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glas+rahmen

02.18

technik

38

technik

funktionsgläser

historische verglasungen

lassen sich oft nur mit

großem Aufwand restaurieren. Denkmalschützer bli-

cken hierbei auf das optische Erscheinungsbild des Ma-

terials samt originalgetreuen Eigenschaften, aber auch

auf einen weitgehend authentischen Herstellungspro-

zess. Zudem soll die Verglasung moderne Wärme-

schutz- und Sicherheitsanforderungen erfüllen oder

lichttechnische Vorgaben einhalten. Für solche Bedürf-

nisse rund um Restaurierungsglas hat der Technologie-

konzern Schott eine traditionelle Methode zur Herstel-

lung maschinengezogener Gläser mit modernemKnow-

how in der (Weiter-)Verarbeitung kombiniert. Grundla-

ge ist das sogenannte Fourcault-Verfahren. Am Standort

Grünenplan besteht die Anlage dafür aus Gemengehaus,

Schmelzwanne, Heißformgebung, Ziehschacht und Zu-

schnitt. Kern von Ziehglasanlagen nach Fourcault ist ei-

ne geschlitzte Ziehdüse, die auf der flüssigen Glasmas-

se schwimmt (siehe Grafik). Der hydrostatische Druck

lässt das flüssige Glas durch den Schlitz quellen. Die so

entstandene „Zwiebel“ wird mit einem Fangeisen erfasst

und nach oben gezogen. Dabei kommt das zähflüssi-

ge Glas nur mit Luft in Berührung. Die Oberfläche ist

beidseitig feuerpoliert, das Glas durchsichtig, glänzend

und klar. Zwischen zahlreichen Walzenpaaren wird das

Glasband dann über mehrere Stockwerke nach oben ge-

zogen und dabei langsam abgekühlt. Am oberen Ende

des Ziehschachtes wird das endlose Band in einzelne Ta-

feln geschnitten.

Charakteristik maschinengezogener Gläser

Das Ziehen des flüssigen Glases durch die Fourcault-

Düse erzeugt eine mehr oder weniger ausgeprägte Zieh-

streifigkeit des Endprodukts mit definierten Dicken-

schwankungen. Gegenüber Floatgläsern besitzen ma-

schinengezogene Gläser größere Abweichungen in der

Planität (Langwelligkeit). Schmelztechnisch beding-

te Merkmale wie etwa Blasen, Knoten oder Steinchen

sind in gewissen Grenzen zulässig; sie geben diesen Glä-

sern ihre typische Anmutung und zeugen vom authen-

tischen Produktionsprozess. In der Aufsicht (Reflexion)

zeigen maschinengezogene Gläser Unebenheiten, in

der Durchsicht (Transmission) erscheinen dahinterlie-

gende, gerade Kanten gewellt (Foto links oben). Im Ge-

gensatz dazu ergeben gefloatete Gläser mit planparalle-

len Oberflächen unverzerrte Eindrücke (Foto links un-

ten). Die Merkmale maschinengezogener Gläser lassen

sich produktionstechnisch beeinflussen. Damit stehen

für Gebäude unterschiedlicher Bauzeiten stilecht abge-

stimmte Produkte zur Verfügung:

Von der Maschine gezogen

Im traditionellen Fourcault-Verfahren lassen sich auch heute noch

maschinengezogene Restaurierungsgläser herstellen, die das

Erscheinungsbild von Originalverglasungen verschiedener Epochen

exakt nachempfinden. Zugleich erfüllen sie im Isolierglasverbund

aktuelle bautechnische und wirtschaftliche Ansprüche.

Fotos: © Schott AG