TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 3/2017
der technischen Bewertung der Aussagen in
den technischen Regelwerken ein undefi-
nierter Freiraum zur Umsetzung in die Aus-
führung. So ist – wie schon oben erwähnt
– in der zukünftig anstatt der DIN 18195
gültigen DIN 18351-3 (Entwurf 06/16) un-
ter Ziffer 7.5 „Türanschlüsse“ zu lesen, dass
die Konstruktionen so zu wählen sind, dass,
wenn Wasser durch den Türanschluss nach
innen gedrungen ist, dort eine Entwässe-
rungsebene installiert werden muss. Die-
se Entwässerungsebene muss die Feuchtig-
keit dann auch wieder aus dem Baukörper
herausbringen, was beim Adhäsionsverhal-
ten von zusätzlich verdrecktem Wasser nur
durch entsprechende Querschnitte erfol-
gen kann. Diese wiederum führen bei Luft-
eintrag natürlich infolge des Winddrucks zu
erheblichen Undichtigkeiten des gesamten
Bauanschlusses der Tür. Das heißt: Wir er-
füllen die Forderung nach Barrierefreiheit –
aber mit erheblichen negativen Auswirkun-
gen auf Wärmeschutz und Luftdichtigkeit
dieses Bauanschlusses.
Welche Lösungen bleiben?
So bleiben als bedingt funktionsfähige Lö-
sungen nur die alten Bürstendichtungen,
EPDM-Schleifdichtungsprofile und Senk-
Dichtungen, die aber alle durch den Ebe-
nen-Versatz zu den seitlichen Dichtungs-
ebenen der Flügel in den Ecken jeweils ein
Leckage-Manko aufweisen. Es werden – mit
entsprechenden Werbe-Argumenten – auch
Türanschluss-Systeme auf dem Markt an-
geboten, die mit Magnetdichtungen arbei-
ten. Dies ist vom Prinzip her nichts Neues
und wurde vor einigen Jahren schon ein-
mal propagiert. Im aktuellen Fall sollen al-
lerdings durch den Einsatz von Zwei-Mag-
net-Dichtungen sowohl die Anforderungen
zur Barrierefreiheit als auch die erforder-
liche Luft- und Wasserdichtigkeit erreicht
werden.
Dabei wird auf Prüfzeugnisse mit hervorra-
genden Ergebnissen hinsichtlich Luft- und
Wasserdichtigkeit dieser Türanlagen mit
diesem speziellen unteren Abschluss hinge-
wiesen.
Alle Prüfungen werden – wie bekannt – mit
sauberem Wasser und unter optimalen Ein-
stellungen von Beschlägen und Dichtungen
etc. durchgeführt.
Daher der Tipp: Nehmen Sie sich bei die-
sen und allen anderen ähnlichen Konstruk-
tionen die Detailausbildung zur Hand und
bewerten Sie die Ausführungsmöglichkeit
auf dauerhafte Funktion bitte selbst. Lassen
Sie sich durch derartige Aussagen zur Per-
formance solcher Bauteile nicht suggerieren,
dass solche Systeme im Praxisgebrauch ab-
solut dicht sind und halten Sie dabei die Tat-
sache im Blick, dass solche Magnetdichtun-
gen und auch andere mechanische Dicht-
systeme sehr von der Pflege etc. abhängig
sind. Sogar kleine Ablaufbohrungen für ein-
gedrungenes „klares“ Wasser müssen einer
regelmäßigen Reinigung unterzogen wer-
den. Solche Systeme bei Türanlagen bei öf-
fentlichen Gebäuden einzusetzen, ist mei-
nes Erachtens daher nicht als zielführend
einzustufen. Gerade aber Mitarbeiter von
Baubehörden kommen dann mit dem Pros-
pekt in der Hand und der Aussage, „Schau-
en Sie mal, was ich gefunden habe – die
Schwellenausbildung hier kann doch al-
les. Warum kennen Sie das denn nicht bzw.
schlagen uns dieses nicht vor?“
Funktionsfähigkeit und Dichtigkeit
abhängig von der Sauberkeit
So wie bei den mechanischen betätigten
Senk-Dichtungen ist auch bei den Mag-
netdichtungen die Funktionsfähigkeit von
der Sauberkeit in den Nuten abhängig. Hier
kann es bei Verwendung von falschen Rei-
nigungsmaterialien/Zyklen zu Problemen
führen und insbesondere – was ja bei Tür-
schwellen nicht ungewöhnlich ist – durch
Eintrag von Schmutz und imWinter ggf. so-
gar Salz. Dadurch würden die entsprechend
guten Werte der Prüfzeugnisse erheblich
beeinträchtigt, bei
dem diese Anfor-
derungen nicht Ge-
genstand
waren.
Ich bin der Mei-
nung, dass Türan-
lagen insbesondere
auch unter solchen
Aspekten
durch
ein
entsprechen-
des, noch zu kreierendes Prüfszenario (ggf.
durch das ift Rosenheim) eine Bewertung
erhalten müssen, um auch die Aufwendun-
gen im Bereich Facility Management für den
Nutzer transparent zu machen.
Weitere Anforderungen sind zu
beachten
Nun gibt es allerdings noch andere Insti-
tutionen mit entsprechend zu berücksichti-
genden Anforderungen, die zu den techni-
schen Regelwerken gehören. Zum Beispiel
die „Technischen Regeln für Arbeitsstät-
ten“ und hier insbesondere die ASR V3a.2
mit dem Titel „Barrierefreie Gestaltung von
Arbeitsstätten“. Diese sind durch den „Aus-
schuss für Arbeitsstätten“ (BAuA – www.
baua.de)erstellt worden. In dieser Richtlinie
heißt es unter (12):
„Für Beschäftigte, die ei-
nen Rollator oder Rollstuhl benutzen oder eine
Fußheberschwäche haben, sind untere Tür- oder
Toranschläge und Schwellen zu vermeiden. Sind
diese technisch erforderlich dürfen sie nicht hö-
her als 20 mm sein. Dieser Höhenunterschied
ist durch Schrägen anzugleichen.“
(siehe Abb.
unten)
Dabei ergibt sich für mich die Frage: Wie
sind die dort angegebenen Maße entstan-
den? Wer hat sie verifiziert? Waren das Er-
gebnisse aus empirischen Untersuchungen
oder wie sind die Vorgaben der Anforde-
rung entstanden? Warum darf die Kante nur
< 4 mm sein, warum nicht 4,5 mm? Warum
muss die Schräge 25 Grad aufweisen und
nicht 24 oder 26 Grad?
Aus meinen provokanten Fragen entneh-
men Sie bitte mein Unverständnis, dass hier
augenscheinlich erneut eine sehr einseitige
Betrachtungsweise bezogen auf die Barrie-
refreiheit erfolgt ist. Andere Anforderungen,
wie zum Beispiel die nach einer funktions-
gerechten Wasserdichtigkeit (diese soll eine
Tür ja letztlich erreichen), werden dagegen
ausgeblendet. Bei einer in dieser Form vor-
gegebenen Ausführungsart können letztlich
nur die oben genannten, aber nicht optima-
len Dichtungssysteme eingesetzt werden.
Hätte man nicht bei diesem Detail noch
einen zweiten kleinen Anschlag im obe-
ren Bereich ausbilden und gleich mittesten
können, der dann reichen würde, um ei-
nen Außenanschlag einer Türanlage zu er-
Schräge an einer Tür- oder Torschwelle (Maße in mm).
In der linken Bildhälfte zu sehen ist der
unterste Riegel einer Pfosten-/Riegel-
Konstruktion mit Gitterrost davor. Rechts auf
dem Bild: Das Ganze bei geöffnetem Türflügel
mit Blechschwelle im Farbton der Fassade und
davor die durchlaufende Entwässerungsrinne.
Die Differenzhöhe beträgt weniger als 2 cm.
Prof.
Michael Lange Ingenieurgesellschaft
BAuA – www.baua.de