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FASSADE 5/2016

TECHNIK

|

interview

Rauch- undWärmeabzugsanlagen (RWA) leiten

den Rauch im Brandfall aus einem Gebäude ab,

um Flucht- und Rettungswege möglichst rauch-

frei zu halten. Da sie dem vorbeugenden Brand-

schutz dienen und im Ernstfall Menschenleben

retten sollen, werden an RWA hohe Anforderun-

gen gestellt. Ein natürliches Rauch- und Wär-

meabzugsgerät (NRWG) verspricht neben hoher

Wirkungskraft eine besondere Planungssicher-

heit. Maik Schmees (Technischer Leiter D+H

Mechatronic AG) erläutert, worauf es bei Pla-

nung und Prüfung eines NRWG ankommt.

Welche Anforderungen muss ein NRWG

erfüllen?

Wenn heute Bauprodukte mit einer CE-

Kennzeichnung inVerkehr gebracht werden,

müssen sie den Anforderungen der entspre-

chenden harmonisierten europäischen Nor-

men genügen – und CE-zertifiziert wer-

den. Die Bestimmungen schreiben vor, dass

die Prüfung eines NRWG nach der DIN EN

12101-2 nachgewiesen werden muss. Es ist

dafür eine Erstprüfung durchzuführen bei

der die Notifizierte Stelle die vom Herstel-

ler gewählten Werte für verschiedene Leis-

tungsklassen prüft und anschließend ei-

ne Leistungsbeständigkeitsbescheinigung

ausstellt. Der Hersteller hat dann noch ei-

ne werkseigene Produktionskontrolle einzu-

richten, die von der Notifizierten Stelle ein-

mal jährlich überprüft wird.

Um welche Leistungsklassen handelt es sich

genau?

Die DIN EN 12101-2 legt verschiedene Leis-

tungsklassen fest. Da sind zum einen die An-

gaben über die klimatischen Einsatzbedin-

gungen. Zum Beispiel: Mit welcher Schnee-

last öffnet das NRWG noch sicher? Welche

Wind-Soglast darf auf das NRWG einwir-

ken, ohne zu öffnen? Dann gibt es die Wär-

mebeständigkeitsprüfung, die untersucht,

bis zu welchen erwarteten Brandtempera-

turen ein NRWG eingesetzt werden darf.

Die Klasse für das Brandverhalten der einge-

setzten Baustoffe muss für das NRWG in ei-

ner separaten Prüfung ermittelt werden. Und

die Prüfung der Funktionssicherheit, bei der

„NRWGs sind einfacher geplant

als gedacht“

Im Gespräch mit Maik Schmees (D+H Mechatronic AG)

ein NRWG in die Entrauchungsposition ge-

öffnet wird. Bei Verwendung des NRWG zur

täglichen Be- und Entlüftung muss es zu-

sätzlich noch mindestens 10000 Mal in die

Lüftungsstellung geöffnet werden können.

Und schließlich wird auch noch die aero-

dynamische Wirksamkeit der Rauchabzugs-

fläche geprüft. Nach welcher Klasse geprüft

wird, z. B. für welche Wind- und Schneelas-

ten das Produkt später zugelassen werden

soll, gibt der Hersteller des NRWG vor. Die

Bauproduktenverordnung sieht lediglich vor,

dass der Hersteller „zu mindestens einem“

wesentlichen Merkmal einen Leistungswert

angeben muss. Leider ist auch nicht vorge-

schrieben, zu welchem wesentlichen Merk-

mal dieser eine Angabe zu machen hat.

Das klingt nicht gerade einfach.

Stimmt, da sollten Planer und Verarbeiter

vorsichtig sein. Nur vollständig ausgefüllte

Leistungserklärungen der Hersteller ermög-

lichen ihnen, die klimatische und funktio-

nale Leistung von NRWG untereinander zu

vergleichen und mit den klimatischen und

funktionalen Anforderungen, die das Ob-

jekt stellt, abzugleichen. Fehlen Angaben,

besteht die Gefahr, ein Gerät von nicht aus-

reichender Qualität einzubauen. Fachplaner,

Sachverständige und Fachfirmen sind da-

für verantwortlich, dass die Leistungsklas-

sen des eingesetzten NRWG dem jeweiligen

Verwendungszeck entsprechen.

Gibt es denn keine Bestrebungen, in Deutsch-

land Mindestwerte für NRWG zu fordern?

Doch, der Normenausschuss des DIN hat

jetzt die Norm DIN 18232-9 vorgestellt, die

endlich für Fassaden- und Dach-NRWG

Mindestwerte im Einklang mit der DIN EN

12101-2 vorgibt. Diese Werte stammen im

Wesentlichen aus der alten DIN 18232-3,

die für Jahrzehnte das Qualitätsniveau an

NRWG in Deutschland definiert hatte.

Wie unterstützen Sie als Hersteller Architekten

und Verarbeiter bei der Planung bzw. Anwen-

dung von NRWGs?

D+H macht es dem Fassaden- bzw. Metall-

bauer bei der Planung leicht. In einem ers-

ten Schritt fragt dieser zunächst beim zerti-

fizierten D+H Partner ein Fenster an, das die

Produkteigenschaften aufweisen muss. Die-

ser D+H Partner hat mit unserer D+H Soft-

ware MyCalc ein Werkzeug, mit dem neben

der Planung auch alle notwendigen Doku-

mente, wie NRWG Spezifikation, die Leis-

tungserklärung, Typenschilder, etc. generiert

werden können. Fachplaner und Architek-

ten profitieren von einer zertifizierten Ein-

heit mit CE-Kennzeichen. Zudem kann der

Kunde auf ein großes, europaweites Netz an

D+H Partnern zurückgreifen, die als RWA-

Fachbetriebe auch für die Wartung zurVerfü-

gung stehen. Und, was auch wichtig ist: Wir

arbeiten mit 20 Profilsystemhäusern zusam-

men. Diese stehen mit den Metallbauern in

direktem Kontakt und informieren sie über

NRWG und D+H Produkte.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Dipl.-Ing. Maik Schmees ist Prokurist und

Technischer Leiter bei der D+H Mechatronic

AG. Seit dem Jahr 2000 ist er Mitglied in

den europäischen Normungsgremien der

Serie 12101 und Leiter der internationalen

Normungsgruppe für ISO DIS 21927-9.

D+H Mechatronic AG