glas+rahmen
02.18
technik
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technik
funktionsgläser
der raumkomfort
sowie der Energiebedarf von Ge-
bäuden werden durch Fenster stark beeinflusst. Im Ge-
gensatz zu konventionellen statischen Sonnenschutzvor-
richtungen können durch elektrochrome (EC) Systeme
die optischen Transmissionseigenschaften im sichtba-
ren und/oder im NIR-Bereich, das heißt die Licht- und
Energiedurchlässigkeit, an die jeweilige Situation ange-
passt werden (Bild 1). So gewähren sie auch bei Sonnen-
schutzfunktion den Blick nach draußen, und es entfal-
len bewegliche, der Witterung ausgesetzte Teile. Hierbei
müssen die beschichteten Gläser gemäß DIN EN 410 bei
geringem U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) den
Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) in einem mög-
lichst weiten Bereich schalten können. [1] Das aktive
Schalten der EC-Schichtsysteme kann entweder manu-
ell oder automatisch in Abhängigkeit von der Einstrah-
lung auf die Fassade bzw. der Raumtemperatur erfolgen.
Neueste Ansätze haben das Ziel, schon bestehende Ver-
glasungen mit EC-Folien nachzurüsten, wie dies in Bild
1 zu sehen ist.
Aufbau schaltbarer EC-Verglasungen
EC-Materialien sind unter den chromogenen Material-
klassen in technischen Anwendungen am weitesten ver-
breitet, da sie einige Vorteile haben, vor allem in Bezug
auf geringe Schaltspannungen und die Tatsache, dass
elektrische Energie im Idealfall nur während des Schalt-
prozesses verbraucht wird. EC-Elemente bestehen, wie
in Bild 2 gezeigt, aus einer EC-Schicht sowie einer Io-
nenspeicherschicht, die jeweils auf ein leitfähiges und
transparentes Substrat aufgetragen werden. Die beiden
Elektroden werden durch einen ionenleitenden, elek
trisch isolierenden Elektrolyten getrennt. Die optischen
Eigenschaften lassen sich aufgrund von Redoxreaktio-
nen modulieren, die durch eine äußere Spannung her-
vorgerufen werden. Es besteht darüber hinaus die Mög-
lichkeit, verschiedene Farben zu realisieren und bei ge-
eigneter Materialwahl hohe Helltransmissionswerte bei
geringer Lichtstreuung zu erreichen.
kommerzielle Produkte
Die Markteinführung von „Smart Windows“ wird von
der Glas- und Beschichtungsindustrie schon seit Jahr-
zehnten forciert, aber nur wenige Produkte werden bis
heute auch kommerziell vertrieben. Im Jahr 1987 konn-
ten automatisch abblendende Autorückspiegel von Gen-
tex industrialisiert werden, die bis heute das erfolgreichs-
te EC-Produkt darstellen. [2] Weiterhin entwickelte die
Gentex-PPG Aerospace die weltweit ersten EC-Flug-
zeugkabinenfenster, die seit 2009 im Boeing 787 Dre-
amliner eingesetzt werden. Im Automobilbereich ent-
wickelte Saint-Gobain ein EC-basiertes Sonnenschutz-
dach für den Ferrari Super America, das allerdings ein
Nischenprodukt blieb. EC-Fenster für Gebäudevergla-
sungen wurden hauptsächlich auf Basis von anorgani-
schen (Metalloxide) Systemen entwickelt. Neben Saint-
Gobain sowie Guardian Industries Corp., View Inc. und
Kinestral Inc. werden diese in Deutschland vor allem
von EControl-Glas kommerziell hergestellt. In all die-
sen Entwicklungen werden dünne EC-Schichten auf
transparenten, leitfähigen Glasscheiben verwendet, de-
ren Herstellung aufgrund der eingesetzten Sputterpro-
zesse noch recht teuer ist und bisher eine weitreichende
Marktdurchdringung verhindert.
Schaltbare Verglasung
elektrochrome Sonnenschutzgläser gibt es bereits seit
einigen Jahren im Markt. Interessiert verfolgt wird in der
Glasbranche auch die Entwicklung von nachträglich
auf Glasflächen aufbringbaren elektrochromen Folien.
Bild 1
Funktionsweise
einer schaltbaren Ver-
glasung (oben) und
einfaches Nachrüsten
durch Retrofit (unten).
Grafiken: © Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC, Würzburg