Markt
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RTS-Magazin 7/2017
Der Verkauf des eigenen Lebenswerks ist
ein schwieriger Prozess: Gerade Inhaber
kleiner und mittelständischer Firmen wis-
sen oft nicht, wo sie den passenden Käufer
finden oder wie sie bei den Verhandlungen
das Beste für sich herausholen. Um Fallstri-
cke zu vermeiden, sollten Unternehmer die
Nachfolge daher frühzeitig und sys-
tematisch angehen.
In einer alternden Gesellschaft
entwickelt sich die Frage nach der
Unternehmensnachfolge
zuneh-
mend zu einer heiklen Herausfor-
derung: Auf der einen Seite wächst
die Zahl der Firmeninhaber, die
kurz vor dem Ruhestand stehen, auf
der anderen fehlt es an geeigneten
Nachfolgern. Einer Studie des In-
stituts für Mittelstandsforschung
zufolge steht im Zeitraum 2014 bis
2018 in 135000 Familienunterneh-
men eine Übergabe an. Davon sind
zwei Millionen Beschäftigte betrof-
fen. „Das Bild vom Patriarchen, der
den Stab an seine Kinder weiter-
gibt, entspricht längst nicht mehr
der Realität“, weiß Björn Collmann, Un-
ternehmenssprecher der Nürnberger Versi-
cherung. „Tatsächlich erfolgt nur noch jede
zweite Übergabe innerhalb der Familie.“Vor
diesem Hintergrund tun Unternehmer gut
daran, das Thema nicht auf die lange Bank
zu schieben: Die Erfahrung zeigt, dass jede
dritte Übergabe früher kommt als geplant,
weil etwa ein Schlaganfall oder ein Herz-
infarkt den Inhaber außer Gefecht setzt –
ohne gründliche Vorbereitung ist eine ge-
ordnete Übergabe dann nicht mehr mög-
lich. „Die Unternehmensnachfolge ist ein
komplizierterVorgang mit zahlreichen orga-
nisatorischen und juristischen Fallstricken“,
weiß Björn Collmann. „Wer sein Lebens-
werk in gute Hände übergeben und einen
angemessenen Preis erzielen will, sollte fünf
Jahre für den Prozess einkalkulieren.“
Analyse und Beratung
Aus Mangel an Erfahrung sind Firmenin-
haber bei Verhandlungen oft in der schwä-
cheren Position – schließlich verkaufen die
meisten ihren Betrieb nur einmal. 50 Pro-
zent aller Firmenverkäufe scheitern. Oft,
weil der Unternehmer aus Unkenntnis
Fehleinschätzungen trifft. „Eine erfolgrei-
che Übergabe fängt daher mit einer soliden,
umfassenden Beratung an“, sagt der Unter-
nehmenssprecher der Nürnberger Versiche-
rung, „Unterstützung finden Unternehmer
bei Industrie- und Handelskammern oder
Fachverbänden.“ Dennoch müssen sich
So gelingt der Generationenwechsel
Unternehmer auf einen aufreibenden Pro-
zess einstellen: Ein seriöser Interessent wird
die Firma auf Herz und Nieren prüfen – Due
Dilligence ist das Stichwort. „Die Verkäu-
fer brauchen starke Nerven, weil mögliche
Nachfolger ihr Lebenswerk kritisch analy-
sieren und Risiken womöglich viel gravie-
render einschätzen als sie selbst“, warnt
Björn Collmann. Auch beim Preis kommt es
oft zu Enttäuschungen: „Viele Unternehmer
haben unrealistischeVorstellungen und sind
erschüttert, wenn sie weit weniger für ihr
Lebenswerk bekommen als erwartet.“
Verkaufspreis ermitteln
Dass Verkäufer und Käufer unterschiedliche
Preisvorstellungen haben, ist normal. Ein
allgemeingültiges Bewertungsverfahren gibt
es nicht, es stehen unterschiedliche Metho-
den zur Auswahl. „Wichtig ist daher eine
detaillierte Bestandsanalyse“, betont Björn
Collmann. Dabei spielen nicht nur die be-
trieblichen Kennzahlen, sondern auch die
Lage der Firma, Branche und Wettbewerbs-
situation eine Rolle. Und die grundlegende
Frage, ob der Betrieb im Ist-Zustand über-
haupt verkaufsfähig ist – oder ob zuvor Sa-
nierungen nötig sind: Wenn nur der Hof
neu gepflastert oder das Dach neu gedeckt
werden muss, geht das relativ schnell. Eine
längere Vorlaufzeit ist einzurechnen, wenn
erst strukturelle Umbauten anfallen: Stim-
men die Margen? Ist das Angebot zukunfts-
orientiert? Gegebenenfalls muss der Unter-
nehmer unrentable Vermögenswerte veräu-
ßern oder bestimmte Firmenteile abstoßen,
damit die Firma klarere Konturen gewinnt.
Für erfolgreiche Preisverhandlungen sollten
die Ergebnisse in einem Exposé zusammen-
gefasst werden, aus dem Sachwert, Umsatz,
Gewinn, Kundenstruktur, Wettbewerbsana-
lyse und Zukunftsaussichten der Firma er-
sichtlich sind.
Augen auf bei den Details
Wer nicht im Nachhinein böse Überra-
schungen erleben will, muss bei der Ver-
tragsverhandlung Antworten auf
eine Reihe rechtlicher, organisato-
rischer und finanzieller Fragen fin-
den: Welche Übernahmeform und
Rechtsform ist die richtige – und
welche steuerlichen Folgen ergeben
sich daraus? Wie sollen Haftung und
Gewährleistung geregelt sein? „Ge-
nerell gilt, dass alle betrieblichen
Forderungen auf den neuen Unter-
nehmer übergehen“, erklärt Björn
Collmann. „Doch Vorsicht: Die per-
sönliche Haftung des Senior-Unter-
nehmers erlischt mit dem Verkauf
nicht zwangsläufig. Deshalb sollte er
unbedingt sicher gehen, dass er im
Vertrag aus der persönlichen Haf-
tung entlassen wird.“ Zu den wich-
tigsten Punkten, die im Kaufvertrag
genau geregelt werden müssen, zählen: In-
ventar, Forderungen und Verbindlichkei-
ten, Patente, Warenzeichen oder gesetzliche
Schutzrechte, Miet- und Arbeitsverträge so-
wie bestehende Versicherungen. Empfeh-
lenswert ist natürlich immer eine juristische
Prüfung durch einen Anwalt.
Versicherungsverträge
Gerade beim Thema Versicherungen ist
große Sorgfalt geboten. Grundsätzlich
tritt der Käufer nach dem Versicherungs-
vertragsgesetz (VVG) in die bestehenden
Versicherungsverträge des Verkäufers ein
(§ 69VVG). Auch wenn Käufer dieVersiche-
rungen innerhalb eines Monats nach Kauf
kündigen können (§ 70 VVG) – unklare Ver-
hältnisse könnten ein Verkaufshindernis
darstellen. Wie die Arbeitsverhältnisse aller
Mitarbeiter automatisch auf den neuen Ei-
gentümer übergehen, laufen auch Versiche-
rungen wie die betriebliche Altersvorsorge
wie gehabt weiter, betont Björn Collmann:
„Die Ansprüche, die die Mitarbeiter erwor-
ben haben, müssen auch von einem neuen
Firmeninhaber erfüllt werden.“ Auch zum
Schutz der Interessen seiner Mitarbeiter,
sollte der scheidende Unternehmer mög-
lichst viele Details schriftlich im Vertrag
festhalten – je detaillierter die Regelungen,
desto geringer die Gefahr, dass es im Nach-
hinein zu Problemen kommt.
www.nuernberger.deDer Verkauf des Lebenswerks ist oft ein schwieriger Prozess.
Nürnberger Versicherung