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Lift

journal 5/2018

Immer wieder kommt es zu schweren und

tödlichenUnfällen imAufzugbau. Was sind

die Ursachen? Wie lassen sich Arbeitsun-

fälle vermeiden? Welche Pflichten hat der

Arbeitgeber? Diesen Fragen widmet sich

Arbeitsschutzexperte Udo Niggemeier.

Im Schnitt kommt es zu ein bis zwei

tödlichen Arbeitsunfällen pro Jahr in der

Aufzugbranche. Meistens sind davon die

Mitarbeiter von Aufzugunternehmen be-

troffen. Schaut man genauer hin, stellt man

fest, dass es sich meistens um erfahrene

Mitarbeiter handelt und es deutlich mehr

Unfälle bei Hydraulikaufzügen gibt. Wo

liegen die Ursachen und wie kann Abhilfe

geschaffen werden?

Grundsätzlich ist jederArbeitgeber zu einer

Gefährdungsbeurteilung verpflichtet, das

heißt: Er muss die Gefahren ermitteln, die

die Arbeit für seine Beschäftigten mit sich

bringt, daraus Arbeitsschutzmaßnahmen

ableiten, ihre Umsetzung kontrollieren und

dokumentieren.

Dabei gilt der Grundsatz: Die Arbeit muss

so gestaltet sein, dass eine Gefährdung für

das Leben sowie die physische und die psy-

chische Gesundheit möglichst gering ist.

Gefahrenmüssen an ihrer Quelle bekämpft

werden. Ist das nicht möglich, muss der

Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach dem

TOP-Prinzip (Technisch, Organisatorisch,

Persönlich) ergreifen.

Die Gefährdungsbeurteilung muss außer-

dem regelmäßig – mindestens aber alle

zwei Jahre – überprüft werden. Ein beson-

deres Augenmerk muss der Arbeitgeber

natürlich auf Gefahren richten, die in der

Aufzugbranche zu schweren und tödlichen

Unfällen geführt haben. Dieses waren

in den letzten Jahren Arbeiten unter/auf

schwebenden Lasten (Hydraulikaufzüge)

und Stürze aus der Höhe.

Die Beschäftigten müssen anhand der

Gefährdungsbeurteilung regelmäßig – also

mindestens einmal im Jahr – unterwiesen

werden, außerdem:

• vor Aufnahme der Tätigkeit,

• wenn sich ihre Aufgabenbereiche ver-

ändern,

• nach Unfällen und

• bei der Einführung neuer Arbeitsmittel

oder Technologien.

Ziel ist, dass die Beschäftigten Gefahren

erkennen und entsprechend handeln kön-

nen. Gerade bei erfahrenen Mitarbeitern

stellt sich aber über die Jahre eine gewisse

Abstumpfung bei der Wahrnehmung der

Gefahren ein, frei nach dem Motto: „Ist

doch immer gut gegangen.“ Deshalb gilt

der Grundsatz: Im Zweifelsfall nicht mit

der Arbeit beginnen und Rücksprache mit

demVorgesetzten halten.

Achtung: Einzelarbeitsplätze!

Der Arbeitgeber muss außerdem die Erste

Hilfe und sonstige Notfallmaßnahmen

sicherstellen. Im Aufzugbau gibt es sehr

viele Einzelarbeitsplätze, hier muss der Ar-

beitgeber für geeignete Schutzmaßnahmen

(mobiles Notrufsystem,An- undAbmelden

bei einer festen Stelle etc.) sorgen.

Bei der Gefährdungsbeurteilung ist der

Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen

zur medizinischen Vorsorge festzulegen

(Angebotsuntersuchungen nach den alten

Grundsätzen G25 und G37, Betreuung

durch einen Arbeitsmediziner etc.) und

diese umzusetzen, dabei müssen die Vor-

gaben derVerordnung zur arbeitsmedizini-

schenVorsorge beachtet werden.

Wenn Gefahrstoffe verwendet werden,

müssen sie nach dem Substitutionsver-

fahren bewertet werden, der Arbeiterge-

ber muss ein Gefahrstoffkataster führen

Safety first: Unfälle im Aufzugbau vermeiden

und Betriebsanweisungen für diese Stoffe

erstellen.

Gibt es im Unternehmen mehrere Hie­

rarchieebenen, müssen die Unterneh-

merpflichten schriftlich auf dieVorgesetze

übertragen werden (siehe DGUV-I 211-

001).

Neben diesen gesetzlichen Pflichten hat

der Arbeitgeber auch die Vorgaben der

Berufsgenossenschaften einzuhalten. Sie

konkretisieren in vielen Bereichen die

gesetzlichenVorschriften. Um demArbeit-

geber die Einhaltung zu erleichtern, hat der

Spitzenverband der Berufsgenossenschaf-

ten, die Deutsche Gesetzliche Unfallver-

sicherung (DGUV), in den letzten Jahren

für einzelne Berufsfelder Informationen

zusammengefasst und in den DGUV-I

veröffentlicht.

Für alle Arbeiten an Aufzuganlagen gilt

die DGUV-I 209-53, sie ist ein sehr guter

Leitfaden für einen funktionierenden Ar-

beitsschutz im Aufzugunternehmen. Sie

kann im Internet kostenlos heruntergela-

den oder bei der Berufsgenossenschaft in

gedruckter Form bestellt werden.

Zusätzlich hat der EuropäischeAufzugver-

band ELA die Broschüre „Grundlegende

Sicherheitsregel“ herausgegeben. Sie

veranschaulicht in bildlicher Form, welche

Gefahren es im Aufzugbau gibt und wie

man ihnen begegnen kann.

Das oberste Ziel eines jeden Arbeitgeber

muss es sein, seine Mitarbeiter so zu schu-

len und zu motivieren, dass sie Gefahren

erkennen und entsprechend handeln kön-

nen. Der oberste Grundsatz sollte immer

sein: safety first!

Udo Niggemeier

Der Autor ist Elektromeister, Betriebswirt

und Fachkraft für Arbeitssicherheit mit dem

Schwerpunkt Aufzugbau.

www.asib-niggemeier.de

Perspektiven /

Perspectives

Die Broschüren der DGUV und

der ELA kann man direkt unter

www.lift-journal.de/arbeitsschutz

herunterladen. Dort finden Arbeit-

geber als Orientierungshilfe eine

Checkliste von Udo Niggemeier, mit

der sie kontrollieren können, wie ihr

Unternehmen im Arbeits- und Ge-

sundheitsschutz aufgestellt ist.

Foto:

© wipas/123RF