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Foto: © creditreform

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UNTERNEHMENSNAVI [2017/18]

Volker Ulbricht, Hauptgeschäftsführer des

Verbandes der Vereine Creditreform

»Firmeninhaber sollten die

Bonität potenzieller

Auftraggeber stets überprüfen

und bei Zahlungsverzug auf

professionelles Forderungs-

management setzten.«

Inkasso auf einen Blick

Voraussetzung ist der Eingang einer gülti-

gen und formal korrekten Rechnung beim

Kunden. Sie sollte den Hinweis auf die

gesetzliche Zahlungsfrist von 30 Tagen

haben, danach ist der Schuldner automa-

tisch ohne Mahnung in Verzug und der

Gläubiger kann sein Inkasso starten. Die

konkrete Vorgehensweise bespricht das

Inkassobüro in der Regel mit dem Gläubi-

ger, um Kunden nicht zu verprellen.

So sollte ein Inkasso-

Verfahren ablaufen

• Prüfung der Bonität des Schuldners

• Erste Mahnung zur

Rechnungsbegleichung

• Folgemahnung

• Unterstützendes telefonisches Inkasso

• Gerichtliches Mahnverfahren bei

weiterhin unbezahlter Forderung

• Erwirkung eines Titels und

Durchführung eines Zwangs-

vollstreckungsverfahrens

• Ohne Zahlung erfolgt ein Überwa-

chungsverfahren: Das Inkassobüro

überprüft nach einer eidesstattlichen

Versicherung des Schuldners,

wann der wieder zu Geld kommt

• Der Titel hat eine Gültigkeit von

30 Jahren – so lange kann das Geld

eingetrieben werden

Rechnungs- und Mahnwesen sollte daher stets à jour sein

und sofort reagieren, um säumigen Schuldnern Beine zu

machen.

Dabei gilt: Nicht nur Neukunden, sondern auchAltkunden

sollte der Betriebsinhaber regelmäßig überprüfen.Wie es um

die Zahlungskraft bestellt ist, können Betriebsinhaber bei so-

genanntenAuskunfteien erfahren.Gegen Gebühr erhalten sie

einen Einblick darüber, wie das Zahlungsverhalten von Pri-

vatpersonen und Unternehmen gegenüber anderen ist. Der

Chef sollte vor allem bei Privatpersonen kritisch hinschauen.

90 Prozent aller unbezahlten Rechnungen, so schätzen Bran-

chenkenner, entfallen auf Verbraucher. Das belegt die Stati-

stik: Nur hinter jeder zehnten von einem Inkassobüro einge-

triebenen unbezahlten Rechnung steckt ein Unternehmen.

Viele Auskunfteien arbeiten mit einem Bonitätsindex, an

dem sich schon ablesen lässt, wie gut oder schlecht der Über-

prüfte zahlt. Handwerker, die auf Aufträge angewiesen sind,

weil sie gerade erst starten und sich noch eine Kundschaft

aufbauen oder eine finanzielle Durststrecke überbrücken

müssen, können nicht jeden als schwierig geltenden Zahler

ablehnen. Sie müssen sich Alternativen zur Schlussrech-

nung ausdenken. So könnten sie zum Beispiel Leistungen

und Material nur gegen Vorkasse bringen oder Zwischen-

rechnungen präsentieren, um erst nach deren Begleichung

mit den weiteren Arbeiten fortzufahren.

Um das Geld auch schnell in die eigene Kasse zu spülen,

gilt natürlich eine sofortige Rechnungsstellung.Mit demAuf-

tragsende sollte die Rechnung beim Kunden vorliegen, ab

da läuft die gesetzliche Frist. Nach 30 Tagen kommt er bei

Nichtzahlung automatisch in Verzug – und zwar ohne eine

Mahnung. Dann kann der Gläubiger zusätzlich zur geschul-

deten Summe noch einen Aufschlag verlangen.

Das Eintreiben offener Forderungen sollte der Betriebsin-

haber besser Profis überlassen, weil sie wissen, wann und bei

wem Fingerspitzengefühl oder der harte, direkte Rechtsweg

angebracht ist. Inkassobüros setzen verstärkt auf Kommuni-

kation, was auch dem Betriebsinhaber hilft, künftig weiter

mit diesem Kunden zu arbeiten.

Rund 750 Unternehmen arbeiten bundesweit im Forde-

rungsmanagement.Das reicht von lokal und regional angesie-

delten Firmen bis hin zu bundesweit mit mehreren Tausend

Mitarbeitern agierenden Unternehmen. Eine Übersicht gibt

es beim Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen

e.V. (BDIU), bei dem rund 550 organisiert sind. Sie haben

zusammen rund eine halbe MillionAuftraggeber und treiben

im Jahr etwa fünf Milliarden Euro an offenen Rechnungen ein

– und das ohne Rechtsanwälte, die auch Inkasso übernehmen.

Warum Chefs trotz einer allgemein guten Zahlungsmoral

ihr Forderungsmanagement im Auge behalten sollten, be-

legt eine Auswertung des Creditreform Debitorenregisters

Deutschland für das zweite Halbjahr 2016.Demnach mussten

Lieferanten und Dienstleister im Schnitt 42,29 Tage warten,

bis sie das Geld für ihre Rechnung auf dem Konto hatten.

Gegenüber dem Vorjahr ist das eine rund 1,5 Tage längere

Frist. Kleiner Trost: DieVerzögerungen ergeben sich, weil die

Unternehmen den Schuldnern auch mehr Zeit zumBezahlen

eingeräumt hatten. Die Frist stieg gleichzeitig um 1,46 Tage

auf 32,28 Tage im Schnitt.

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