TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 3/2017
Sonnenschutz an oder in der Fassade?
Von Dipl.-Ing. Wolfgang Priedemann
Wie lassen sich Energieeffizienz, Nutzer-Behaglichkeit und Transparenz vereinen?
Der Beitrag erläutert dies am Beispiel einer innovativen Abluft-Ganzglasfassade –
eingesetzt an der neuen Festo Unternehmenszentrale in Esslingen.
Es ist an der Zeit: Unsere Lebensmaßstä-
be haben sich verändert. Die Welt ist klei-
ner geworden, erreichbarer, jeder Informa-
tionsaustausch kann sekundenschnell er-
folgen. Wir stehen vor einem inflationären
Wissens- und Informationsaustausch auf
der Basis eines unendlichen Wissensspei-
chers. Wir – die planungs- und bauorien-
tierten Ingenieure – nutzen das natürlich.
Wir reagieren mit Skepsis (BIM!) oder mit
Begeisterung, z. B. wenn es um die Nutzung
neuer technischer oder sozialer Netzwerke
geht. Es gibt für alle aber noch eine andere
globale Herausforderung, das ist die globa-
le Erderwärmung, der globale Klimawandel.
Und damit ist der schleichende Klimawan-
del mit seinen extremen Wetterereignissen
und die steigende Zahl der Unwetterschä-
den gemeint.
Die Älteren werden sich an ihre Schulzeit
zurückerinnern und insbesondere an die
Jubelschreie der Kinder, wenn es bei 25 °C
sommerlichen Temperaturen „hitzefrei“
gab. Ich hätte heute Sorge um meine Enkel-
kinder, wenn sie nach den alten Maßstäben
sommertags möglicherweise gar nicht mehr
zur Schule gehen müssten. In gleicher Erin-
nerung, habe ich die kalten, schneereichen
Winter.
Wie reagieren wir als Menschen darauf? Wir
haben unsere „Schmerzgrenze“ angepasst
und nach oben verschoben. Wir adaptieren!
Natürlich auch deshalb, weil wir „globale“
Erdbewohner geworden sind, die ihre Frei-
zeit in sonnigen oder gar tropischen Regi-
onen verbringen und die jeweilige Natur,
das andere urbane Leben und landesspezi-
fische Speisen in diesen Regionen zu genie-
ßen verstehen. Aus dieser Lebenserfahrung
heraus formulieren wir die Frage: Sonnen-
schutz – für wen?
Sonnenschutz – für wen?
Sonne ist Licht und Wärme, Sonne ist Le-
ben. Aber es gilt auch, Leben vor zu gro-
ßer solarer Belastung zu schützen. In den
tropischen Wäldern sind sowohl die Bioto-
pe wie auch das tierische Leben immer so
entwickelt, dass sie den extremen solaren
Belastungen durch Blätterwuchs und UV-
Absorption und Feuchteabgabe widerste-
hen. Das Ganze ist ein Produkt der Evolu-
tion. Übertragen auf die „städtische“ Evolu-
tion im heutigen urbanen Leben, gilt es den
Menschen im städtischen Leben zu schüt-
zen. Klimatisch gesehen ist unser Leben
durch städtische Übertemperaturen belas-
tet, die des Tags wie des Nachts wirken. Eine
natürliche Nachtauskühlung wird im städ-
tischen Bereich durch die große Baumas-
se, mangelnde Durchströmung und wenig
Grün eingeschränkt. Bei thermischen Ge-
bäudesimulationen berücksichtigen wir be-
reits diese höhere städtische Belastung mit
bis zu 10 Kelvin Übertemperaturen. Die-
se worst-case Betrachtung beeinflusst die
technische Bauweise und damit die Ausle-
gung der Fassaden. Eine Fassade benötigt
keinen Sonnenschutz – aber der Mensch ei-
nen geschützten Raum oder eine schützen-
de, regelbare Hülle!
Ziele der Stadtplanung
In den öffentlichen Architekturwettbewer-
ben zur Realisierung innerstädtischer Groß-
bauvorhaben werden vermehrt neue Kriteri-
en gesetzt. Die Stadtplanungsämter formu-
lieren in ihrer Bauleitplanung Anforderungen
an das urbane städtische Leben. In einigen
Großstädten (Hamburg) sind architekto-
nische Entwürfe mit einer schwarzen oder
sehr dunklen Fassadenausbildung nicht er-
wünscht. Das Gleiche gilt für stark spie-
gelnde Fassaden, die die solare Energie in
den Stadtraum zurückspiegeln und dort un-
ter Umständen zu Schäden führen können
(London). Hinsichtlich Schallschutzmaß-
nahmen im urbanen Raum gibt es Empfeh-
lungen, die so weit gehen, dass Fassadenflä-
chen in exponierten Lagen schalldämmend,
aber auch schallabsorbierend wirken sollten
und nicht schallreflektierend. Die Behaglich-
keit des Menschen in seinem urbanen Um-
feld steht im Mittelpunkt.
Die Festo
Unternehmenszentrale
in der Totale
Festo