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GLASFASSADEN

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FASSADE 4/2016

Trotz Denkmalschutz

zur modernen Glasfassade?

Fassadenplanung erfolgt gesamtheitlich (Teil 1)

Von Hans-H. Zimmermann

Insbesondere die Hochbauten der

60er Jahre werden zunehmend wirt-

schaftlich unattraktiv, weil sie nicht

mehr den heutigen Ansprüchen der

Nutzer genügen. Der Betrieb wird

energetisch zum Problem und die

nach amerikanischem Vorbild voll-

klimatisierten Räume entsprechen

nicht mehr dem individuellen Be-

dürfnis der Nutzer. Hohe Transpa-

renz der Gebäudehülle erfordert bei

dem damaligen Stand der Vergla-

sungstechnik innenliegenden Son-

nenschutz mit der Notwendigkeit

gezielter Kühlung mit entsprechend

hohem Energieverlust. Die Erfah-

rung mit diesen damals „modernen

Hochhäusern“, für deren Fassaden-

planung zum Teil auch der Verfas-

ser noch mit verantwortlich war, de-

finiert auch die heute gängige Auf-

fassung einer Fassadenlebensdauer von 50

Jahren, die mit der fortschreitend schnel-

leren technischen Entwicklung inzwischen

auf etwa 30 Jahre gesunken ist.

Einige Beispiele derartiger Objekte in

Deutschland mögen das verdeutlichen.

Das damalige BfG-Hochhaus in Frankfurt

aus dem Jahre 1969, geplant vom Archi-

tekturbüro Heil mit der Fassadenplanung

des Verfassers, gehörte seinerzeit zu den

modernsten und höchsten Gebäuden in

Deutschland. Nach dem Stand der Technik

war die Fassade festverglast und die Räu-

me waren klimatisiert. In den letzten Jah-

ren vom Ingenieurbüro des Verfassers ge-

plante Gebäudehüllen betrafen vergleichba-

re Objekte wie das Europacenter in Berlin,

die ehemalige Frankfurter Sparkasse, heute

Garden Towers und viele mehr. Zu den an-

spruchsvollsten Planungsaufgaben zählte

Der Werkbericht zeigt anhand der ganzheitlichen Fassadenplanung bei der Sanierung des

ehemaligen Unilever-Hauses – heute Emporio-Hochhaus – in Hamburg, wie sich die Anforderungen

an den Denkmalschutz mit den Vorzügen einer modernen Glasfassade vereinen lassen. Im ersten

Teil des Beitrags geht es um die Grundlagenermittlung der Sanierung.

das ehemalige Unilever-Haus – heute Em-

porio-Hochhaus – im Zentrum Hamburgs.

Die Aufgabe der Sanierungsplanung könnte

unter der Überschrift stehen:

„Transparente Gebäudehülle: Bauen im Be-

stand – nicht ohne Bauen mit Verstand“.

Dazu gehört:

– Einbindung in das Umfeld – Denkmal-

schutz

– Berücksichtigung der Architekturmerk-

male (Rechte)

– wirtschaftlich darstellbar

– zukunftsorientiert, flexibel

– Energie-optimiert

Die Grunddaten der Fassade waren:

– Fassadenfläche ca. 20 000 m²

– mit 2700 Fenstern statt bisheriger Fest-

verglasungen

– EG-Fassade Ganzglasfassade mit 7,5 m

Höhe mit Glasschwertern

Zunächst fanden Untersuchungen

des Bestandes hinsichtlich zu erhal-

tender und zwingend zu erneuern-

der Bausubstanz unter Einbeziehung

eines Sachverständigen für Asbest-

sanierung statt. Der Einsatz eines

Fachplaners für Asbestsanierung er-

gab sich bereits im Vorfeld aus der

Kenntnis, dass dieses Gebäude, wie

viele aus dieser Zeit stammende ver-

gleichbare Großobjekte mit einer

Rohbaukonstruktion aus Stahl und

Beton – sowohl im Inneren als auch

in den Brüstungen – zur Erzielung

des erforderlichen Brandschutzes in

erheblichem Umfang mit den damals

üblichen Asbestprodukten gesichert

waren.

Nach Öffnung der Konstruktion

zeigte sich, dass die Fassade in Art

einer Pfosten-Riegelbauweise aus

thermisch nicht entkoppelten Alumini-

umprofilen mit dünnen Glaspaneelen aus

rückseitig emaillierten ESG-Platten herge-

stellt war und dahinter nach innen versetzte

Asbestbeton-Leichtbauschalen besaß.

Das ehemalige Unilever-

Haus in Hamburg.

In der Alt-Fassade wurden Asbestbeton-

Leichtbauschalen verbaut.

IGF Zimmermann (7)