TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 6/2017
(Vorhang-)Fassaden richtig montieren:
Überblick zum neuen Montageleitfaden
Von Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Jehl und Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg
Da es für die Montage von (Vorhang-)Fassaden keine Norm im eigentlichen Sinne gibt,
hat das ift Rosenheim im Auftrag der „RAL Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren
e.V.“ gemeinsam mit den Verbänden VFF und UBF den „Leitfaden zur Montage von
Vorhangfassaden“ erarbeitet. Dieser basiert auf den Grundlagen des bekannten
„Leitfadens zur Montage von Fenstern und Außentüren“ und muss deshalb als
Erweiterung verstanden werden. Hier ein Überblick zu den wichtigsten Inhalten.
Grundlagen, Anforderungen
und Planung
Bei der Montage von Fassaden sind der
winterliche und sommerliche Wärmeschutz
(EnEV), der Feuchteschutz (Tauwasser,
Schlagregen, DIN 4108, VOB/C DIN 18360),
der Schallschutz (DIN 4109) und der Brand-
schutz (DIN 4102) zu beachten, die in Ka-
pitel 4 des Montageleitfadens Fassade be-
schrieben werden. Die Planung und Nach-
weisführung ist Aufgabe des Planers und
umfasst auch den feuchtetechnischen
Nachweis, der in der Regel über die Bestim-
mung des f
RSI
-Faktors erfolgt. Die Einhal-
tung der Anforderungen liegt in der Verant-
wortung des Ausführenden. Der Montage-
leitfaden Fassaden beschreibt in Form von
Checklisten die für die Planung und Aus-
schreibung notwendigen Unterlagen sowie
anhand von Zeichnungen, Tabellen und Re-
chenbeispielen die praktische Ausführung.
Auch die unterschiedlichen Konstruktions-
prinzipien einer Fassade sind von großer
Bedeutung und deshalb werden im Kapitel
2 „Allgemeine und besondere Anforderun-
gen“ auch die Abgrenzung von Fassaden
und Fenster(bändern) sowie die marktgän-
gigen Konstruktionen definiert und be-
schrieben. Dies umfasst:
– Pfosten-Riegel-Fassade
– Elementfassade
– Geklebte Glaskonstruktionen
– Warmfassade (nicht hinterlüftet)
– Kaltfassade (hinterlüftet)
– Kalt-Warm-Fassade
– Zweite-Haut-Fassade (Doppelfassade)
– Glasdachkonstruktionen, Wintergärten,
eingebundene Schrägverglasungen.
Darüber hinaus sind auch besondere Anfor-
derungen zu beachten, die es bei Fenstern
so nicht gibt, beispielsweise Widerstand ge-
gen Erdbeben oder Potentialausgleich.
Die anforderungsgerechte Planung vonVor-
hangfassaden erfordert Spezialwissen und
besondere Fachkompetenz, so dass die Ein-
bindung eines Fachplaners für Fassaden-
technik sinnvoll ist – das umfasst auch die
Baukörperanschlüsse und die Montage. Für
die Verankerung inkl. Auflager, Anker und
Befestigungsmittel sind, anders als bei Fens-
tern, statische Nachweise notwendig.
Bauphysik
Die bauphysikalischen Grundlagen bei
Fenstern und Fassaden sind grundlegend
gleich. In Verbindung mit höheren Anfor-
derungen an den Schall- und Brandschutz,
Schlagregen, die Statik, den großen Abmes-
sungen sowie die Montagelogistik, ist die
Planung und Ausführung durchaus kom-
plexer wie bei Fenstern. In Kapitel 4 des
Montageleitfadens werden allgemeine Hin-
weise sowie anspruchsvolle Details wie der
Eckbereich von bodengleichen, barrierefrei-
en Abschlüssen mit Anbindung an die Bau-
werksabdichtung beschrieben.
Wärmeschutz
Mit der Berechnung des Isothermenverlaufs
werden der längenbezogene Wärmedurch
gangskoeffizient
und der Temperatur-
faktur f
Rsi
eines Vorhangfassadenanschlus-
ses ermittelt. Für eine Beurteilung, die auch
die Schimmelpilzproblematik berücksich-
tigt, kann die 13 °C-Isotherme (gerundete
12,6 °C) herangezogen werden (Randbe-
dingungen nach DIN 4108-2). Diese muss
innerhalb der Konstruktion verlaufen. Stark
gekrümmte Isothermen kennzeichnen Be-
reiche mit erhöhten Wärmeverlusten. Die
Isothermen sollten also möglichst geradli-
nig verlaufen. Grundsätzlich ist bei der Pla-
nung auf eine möglichst wärmebrückenfreie
Komplexe Fassaden-Konstruktion: die
Elbphilharmonie in Hamburg.
Pfostenprofil aus Aluminium an einer
außengedämmten Wand, seitlicher Anschluss
(Bild 4.13 aus [1])
Herzog & de Meuron/bloomimages