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FASSADE 6/2018

TECHNIK

|

Fassaden der Zukunft

2030

2050

2020

Um Freiform-Geometrien in Beton abbil-

den zu können, sind meist zeit- und kos-

tenaufwändige Sonderschalungslösungen

notwendig. In der Regel werden diese Geo-

metrien durch Annäherungen aus Holz her-

gestellt. Zwar gibt es eine Vielzahl von Pro-

jekten und Forschungen für alternative

Schalungstechniken, von welchen sich al-

lerdings noch keine im Bausektor durchge-

setzt hat. Um ein neues Schalungssystem zu

Textile Betonschalung

für Freiformbauteile

etablieren, muss neben dem Anwendungs-

gebiet ebenso ein Mehrwert bezogen auf

die Kosten bzw. Zeit gegeben sein. Textilien

bieten den einzigartigen Vorteil der Flexibi-

lität, wodurch komplexe Schalungsgeome­

trien ohne erhöhten Aufwand von Personal

oder Technik hergestellt werden können.

Um Textilien verarbeiten zu können, wer-

den meist Nähmaschinen bzw. zum Tren-

nen Scheren oder elektrische Messer einge-

setzt – ohne dass weiterer technologischer

Einsatz notwendig ist. Ein Reißen der Scha-

lung auf Grund des Frischbetondrucks kann

durch die Verwendung entsprechender, be-

reits auf anderen Märkten etablierten, Texti-

lien verhindert werden, sodass keine neuen

Techniken oder Materialien entwickelt, son-

dern vorhandene neu gedacht werden müs-

sen.

Der abgebildete Prototyp (Bild 2) zeigt auf

eindrucksvolle Weise, welche Möglichkei-

ten sich durch das textile Schalungssystem

im Betonbau ergeben. Durch diese Technik

wurde ein Fassadenelement aus Beton her-

gestellt, welches durch seine aufwändige

Gestaltung besticht. Neben Durchdringun-

gen sind Hinterschneidungen in die Geo-

metrie eingebettet, so dass ein ganz beson-

deres Licht- und Schattenspiel entsteht.

Punktuell werden an größeren Flächen so-

genannte Durchankerungen angebracht um

das Ausbeulen des Textils zu kontrollieren,

welche wiederrum ebenso gestalterisch ein-

gesetzt werden und einen zusätzlichen Ak-

zent auf der Fassade setzen. Beton ist für

diese Art der Fassadengestaltung der prä-

destinierte Baustoff, allerdings wäre es na-

hezu unmöglich, diese Geometrie auf an-

dere Weise herzustellen – vor allem durch

die aufwändigen Hinterschneidungen. Aus

Textilien lässt sich diese Geometrie eben-

so mit Hilfe einer Nähmaschine herstellen

wie eine konventionellere Geometrie. Die

Einsatzmöglichkeiten der textilen Schalung

erstrecken sich von Standardbauteilen bis

Sonderbauteile und sie bietet Potenziale im

Bereich der Ökologie und Betontechnologie.

Zurzeit wird das System mit dem Ziel der

reproduzierbaren Anwendung bearbeitet.

Weitere Informationen bei Carina Kisker und

Sascha Hickert, Technische Universität Darm-

stadt (Institut für Statik und Konstruktion,

ISM+D) unter

Kisker@ismd.tu-darmstadt.de

Beton ist einer der meist verwendeten Baustoffe im Bauwesen und hat die besondere Eigenschaft,

im flüssigen Zustand jede Form annehmen zu können und diese im erstarrten Zustand abbilden

zu können. Formgebend bis zum Erstarrungsende des Betons ist die Schalung, welche ebenso

verantwortlich für die kubischen Geometrien ist, in welchen Beton zurzeit noch meist eingesetzt

wird. Freiformbauteile sind zwar für den Beton leicht abzubilden, nicht aber für die Schalung. An

dieser Stelle greift die Forschung für ein alternatives Schalungssystem zur Lösung dieses Problems

am Institut für Statik und Konstruktion an der TU Darmstadt an.

Bild 1: Schrittweise Darstellung zur Fertigung der textilen Schalung.

Abb. (2):

© Carina Kisker

Bild 2: Fertiger Prototyp (hinterleuchtet).