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TECHNIK

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Fachbeitrag

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FASSADE 2/2018

Entwurf komplexer Fassaden

im digitalen Zeitalter

Von Prof. Dr.-Ing. Winfried Heusler und Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ksenija Kadija

Fassaden bilden die Nahtstelle zwischen In-

nenraum und Umgebung. Sie beeinflussen

maßgeblich die Gebäudequalität (Bild 1).

Aus den jeweiligen Gesellschafts-, Wohn-

und Arbeitsformen sowie aus den regiona-

len sozialen Verhältnissen resultieren die

Anforderungen an Gebäude. In Mitteleu-

ropa besteht heute die wesentliche Heraus-

forderung darin, praktische und gestalteri-

sche Qualität sowie Nutzungsqualität – im

räumlichen und baugeschichtlichen Kon-

text – in Einklang zu bringen. Und das in ei-

nem Umfeld, das einem permanenten Wan-

del unterliegt. Seit Jahrhunderten bilden die

verfügbaren Technologien und Werkzeu-

ge die Grundlage innovativer Lösungen. Im

Rahmen der digitalen Transformation spie-

len stetig steigende Rechenleistung und Mi-

niaturisierung von IT-Komponenten sowie

Künstliche Intelligenz eine maßgebliche

Rolle. Sie bieten auch Planern von Fassaden

völlig neue Möglichkeiten.

Entwurfsmethoden

Das Ergebnis eines Entwurfsprozesses –

der Entwurf – besteht aus Texten, Skizzen,

Zeichnungen, Grafiken, Modellen und Be-

rechnungen. Diese Darstellungen sind Mit-

tel der Veranschaulichung und der Kommu-

nikation. Auf ihrer Grundlage werden durch

das Entwurfsteam – ggf. in Rücksprache mit

dem Bauherrn – Qualität, Funktionswei-

se und Funktionstüchtigkeit sowie eventu-

elle Fehler des Entwurfs überprüft, disku-

tiert und gegebenenfalls verbessert. Über

die Jahre haben sich die Entwurfsstrategi-

en verändert (Bild 2). Mittlerweile halten

das Generative Entwerfen und der Einsatz

von visuellen Programmiersprachen auch

im Bauwesen Einzug. Für die geometrische

Modellierung ist die bekannteste Sprache

Grasshopper für Rhinoceros 3D. Ihr Nutzen

wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert.

Als Vorteile gelten das Modellieren repeti-

tiver Arbeiten ohne spezielle Programmier-

kenntnisse, die einfache Anpassung von

Programmen an spezifische Entwurfsauf-

gaben sowie die automatische Anpassung

des Modells an veränderte Randbedingun-

gen basierend auf der Abbildung von Kon-

struktionsregeln. Ein Nachteil ist, dass ex­

trem komplexe Sachverhalte damit oft nicht

umgesetzt werden können.

Ein weiteres bekanntes Einsatzgebiet ist die

Modellierung von technischen Systemen,

mit dem Ziel, den Energiebedarf des Gebäu-

des und den Raumkomfort zu simulieren.

Künstliche Intelligenz

Menschliche Intelligenz wird häufig in vier

Kategorien eingeteilt:

– Kognitive Intelligenz: logische Erkennt-

nis- und Informationsverarbeitung

– Sensomotorische Intelligenz: Summe al-

ler menschlichen Sinne

– Emotionale Intelligenz: Fähigkeit, sich in

andere Menschen hineinzuversetzen

– Soziale Intelligenz: menschliches Gespür

(z. B. Teamgeist).

Künstliche Intelligenz (KI) versucht

menschliche Intelligenz zu imitieren. Dabei

existieren zwei Strömungen:

– Die symbolische KI setzt auf

Bild 1: Einfluss der Fassade auf die Gebäudequalität.

Bild 2: Entwurfsstrategien im Wandel der Zeit.