glas+rahmen
08.18
verbände
50
verbände
4 fragen
Begehbare Glas
flächen gehören in
der Glasbranche
längst zum Stan
dard-Repertoire.
Fachgerecht ausge
führt, sind sie sehr
sicher und zudem
immer ein Eye
catcher. Das Bild
zeigt eine Präsen
tation auf der
glasstec 2008, die
untermauerte, wie
belastbar eine
Glaskonstruktion
sein kann, die
ausschließlich mit
lichthärtenden
Acrylaten gefügt
ist.
1. Warum wird die MVV TB in Deutschland
eingeführt?
Deutschland wurde am 16. Oktober 2014 vom Europäi-
schen Gerichtshof (EuGH) aufgrund von nicht zulässi-
gen Nachregelungen von bereits harmonisierten Bau-
produkten verurteilt. Hintergrund war, dass hierzulan-
de bei etlichen Bauprodukten neben den CE-Zeichen
noch ein Ü-Zeichen für die Erfüllung von zusätzlichen
Anforderungen vorgeschrieben wurde. Diese Anforde-
rungen ergaben sich aus der Bauregelliste (BRL), die da-
durch ein sehr hohes Niveau an die Sicherheit von Bau-
produkten sicherstellte. Da diese zusätzlichen Anforde-
rungen an bereits geregelte Bauprodukte laut EuGH eine
unzulässige Marktbehinderung darstellten, musste das
deutsche Baurecht neu geregelt werden. Mit dem Urteil
ging eine zweijährige Übergangsfrist einher, in der das
Baurecht zu überarbeiten war. Diese zwei Jahre reichten
für die Umsetzung und Einführung der MVV TB jedoch
nicht aus, sodass zum 15. Oktober 2016 die BRL zum Teil
außer Vollzug gesetzt wurde. Die MVV TB wurde dann
am 31. August 2017 veröffentlicht. Sie muss von den ein-
zelnen Bundesländern baurechtlich eingeführt werden.
2. Was muss das Glaserhandwerk künftig
hinsichtlich der mvv tb beachten?
Für das Glaserhandwerk ändert sich künftig mit der Ein-
führung der MVV TB nur Weniges mit großer Tragwei-
te. Ein für das deutsche Baurecht wichtiges Bauprodukt
wurde mit der MVV TB abgeschafft. Das heißgelagerte
thermisch vorgespannte Kalknatron-Einscheibensicher-
heitsglas – kurz ESG-H – nach BRL gibt es nicht mehr.
Das ESG-H nach BRL konnte nicht in die MVV TB über-
nommen werden, weil die zusätzlichen Anforderungen
an die Haltezeit von vier Stunden und die Fremdüber-
wachung gegen die bereits harmonisierte Europäische
Norm DIN EN 14179 „Glas im Bauwesen – Heißgelager-
tes thermisch vorgespanntes Kalknatron-Einscheiben-
sicherheitsglas“ verstößt. Daraus folgt, dass künftig nur
noch heißgelagertes ESG gem. DIN EN 14179 verwendet
werden darf. Der Nachteil dieses Bauproduktes ist, dass
es gegenüber dem ESG-H gem. BRL eine höhere Versa-
genswahrscheinlichkeit aufweist. Da jetzt nur noch ein
Bauprodukt mit einer geringeren Versagenswahrschein-
lichkeit verbaut werden darf, wurde in der MVV TB die
Verwendung von heißgelagertem ESG wie folgt einge-
schränkt:
„Werden Scheiben nach DIN EN 14179-2 derart eingebaut,
dass deren Oberkante mehr als 4 m über Verkehrsflächen
liegt, dürfen sie nur in Mehrscheiben-Isolierverglasungen
Verwendung finden. Alternativ sind konstruktiv Maßnah-
men zur Gefahrenabwehr im Versagensfall, wie eine Split-
tersicherung, Vordächer o.ä. vorzusehen.“
3. Was ist aktuell bei der Vewendung von
ESG zu beachten?
Wie bisher ist die Verwendung von ESG und heißgela-
gertem ESG bis vier Meter Einbauhöhe kein Problem.
Nur müssen jetzt ab vier Meter mehrere Dinge beach-
tet und umgesetzt werden. Verbaut man heißgelager-
tes ESG, muss dieses in einem Isolierglas verbaut sein,
oder es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die
Verkehrsflächen vor herabfallenden Splittern zu schüt-
zen. Mit dieser Formulierung wird die Verwendung von
ESG stark eingeschränkt. Gegen diese Anwendungsein-
Einführung der MVV TB
Die Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV
TB) wurde am 31. August 2017 veröffentlicht und muss nun von allen
Bundesländern baurechtlich eingeführt werden. Das hat unter ande-
rem Folgen für den Einsatz von Einscheibensicherheitsglas (ESG).
Das ESG-H nach Bau
regelliste konnte nicht
in die MVV TB übernom
men werden, weil die
zusätzlichen Anforde
rungen an die Haltezeit
von vier Stunden und
die Fremdüberwachung
gegen die bereits har
monisierte Europäische
Norm DIN EN 14179 „Glas
im Bauwesen - Heißge
lagertes thermisch vor
gespanntes Kalknatron-
Einscheibensicherheits
glas“ verstößt.
Foto: Vössing