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Glasfassaden

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FASSADE 5/2018

Inline-Messung von Anisotropien

Von Gregor Saur

Eine objektive und reproduzierbare Messung der Spannungsverteilung in Betrag und Richtung

ist Voraussetzung für eine verlässliche Vorhersage von Anisotropieeffekten bei schlechtesten

Tageslichtbedingungen. Das macht der StrainScanner möglich, der Irisationen in Architekturglas

direkt im Produktionsprozess misst. Neben dem Vorteil der objektiven Dokumentation aller

Messergebnisse ermöglichen die 100 Prozent-Prüfung und die automatische Auswertung eine

Optimierung und verbesserte Regelung des Produktionsprozesses.

Polarisiertes Licht ändert beim Durchgang

durch ein doppelbrechendes Medium sei-

ne Eigenschaften. Während viele kristalli-

ne Materialien von sich aus doppelbrechend

sind, zeigen amorphe Materialien wie z. B.

Glas dieses Verhalten erst bei Vorhanden-

sein von mechanischen Spannungen. Man

spricht dann von Spannungsdoppelbre-

chung. Als Maß für die Spannungsdoppel-

brechung wird im Allgemeinen der optische

Gangunterschied verwendet.

Die Bestimmung der Spannungsdoppelbre-

chung erfolgt klassisch im Polariskop-Auf-

bau: Das Messobjekt wird zwischen zwei

gekreuzte Polarisationsfilter gebracht und

mit einer monochromatischen Lichtquelle

beleuchtet. Der Hintergrund erscheint dun-

kel, da der zweite Polarisationsfilter, Ana-

lysator genannt, quer zur Durchlassrich-

tung des ersten Filters steht und damit das

durchgelassene Licht blockiert. Spannun-

gen im Messobjekt führen über den Effekt

der Doppelbrechung zu einer Änderung des

Polarisationswinkels und dadurch zu einer

Aufhellung verspannter Bereiche, die pro-

portional zu den zugrundeliegenden Span-

nungen ist. Die Quantifizierung des opti-

schen Gangunterschiedes erfolgt dann über

eine einfache Intensitätsauswertung.

Die Intensität ist allerdings auch von an-

deren Faktoren als den Spannungen ab-

hängig, insbesondere von der Helligkeit

der Lichtquelle und von der Transmission

des Messobjekts, die wiederum von der Di-

cke, Färbung und gegebenenfalls von Be-

schichtungen beeinflusst wird. Die Intensi-

tätsauswertung muss daher für jedes Pro-

dukt aufwendig kalibriert werden.

Bei Verwendung einer Weißlichtquelle kann

mit einem zusätzlichen optischen Element

(Rot 1. Ordnung) zwischen Messobjekt und

Analysator ein Farbbild erzeugt werden.

Die verschiedenen Interferenzfarben ent-

sprechen dabei verschiedenen Spannungs-

zuständen. Die Bestimmung des optischen

Gangunterschieds erfolgt dann mit Hilfe

von Farbtabellen. Beschichtungen, Färbun-

gen und der Einfluss der Lichtquelle können

auch hier das Messergebnis verfälschen.

Die Abhängigkeit von Beleuchtung und Ei-

genschaften des Messobjekts kann vermie-

den werden, indem der Analysator dreh-

bar angeordnet wird. Einen solchen Aufbau

nennt man Polarimeter. Zur Messung wird

derjenige Drehwinkel des Analysators be-

stimmt, an dem die Intensität am betrach-

teten Messpunkt minimal ist. Der gesuchte

optische Gangunterschied ist zu dem ge-

messenen Winkel direkt proportional und

lässt sich leicht aus diesem berechnen.

Automatische und kontinuierliche

Messung

Durch Verwendung einer polarisationsauf-

lösenden Spezialkamera lässt sich die zeit-

aufwändige und mechanisch anfällige Ro-

tation des Analysators vermeiden. Die im

StrainScanner der Firma ilis (Erlangen) ver-

wendete StrainCam berechnet den opti-

schen Gangunterschied für jedes Pixel ohne

bewegliche Bauteile und liefert in Echtzeit

zusätzlich zum Grauwertbild ein hochauf-

gelöstes Spannungsbild des Messobjekts.

Somit liefert der StrainScanner ein kontinu-

ierlich aktualisiertes Livebild der Messob-

jekte, deren Spannungsverteilung in Falsch-

farbendarstellung visualisiert wird, ähnlich

wie man es von Wärmebildern kennt. Ein-

zelne Messobjekte werden im Livebild au-

tomatisch erkannt. Befinden sich mehre-

re Messobjekte gleichzeitig im Bild, wer-

den diese segmentiert und können getrennt

ausgewertet und gespeichert werden. Auf

Bei Verwendung von gekreuzten

Polfiltern (linkes Bild) zeigen sich im

Polariskopbild einer vorgespannten

Scheibe Aufhellungen in Bereichen mit

Restspannungen. Bei Verwendung von

Weißlicht (rechtes Bild) entsteht durch

Interferenzeffekte ein farbiges Bild.

Die Spannungsverteilung wird in Echtzeit gemessen und als Falschfarbenbild dargestellt.

Foto:

© ilis

Fotos (2):

© ilis