibe vom Floatglasbett bis zum
Einbau an der Baustelle ebenso viele Pro-
duktionsschritte und Veredelungsvorgän-
ge wie eine übliche Scheibengröße. Die Be-
messung übergroßer Gläser unterscheidet
sich lediglich in den Dimensionierungen
der Glasstärken (6 bis 20 mm), das Verfah-
ren an sich ist aber üblich wie bei gewöhn-
lichen Scheibengrößen. Schwieriger wird es
bei statischen Fragen hinsichtlich der ge-
eigneten Konstruktion am Einbauort. Denn
Befestigungsmittel, tragende Profile und
Untergründe müssen in der Lage sein, das
enorme Eigengewicht der Scheiben (je nach
Größe zwei bis drei Tonnen) aufzunehmen
und dazu die Wind- und eventuell Schnee-
lasten mit abzutragen. Und gelöst sein will
auch die Frage: Wie bekommt man so große
Scheiben an der Baustelle vom LKW zum
Einbauort – ohne zu riskieren, dass sie be-
schädigt werden oder komplett „verloren
gehen“?
Neue Technologien bei der
Glasbearbeitung und -veredelung
Die Veredelungsvorgänge von XXL-Schei-
ben umfassen – ganz nach Wunsch des Auf-
traggebers – vom Bearbeiten (Zuschnitt,
Bohren, Kantenbearbeitung) über das Vor-
spannen (TVG, ESG, Heat Soak Test), den
keramischen Druck (Rollen-/Digitaldruck)
bis hin zum Beschichten und Laminieren
die gleichen Arbeitsschritte wie bei jeder
anderen Scheibe. Selbst das Biegen ist bis
fünf Meter Scheibenlänge sowohl im Ofen
als auch bei größeren Scheiben durch Kalt-
biegen in begrenztem minimalem Bieger-
adius (1500 x Glasdicke, also z. B. 12 m Ra-
dius bei 8 mm Scheibendicke) möglich. Es
Eine XXL-Scheibe auf dem Weg in den Autoklaven beim Glashersteller Sedak.
Die Eingangshalle des Gebäudekomplexes „111 South Main“ in Salt Lake City beeindruckt
durch fast elf Meter hohe Fassadenscheiben, in die zum ersten Mal Holzfurniere einlaminiert
wurden.
Foto:
© sedak GmbH & Co. KG
Foto:
© Steel Encounters Inc, Salt Lake City, US