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FASSADE 2/2019
Technik
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Interview
Foto:
© www.lindner-group.com„Es herrscht ein harter Wettbewerb“
Im Gespräch mit Stefan Ehgartner
FASSADE: Im letzten Frühjahr haben Sie die
Strategie der Lindner Fassaden GmbH neu
definiert. Wie waren die ersten Monate und
welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Stefan Ehgartner: Die Fassadenbranche ist
unglaublich spannend, vielseitig und ge-
rade in Deutschland sehr gut aufgestellt.
Der Markt boomt und es herrscht ein har-
ter Wettbewerb. Das letzte Jahr haben wir
daher intensiv an einer nachhaltigen Sup-
ply Chain Strategie gearbeitet. In dieser
schnelllebigen, vernetzten Zeit kann man
nur schwer allein bestehen. Unser Fokus
liegt daher auf der Etablierung fester Part-
nerschaften und langfristiger Geschäftsbe-
ziehungen. Im 1. Quartal 2019 konnten wir
bereits umfangreiche Auftragseingänge in
Frankfurt, London, Abu Dhabi, Riad und
NewYork verbuchen. Es geht also spannend
weiter.
FASSADE: Wie sieht Ihre Geschäftsstrategie
für die Zukunft aus? Wie wollen Sie im hart
umkämpften Fassadenmarkt – national und
international – erfolgreich agieren?
Stefan Ehgartner: Unser Fokus liegt klar auf
Großprojekten, am liebsten Hochhäuser mit
komplexen Aluminium-Elementfassaden,
Stahlfassaden und Stahl-Glas-Freiform-
strukturen. Dabei kommen sowohl eigene
Systeme wie auch Produkte von namhaf-
ten Systemhäusern zum Einsatz. Wir erwei-
tern hierfür unser Netzwerk an langfristi-
gen, strategischen Partnerschaften und Ver-
triebskooperationen auf der ganzen Welt,
konzentrieren uns aber weiterhin mit den
Tochterunternehmen auf die Kernregionen
Zentral- und Nordeuropa, England, Nord-
amerika, mittlerer Osten und Singapur.
Mit der internationalen Ausrichtung und
der Supply Chain Strategie wollen wir
marktzyklische Schwankungen ausgleichen,
einen stabilen Umsatz generieren und ei-
ne kontinuierliche Auslastung ermöglichen.
Deutschland bleibt natürlich unser Hei-
matmarkt. Gerade in den letzten Monaten
ist eine erhebliche Bewegung am Markt zu
beobachten, inklusive Insolvenzen und Ge-
schäftsübernahmen. Ein großes Risiko für
die Kunden, denn bei Fassadenpaketen für
Hochhäuser geht es meist um zweistellige
Millionenbeträge. Auch die Gewährleistung
spielt hier mit rein. Als Teil der finanzstar-
ken Lindner Gruppe sind wir solide aufge-
stellt und sind somit für den Bauherrn ein
verlässlicher, stabiler Partner.
FASSADE: Sie sind auch in Großbritannien seit
vielen Jahren mit einer Tochtergesellschaft
aktiv. Wie sehen Sie die Entwicklung dort vor
dem Hintergrund des nahenden Brexit?
Stefan Ehgartner: Es bleibt ungewiss, wie
und in welcher Form es zu einem Brexit
kommt. Aus unserer Sicht ist sowohl ein
harter wie ein weicher Brexit möglich. Es
gilt abzuwarten, wie sich der Markt und die
Auftragslage verändern werden. Eine Aus-
wirkung ist jetzt schon sichtbar: Standorte
wie Frankfurt, Amsterdam oder Paris pro-
fitieren von der Unsicherheit rund um den
Brexit.
Die britische Regierung wird vermutlich
versuchen, mit Infrastrukturprojekten die
heimische Wirtschaft zu unterstützen. Die
Lindner Group hat sich mit mehreren Un-
ternehmen und ca. 450 Angestellten schon
lange vor Ort etabliert. Gerade mit unserem
Tochterunternehmen „Prater“ haben wir ei-
nen exzellenten Marktzugang. Wir sind für
den möglichen Brexit gut aufgestellt und se-
hen trotz der Widrigkeiten weiterhin großes
Potenzial in Großbritannien; dies belegen
bereits vielversprechende Auftragseingänge
in 2019.
FASSADE: Wo liegen Ihrer Meinung nach
zukünftig die größten Innovations- und
Umsatzpotenziale für Lindner Fassaden?
Stefan Ehgartner: Die Architektur wird im-
mer spektakulärer, die Bauwerke werden
immer ausgefallener aber auch nachhalti-
ger. Vernetzte, intelligente Systeme werden
die Bauwirtschaft erobern, der Markt ver-
langt schon jetzt immer mehr nach umwelt-
gerechten, wiederverwertbaren Produk-
ten, die aus gesünderen, bestmöglich recy-
celten Materialien bestehen. BIM wird sich
trotz vorangehendem Mehraufwand durch-
setzen, genauso wie sich Lean Construction
Management weiter ausbreitet. Modulares
Bauen und „off site“-Fertigung wird hel-
fen, dem Fachkräftemangel auf den Baustel-
len vorzugreifen. Für all das sind wir bereits
jetzt gut gerüstet und sogar teils Vorreiter in
der Branche. Die Kunst, ausgefallene Ide-
en der Architekten mit neuen, individuel-
len Lösungen zu einem adäquaten Preis auf
der ganzen Welt verwirklichen zu können,
sehen wir als Garant für einen langfristigen
Erfolg und gute Partnerschaften.
Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Die Fragen stellte Jens Meyerling.
Die Fassadenbranche ist in Bewegung. Seit einiger Zeit ist Stefan Ehgartner als Managing
Director der Lindner Group und Geschäftsführer der Lindner Fassaden GmbH aktiv. Im
Interview mit der FASSADE skizziert er die neue Geschäftsstrategie des Arnstorfer Fassaden
spezialisten und gibt eine Einschätzung zum Brexit.
Stefan Ehgartner ist Geschäftsführer der
Lindner Fassaden GmbH