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Glasfassaden

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FASSADE 5/2018

„Bester Schallschutz in Kippstellung“

Interview mit Gerold Schwarzer

Herr Schwarzer, Sie entwickeln das Eilenburger

Hafencity-Fenster. Was ist das Besondere

daran?

Dieser Fenstertyp bietet extrem hohen

Schallschutz – bis zu 46 dB oder sogar mehr

– und zwar in teilgeöffnetem Zustand, also

in der Kippstellung. Man kann also mit un-

seren Fenstern Räume auf natürliche und

gewohnte Weise lüften, ohne störendem

Außenlärm ausgesetzt zu werden. Das dient

einerseits in hohem Maße der Gesundheit

und dem Komfort beim Schlafen, Arbei-

ten oder Lernen u.s.w. Noch wichtiger aber

scheint aktuell der rechtliche Nutzen für

Planer und Bauherrn zu sein.

Inwiefern spielt denn das Planungsrecht hier

eine Rolle? Geht es um Lärmschutzauflagen?

Planungsrechtliche Auflagen in deutschen

Großstädten verlangen immer häufiger –

insbesondere beim Wohnungsbau – dass

beispielsweise ein bestimmter Innenraum-

pegel bei gekipptem Fenster nachts nicht

überschritten wird. Unser Hafencity-Fenster

kann solche Anforderungen erfüllen, auch

wenn das Gebäude an Gleise, eine Ausfall-

straße oder ein Gewerbegebiet grenzt. Man-

che Baugenehmigung wäre ohne unsere

Fenster kaum erteilt worden. Wir leisten mit

den Fenstern also einen Beitrag zur Nach-

verdichtung der Innenstädte und der Schaf-

fung von Wohnraum. Das Thema ist aber

planungsrechtlich und technisch komplex.

Eine Beratung frühzeitig im Planungspro-

zess empfiehlt sich dringend.

Ist das Hafencity-Fenster eine Art

Kastenfenster?

Ja, genau. Das Eilenburger Hafencity-Fens-

ter gibt es in verschiedene Typen: zum Bei-

spiel deckenhoch, als Brüstungsfenster oder

als ganze Fensterfront. Allen gemeinsam ist,

dass – wie bei einem Kastenfenster – zwei

Fensterebenen hintereinander liegen. Bei

Bedarf wird je ein Flügel innen und außen

gekippt, allerdings seitlich versetzt. Im Zwi-

schenraum sind verschiedene Schallabsor-

ber verbaut.

Können Sie knapp die physikalische Logik der

hohen Schalldämmwirkung erläutern?

Die Luft wird gewissermaßen „um die

Ecke“ geführt, angetrieben durch die

Druckdifferenz zwischen innen und außen.

Der Schall wird durch die Umlenkung re-

duziert und zusätzlich von den Absorbern

gedämpft. Das Prinzip kennt man vom

Umlenkschalldämpfer. Neben dem Schall-

dämmwert von bis zu 46dB – gekippt wohl-

gemerkt – wurde auch der Luftvolumen-

strom auf dem Prüfstand gemessen. Er ist

erstaunlich hoch und liegt bei entsprechen-

der Druckdifferenz weit über dem Luftver-

brauch von zwei Personen. Nebenbei ver-

bessert die Konstruktion noch weitere Ei-

genschaften wie Wärmedämmung und

Einbruchsresistenz.

Ist das Hafencity-Fenster für jeden

Gebäudetyp, für jedes Haus geeignet?

Auch zum Nachrüsten?

Ja. Unser Schwerpunkt liegt aktuell bei grö-

ßeren Wohnungsneubauprojekten. Wir ha-

ben aber auch tolles Feedback von Privat-

personen bekommen, deren Schlafzimmer-

fenster wir „nachgerüstet“ haben. Für große

Objekte haben wir andererseits ganz indi-

viduelle Fassadenlösungen entwickelt, ge-

prüft und eingebaut.

Wird an dem Fenster weiter geforscht

und in welche Richtung?

Ja, es wird bei uns laufend geforscht, um die

Grenzen des Machbaren beim Schallschutz

bei teilgeöffnetem Fenster weiter zu ver-

schieben. Die Themen reichen von weiteren

Konstruktionsvarianten über neue Materi-

alien wie z. B. schalltechnisch optimiertes

Isolierglas, bis hin zu einfachen Standardlö-

sungen zum Nachrüsten bestehender Fens-

ter. Selbst über Fenster mit aktivem Schall-

schutz durch die Erzeugung von Gegen-

schall denken wir nach. Im Fokus steht bei

der Eilenburger Fenstertechnik aber immer

der konkrete Kundenbedarf.

Das sogenannte Hafencity-Fenster ermöglicht gesundes Wohnen durch Schallschutz bei teilgeöffnetem

Fenster. Eilenburger Fenstertechnik hat das Prinzip stark weiterentwickelt und bereits viele Objekte mit

seinem Eilenburger Hafencity-Fenster ausgestattet. Das Grundprinzip wurde im Rahmen der Hamburger

Bauleitplanung für die HafenCity entwickelt, um trotz angrenzendem Hafenlärm Wohnraum schaffen zu

können. Die FASSADE fragte bei Geschäftsführer Gerold Schwarzer nach Details.

Die Wirkweise des Fensters.

Fotos (2):

© Eilenburger Fenstertechnik

Gerold Schwarzer ist Geschäftsführer der

Eilenburger Fenstertechnik GmbH & Co. KG

aus Eilenburg bei Leipzig.