glas+rahmen
07.17
technik
48
l.: Die Grafik zeigt,
wie divergierend
die Ergebnisse bei
unterschiedlichen
Rechenverfahren
sind.
r.u.: Mit den Tools
von Peter Kasper
lassen sich Glasbe-
rechnungen ein-
fach durchführen.
Sie zeigen an, wel-
che Angaben ge-
macht werden
müssen und wei-
sen sofort die Er-
gebnisse aus.
früher war alles besser,
und jetzt sollen wir für
alles verantwortlich sein – so oder ähnlich hört man es
immer wieder, wenn die Rede auf die Bemessung von
Glasscheiben kommt. Die Fensterbauer und Glaser ha-
ben es noch nicht geschafft, sich ihrer Situation bewusst
zu werden. Lange Zeit war es einfach, seinen Glasliefe-
ranten um eine Glasdickenempfehlung zu bitten. Doch
das war schon immer eine rechtliche Grauzone. Zwar
kann man von einem Lieferanten eine weitgehende Pro-
duktkenntnis verlangen, von der konkreten Einbausitu-
ation vor Ort dürfte er jedoch in den seltensten Fällen
eine genaue Kenntnis haben. Und die neue Glasbemes-
sungsnorm DIN 18008 offenbart jetzt das ganze Dilem-
ma. Dadurch, dass sehr viele Faktoren in die Berechnung
einfließen, die in den früheren Regelungen nur durch
pauschale Faktoren Berücksichtigung fanden, ist nun ei-
ne genaue Kenntnis der Einbausituation gefragt.
Viele Stellschrauben
Es gibt eben zu viele Stellschrauben, an denen gedreht
werden kann. In einer offensichtlich gleichen Einbausi-
tuation reicht einmal ein bestimmter Glasaufbau aus, ein
anderes Mal wieder nicht. Aber auf den ersten Blick ist
der bemessungsrelevante Unterschied gerade für Laien
nicht auszumachen. Ein weiterer, oft angeführter Um-
stand ist, dass bei der Bemessung von kleinformatigen
Isolierglasscheiben und solchen mit einem recht un-
günstigen Seitenverhältnis extreme Ergebnisse ausge-
worfen werden. Entweder sind es sehr dicke Floatglas-
scheiben oder aber TVG oder ESG-Scheiben. Oftmals
wird hierbei aber der wesentliche Vorteil nicht genutzt.
Häufig ist der Herstell- und eigentlich immer der Ein-
bauort bekannt, und deshalb kann der geografische Hö-
henunterschied konkret und nicht pauschal berücksich-
tigt werden. Das birgt ein erhebliches Einsparpotenzi-
al. Und auch großformatige Glasscheiben haben in der
Bemessung erhebliche Reserven. Die meisten Bemes-
sungsprogramme als „Kaufsoftware“ basieren auf line-
aren Plattenberechnungsverfahren (doppelte Last ergibt
doppelte Spannung und Verformung usw.), meist wird
nach der Theorie von Bach oder von Czerny gerech-
net. Diese mögen ihren ursprünglichen Zweck, die Be-
messung dicker Platten, gut erfüllen. Eine Verglasung
ist aber im Regelfall als dünne Platte einzustufen. Dafür
gibt es sehr effektive nichtlineare Plattenberechnungs-
verfahren, die auch die in solchen Platten auftretenden
Membranspannungen nutzen, die der Biegespannung
entgegenwirken.
Vorbemessung auf
www.helpware.infoDie Vorbemessungsprogramme für Glasscheiben auf
www.helpware.infobasieren hingegen auf der nichtli-
nearen Theorie von Hess Bei sehr dünnen Platten, also
solchen, bei denen die Abmessung in Länge oder Brei-
Fluch oder Segen?
Die DIN 18008 erregt nach wie vor die Gemüter im Fensterbau- und
Glaserhandwerk. Ist die Einführung der Norm zur Glasbemessung
nur mit erhöhtem Aufwand für die Marktakteure verbunden,
oder kann man doch einen Nutzen aus den mit der Norm verbundenen
Neuerungen ziehen?
der autor
Peter Kasper ist
Inhaber des Inge-
nieurbüros Glass-
MetalConsulting
in Gundelfingen/
Donau und seit
Jahren im Bereich
Glas- und Metall-
bau tätig. Sein
Spezialgebiet ist
das Erstellen von
statischen Berech-
nungen.
VERGLEICH DER BERECHNUNGSALGORITHMEN
MAXIMALE SPANNUNGS- UND DURCHBIEGUNGSWERTE FÜR GROSSE BEANSPRUCHUNGEN