TECHNIK
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Fachbeitrag
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FASSADE 4/2016
Lüftung auf Kollisionsfreiheit geprüft. Wenn
ein Planer eine Dusche plant, kann er auf
einen Katalog von Produkten zugreifen, die
sich in seinen Plan so integrieren, dass nicht
nur die drei räumlichen Dimensionen ein-
gepasst werden, sondern im Idealfall auch
die Termin- und Kostenplanung aktualisiert
wird – man spricht von 5D. BIM ist ein Kul-
turwandel, da Architekten, Fachplaner, Bau-
herren, Bauleiter, Bauunternehmer und vie-
le andere am Bauprozess Beteiligte auf eine
gemeinsame digitale Plattform zugreifen.
Der Datenaustausch bei Open BIM basiert
auf dem international anerkannten Stan-
dard IFC (Industry Foundation Classes) als
universellem Austauschformat. Beim Closed
BIM sind das proprietäre und herstellerspe-
zifische Lösungen. BIM erfordert jetzt Flexi-
bilität und die Bereitschaft, die tägliche Ar-
beit so zu gestalten, dass andere praktisch
ständig auf dem Laufenden gehalten wer-
den. Wenn die Umstellung einmal gemacht
ist, erleichtert BIM den Bauprozess für alle
und reduziert einen Großteil der Probleme
beim Bau, die durch mangelhafte Kommu-
nikation entstehen.
SolConPro – Solare Techniken
in BIM eingliedern
Ziel des vom Bundeswirtschaftsministeri-
um geförderten Projekts SolConPro (www.
solconpro.de) ist es, Solarfassaden mit BIM
ganzheitlich in den Planungsprozess zu in-
tegrieren. Der Projektname steht für Solar
Construction Process und soll auf die kon-
krete Schaffung von BIM-Modulen für ther-
mische und photovoltaische Fassadenele-
mente hinweisen. Die Ergebnisse des Pro-
jekts werden aber nicht nur Planung und
Installation solarer Komponenten, sondern
aller Arten von multifunktionalen Bautei-
len für die Gebäudehülle erleichtern. Ne-
ben dem Fraunhofer ISE als Koordina-
tor sind die Ed. Züblin AG und das Institut
für Numerische Methoden und Informatik
im Bauwesen an der Technischen Univer-
sität Darmstadt Partner in diesem Projekt,
das noch bis März 2018 läuft. Die Aufga-
be des Instituts ist dabei, die Funktionalität
der Solarkomponenten in die BIM-Syste-
matik zu „übersetzen“. Es reicht nicht, die
technischen Daten zum Beispiel der PVSha-
de Module einzupflegen. Die Frage ist, wie
man die tageszeitlich variable Transparenz
so integriert, dass für jede mögliche Inte
gration in ein beliebiges Gebäude die Ei-
genschaften korrekt wiedergegeben wer-
den. Das Gleiche gilt zum Beispiel für die
Sonnenschutzwirkung, die bei einem BIPV-
Modul auch von der abgeführten elektri-
schen Leistung abhängt. Zusätzlich hat das
Institut qualitätsgesicherte Simulationsme-
thoden für Planer entwickelt, die die multi-
funktionalen Eigenschaften von innovativen
Komponenten und solaren Energiewand-
lern für die Gebäudehülle berücksichti-
gen. Übergeordnetes Ziel ist eine »Plug and
Play«-Integration von Systemen der Tech-
nischen Gebäudeausrüstung und für Fassa-
denkomponenten in existierende Planungs-
umgebungen im Sinne eines digitalen, in-
teraktiven Produktkatalogs.
Fazit
Für die Umstellung unseres Energiesystems
auf erneuerbare Energiequellen stellen Ge-
bäude ein wichtiges Potenzial dar. Neben
den Aufdachanlagen werden fassadeninte-
grierte Solaranlagen immer attraktiver, da
die Photovoltaikkosten drastisch gesunken
sind. Die neuen Komponenten sollen von
Anfang an in die neue Plattform für inte
griertes Bauen BIM eingebunden sein. Das
ist Ziel des SolConPro-Projekts, das noch
bis 2018 läuft. Dann werden Solarfassaden
mit wenigen Mausklicks in den standar-
disierten BIM-Prozess einfließen. Das ist
zum einen eine Softwarefrage. Eine min-
destens ebenso große organisatorische He-
rausforderung ist es, im Bauprozess Wege
zu finden, zum richtigen Zeitpunkt mit den
richtigen Beteiligten die Modelle aufzuset-
zen und mit verteilten Verantwortlichkeiten
zu pflegen. Wer nicht so lange warten will,
kann schon jetzt mit kundenspezifischen
Lösungen Solarfassaden in seine Baupro-
jekte integrieren, denn das technische Wis-
sen ist vorhanden.
Dr. Tilmann E.
Kuhn ist Physiker,
seit 1996 mit So-
larenergie befasst
und derzeit Leiter
der Gruppe „Solarfassaden“ am Fraunhofer-In
stitut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg.
Literaturhinweis
1 Karoline Fath et al,
SolarEnergy116(2015)357–370, A method
for predicting the economic potential of
(building-integrated) photovoltaics in urban
areas based on hourly Radiance simulations,
März 2015
Seminarraum-Glasfront am Fraunhofer ISE: Im unteren Bereich sind PVShade Module in die
Fassade integriert. Im oberen Bereich ist ein herkömmlicher beweglicher Sonnenschutz zu sehen.
Antireflexionsglas:
Transparenz 2.0
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Halle09, Stand9A29
RZ_AZ_Fassade_glasstec_59x48_V2.indd 1
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