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TECHNIK

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Fachbeitrag

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FASSADE 5/2017

Digitalisierung und BIM

im Fassadenbau

Von Prof. Dr. Steffen Feirabend, Dr. Lucio Blandini und Dr. Thomas Winterstetter

Im Bauwesen verbinden wir den Begriff Di-

gitalisierung häufig mit dem Schlagwort

BIM – Building Information Modeling. Bei

BIM handelt es sich um einen Prozess, bei

dem virtuelle Gebäudedatenmodelle über

den Lebenszyklus eines Gebäudes entste-

hen. Die Daten werden, beginnend mit der

Projektinitialisierung, über die Planungs-

und Bauphase sowie den Betrieb bis hin

zum Rückbau, in Datenmodellen ausge-

tauscht, koordiniert und zusammen-

geführt. Diese Datenmodelle bein-

halten nicht nur die 3D-Geometrie

aller Bauteile, sondern auch Infor-

mationen über Werkstoff, Herstel-

lung und Daten, die bei Montage

und Betrieb entstehen. Dies führt

zu einer umfassenden Datensamm-

lung, die einfach zugängliche und

vielfältig nutzbare Informationen

bietet.

Im BIM-Prozess wird die Zusam-

menarbeit zu Beginn des Projekts

durch ein Lastenheft („Auftraggeber

Informationsanforderungen (AIA)“)

definiert. Das AIA beschreibt die

Anforderung des Auftraggebers

Die Digitalisierung ist branchenübergreifend in aller Munde. Was bedeutet die

Digitalisierung für das Bauwesen und insbesondere für den Fassadenbau?

und dient als Grundlage für den „BIM-Pro-

jektabwicklungsplan (BAP)“. Der BAP ist

gleichzusetzen mit einem Pflichtenheft und

regelt vertragliche Leistungen, Rollen, Zu-

ständigkeiten und Verantwortlichkeiten der

Projektbeteiligten. Bei internationalen Pro-

jekten wird dies oft als „BIM-Execution Plan

(BEP)“ bezeichnet. Dabei gilt es insbeson-

ders, den „Level of Development (LOD)“,

das heißt den Reifegrad des Datenmodells

zu bestimmten Zeitpunkten, die Verant-

wortlichkeiten und die Schnittstellen (Soft-

ware und Beteiligte) im Vorfeld klar zu de-

finieren, um einen durchgängigen Daten-

transfer sicherzustellen.

Die geometrische Kollisionsprüfung mit

Hilfe von virtuellen Gebäudedatenmodel-

len kann dazu beitragen, eine Vielzahl von

bislang bei der Ausführung üblichen Prob-

lemen zu vermeiden. Die Parametrisierung

der Daten ermöglicht darüber hinaus eine

leichtere Anpassung der Planung im laufen-

den Prozess sowie die Auswertung der Pla-

nung für weiterführende Zwecke wie z.B.

Massenermittlungen. Jedem Bauteil lassen

sich spezifische Daten eindeutig zuweisen

und später gezielt auswerten und nutzen.

So können diese beim Fassadenbauer in die

betriebswirtschaftliche Planung mit einer

ERP-Software einfließen. Ressourcen wie

Kapital, Personal, Betriebsmittel und Mate-

rialfluss können mit Hilfe dieser Daten be-

darfsgerecht geplant und gesteuert werden.

Abgesehen von Planung, Fertigung und

Montage sind die Informationen über ein

Gebäude und dessen Hülle auch im Betrieb

von Interesse. So können sie als Grundlage

für Wartung- und Instandsetzungsmaßnah-

men – vom Austausch von einzelnen Bau-

teilen bis hin zur energetischen Sanierung

der gesamten Gebäudehülle – die-

nen. Am Ende des Lebenszyklus er-

lauben die Informationen aus dem

Datenmodell eine gezielte Rückfüh-

rung der Baustoffe in den Stoffkreis-

lauf. Die Datenmodelle sind daher

auch für Bauherren und Betreiber ei-

nes Gebäudes eine wertvolle Infor-

mationsquelle.

BIM vielfach schon

vorgeschrieben

Heutzutage ist der BIM-Prozess bei

der Projektbearbeitung noch nicht

der Regelfall. Er wird jedoch schon

Entwicklungsstufen von der 2D-Planung zu BIM

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