TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 1/2018
Niedersachsen von mir auf diese Stellung-
nahme aus Behinderte Menschen aufmerk-
sam gemacht wurde, hat sie den Sachver-
halt geprüft und ihre Hinweise zum barri-
erefreien Bauen entsprechend abgeändert,
allerdings ohne Verweis auf die ursprüngli-
cheVeröffentlichung.
Der beispielgebende Runderlass aus
Baden-Württemberg (BW)
Auch die oberste Baurechtsbehörde in BW
fordert seit 2015 Nullschwellen innerhalb
des barrierefreien Bauens. Doch nur auf-
grund der UN-BRK und der erhaltenen Un-
terstützung aus der Selbsthilfe konnte mir
diese Vermittlungstätigkeit (Brückenbautä-
tigkeit) zwischen Baurecht, kontinuierlich
wachsendem Bedarf in der Gesellschaft und
längst vorhandener Lösung gelingen. Nach-
dem ich am 06.12.14 bis zum Verkehrsmi-
nister Winfried Hermann vorgedrungen bin,
erschien am 16.12.14 der beispielhafte Null-
schwellen-Runderlass vom Ministerium für
Verkehr und Infrastruktur BW.
Sturzprävention
In der Baubranche ist ferner das Thema
Sturzprävention durch Nullschwellen noch
viel zu wenig präsent. In anderen Fachberei-
chen wie z. B. in der Pflege, in der Pädago-
gik, bei Veranstaltern und in der Arbeitswelt
wird der Vermeidung von Stürzen durch
äußere Einflüsse größtes Gewicht beige-
messen. Der Arbeitsschutz definiert bereits
4 mm Höhenunterschied im Boden als Stol-
perstelle. (ASR A1.5/1,2: 3) Mittlerweile
zählen über 23 Millionen Bür-
ger zur Hochrisikozielgruppe
bezüglich Sturzgefahr (Joch-
am 2015: 60). Dieser enor-
men Haftungsgefahr für alle
Planenden und Bauausfüh-
renden gilt es zukünftig eine
entsprechende Aufmerksam-
keit bei allen Bauvorhaben zu
geben.
Das technische
Leistungspotenzial der
Nullschwelle
Die schwellenfreie Magnet-
Dichtung beweist höchs-
te Dichtewerte nicht nur auf
dem Prüfstand, sondern auch
in zahlreichen Einbaubeispie-
len selbst in höchsten Belas-
tungszonen und sogar bei
Stulptüren ohne zusätzli-
che Maßnahmen und das be-
reits seit vielen Jahren. Bei der Technik der
schwellenfreien
Magnet-Doppeldichtung
ist es bedeutend, die Dichtung an sich und
die Bauwerksabdichtungen differenziert
zu betrachten. Beide Lösungen weisen ei-
nen beispielhaft hohen Grad an werkssei-
tiger Vorfertigung auf. Die Magnet-Doppel-
dichtung hat bereits 2001 die beachtliche
Schlagregensicherheit der Klasse 9 A nach
DIN EN 12208 und die beste Luftdurchläs-
sigkeitsklasse 4 nach DIN EN 12207 erreicht,
2002 sogar das gleiche bei einer Stulptür.
Laut einer Veröffentlichung vom ift Rosen-
heim aus dem Jahr 2016 erreichen die bis
zu 2 cm hohen Dichtungen ohne zusätzli-
che Maßnahmen lediglich die Schlagregen-
sicherheitsklasse 5 A. Für eine ausreichende
Transparenz ist es unverzichtbar, vorhande-
ne Langzeitreferenzen in der Praxis und al-
le erreichten Prüfergebnisse mit Datum bei
allen Vergleichen egal ob mit den 1 – 2 cm
hohen Schwellen oder mit den erst vor rund
einem Jahren auf dem Markt eingeführten
neuen Nullschwellentechniken insbesonde-
re bei den herausfordernden Stulptüren he-
ranzuziehen. Im Forschungsbericht „Scha-
densfreie niveaugleiche Türschwellen“ vom
AIBAU aus dem Jahr 2010, war die einzige
tatsächliche Nullschwelle, die schwellen-
freie Magnet-Doppeldichtung schadens-
frei, bei den Türschwellen-Dichtungen zwi-
schen 1 – 5 cm Höhe gab es jedoch Scha-
densfälle. Auch die industriell vorgefertigten
Bauwerksabdichtungen der schwellenfrei-
en Magnet-Doppeldichtung werden in die-
ser Forschungsarbeit explizit als beispielge-
bendesVorbild hervorgehoben. Die Experten
Klaus Wilmes und Matthias Zöller empfeh-
len bereits 2011 in einem Fachbeitrag in der
„deutschen bauzeitung db“ diese industriel-
le Vorfertigung: „Das Risiko von Fehlstellen
ließe sich deutlich senken, wenn die Schwel-
lenprofile sowie die aufgehenden Blendrah-
men bis auf die jeweils erforderliche Höhe
mit Bahnenstreifen werkseitig vorgefertigt
wären.“ Welche 1 – 2 cm hohen Schwel-
lenabdichtungen und welche erst vor kur-
zem entwickelten Nullschwellen können
dies alles vorweisen?
Ulrike Jocham ist
disziplinübergrei-
fend als Unter-
nehmensberate-
rin, Referentin und
Trainerin zu den
Themen Schwel-
lenfreiheit, Inklu-
sion, Universal Design und Barrierefreiheit tätig.
Ergebnisse aus ihrem über 12-jährigen Einsatz
für Nullschwellen gibt es unter:
www.die-frau-nullschwelle.deLiteratur
AIBAU, Aachener Institut für Bauschadensfor-
schung und angewandte Bauphysik: Schadens-
freie niveaugleiche Türschwellen, Aachen: 2010
ASTA, Ausschuss für Arbeitsstätten. Technische
Regeln für Arbeitsstätten: ASR A1.5/1,2: Fußbö-
den. Ausgabe:
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil II Nr. 35,
ausgegeben zu Bonn am 31.12.2008
ift Rosenheim, Einsatzempfehlungen für Fens-
ter bei altersgerechtem Bauen in Pflegeeinrich-
tungen, ift-Richtlinie FE 17/1, Rosenheim: April
2016, Seite 17 f
Jocham, Ulrike: „Barrierefrei“ nicht immer bar-
rierefrei inkl. Stellungnahme vom Arbeitsaus-
schuss der DIN 18040, erschienen in BEHINDER-
TE MENSCHEN, Ausgabe 4/5-2013, Seite 77,
Download unter:
http://www.inklusiv-wohnen.
de/images/barrierefrei_nichtimmerbarrierefrei.
Jocham, Ulrike: Empowernde Architektur – Bar-
rierefreiheit in denkmalgeschützten Gebäuden,
erschienen in Magazin BARRIEREFREI, Ausgabe
03/2015
Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, Sch-
reiben vom 16.12.14, Download unter: http://
www.inklusiv-wohnen.de/files/2015-01-15_DIN18040_LTB_Verkehrsministeriumpdf
Wilmes, Klaus; Matthias, Zöller: Fachartikel in
der db deutsche bauzeitung: schwellenlos, Lein-
felden-Echterdingen: 07.2011
Stiftung Espachstift: Bereits 1999 hat der Fensterbauer
Peter Stiborsky (Stibo-Fenstertechnik) die schwellenfreie
Magnet-Doppeldichtung in die Freisitztüren des Betreuten
Wohnens in Kaufbeuren eingebaut. „Bis heute funktioniert
die Nullschwellen-Technik ausgezeichnet“, berichtet Ernst
Schönhaar (Kuratoriumsvorsitzender, Stiftung Espachstift).
Ulrike Jocham/Alumat Frey GmbH