Branche
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RTS-Magazin 1/2017
Das Unternehmen Rolladen
Braun aus Weiding hat in Ko-
operation mit der Jugendbil-
dungsstätte Waldmünchen ei-
nen Erkundungstag für unbe-
gleitete jugendliche Flüchtlinge
in seinem Betrieb organisiert.
Die jungen Menschen absol-
vieren derzeit ein Berufsinteg-
rationsjahr, in welchem sie ne-
ben dem Erwerb von Deutsch-
kenntnissen auch den Zugang
zu der deutschen Kultur erhal-
ten sollen. Wir finden dieses
Engagement großartig und ha-
ben deshalb Georg Braun als ei-
nen der Geschäftsführer darum
gebeten, uns etwas über seine
Eindrücke dieses Tages zu be-
richten.
RTS: Was hat Sie auf die Idee
gebracht, die jungen Menschen
zu sich in den Betrieb einzula-
den?
Georg Braun: Die Handwerks-
kammer Niederbayern/Ober-
pfalz hat in ihrem Berufsbil-
dungszentrum in Cham einen
Praxistag zur Vorstellung von
handwerklichen Ausbildungs-
berufen für junge Flüchtlinge
organisiert. Dabei bekamen die
jungen Menschen die einzel-
nen Berufe vorgestellt und an-
schließend durften sie diese in
der Praxis ausprobieren. An-
schließend wurden interessierte
Unternehmer zu einer Informa-
tionsveranstaltung eingeladen
und danach konnten die Unter-
nehmer bei einer kleinen Messe
ihre Ausbildungsstellen anbie-
ten. Da mich das sehr interes-
Schnuppertag mit Perspektive
siert, habe ich mir die Vorträge
angehört und anschließend für
den Beruf Rollladen- und Son-
nenschutz-Mechatroniker ge-
worben. Bei einem Gespräch
mit der Betreuerin habe ich ihr
angeboten, dass es besser wäre,
wenn die Jugendlichen direkt
zu uns ins Unternehmen kom-
men könnten. Dann würde ich
die Firma vorstellen, wir kön-
nen einen Betriebsbesichtigung
machen und anschließend ein
kleines Praktikum.
RTS: Wie war die Resonanz auf
den Beruf des Rollladen- und
Sonnenschutzmechatronikers?
Georg Braun: Bei dem Prakti-
kum durften die Jugendlichen
an einem Musterständer einen
Rollladen mit Gurtzug aus- und
wieder einbauen. Dabei zeigte
sich schnell, wer interessiert
und geschickt war. Anschlie-
ßend habe ich den Berufsvor-
stellungsfilm von BR 3 Alpha
gezeigt und bei einer abschlie-
ßenden Brotzeit haben sich be-
reits die ersten gemeldet, die an
einer Ausbildung interessiert
sind. Die Betreuerin konnte
dies auch bestätigen und fragte,
ob wir dafür Praktika anbieten
können, was ich selbstverständ-
lich befürworten konnte. In die-
ser Woche hatte ich bereits die
erste Anfrage für ein Vorstel-
lungsgespräch.
RTS: Meinen Sie, dass die
Sprachbarriere nach dem Be-
rufsintegrationsjahr so weit
überwunden ist, dass eine er-
folgreiche Ausbildung stattfin-
den kann?
Georg Braun: Die Betreuerin
sagte, dass die Jugendlichen in
ihren 1-1,5 Jahren in Deutsch-
land bereits sehr gute Fort-
schritte gemacht haben und sie
auch schon vereinzelt bayrisch
lernen. Im Juli 2017 sollte diese
Gruppe ihren Mittelschul-Ab-
schluss machen und danach
könnten sie eine Ausbildung
beginnen. Die ersten Sprach
eindrücke, die ich bei dem
Rundgang gewinnen konnte,
waren noch schwerfällig – aber
dies ist normal und das kennen
wir auch, wenn wir uns selbst
in einer anderen Sprache un-
terhalten wollen. Die Erfahrung
in anderen Betrieben hat ge-
zeigt, dass sie sehr schnell ler-
nen, wenn keine andere Person
ihrer Muttersprache im Betrieb
ist und darum sehen auch wir
das zuversichtlich. Auch die Er-
folge in der Berufsschule sind
laut Aussagen anderer Kollegen
anfangs zwar sehr schwer, aber
nach etwa einem Jahr können
sie gut mithalten.
RTS: Sehen Sie eine Chance,
dem in unserer Branche herr-
schenden Fachkräftemangel
zumindest teilweise mit der
erfolgreichen Integration von
geflüchteten Menschen entge-
genzuwirken?
Georg Braun: Der Fachkräfte-
bedarf ist eine große Heraus-
forderung für uns alle und da-
bei haben wir die Aufgabe alle
Möglichkeiten zu nutzen. Die
Integration von Flüchtlingen
ist dabei nur ein Baustein, der
uns helfen könnte. Aus meiner
Sicht haben die jungen Flücht-
linge bessere Chancen, weil sie
sich leichter anpassen können
und auch schneller lernen als
ältere Flüchtlinge. Zudem sind
die jungen Flüchtlinge auch
mehr bereit sich kulturell zu in-
tegrieren, was den älteren sehr
schwer fällt. Engagierte Betriebe
haben somit eine Chance, hier
einen kleinen Teil der zukünfti-
gen Fachkräfte zu bekommen.
RTS: Haben Sie Erfahrungen
damit, was eventuelle bürokra-
tische Hürden betrifft?
Georg Braun: Persönlich habe
ich noch keine Erfahrungen mit
den bürokratischen Hürden,
aber entscheidend ist erstmal,
dass die Jugendlichen volljäh-
rig sind und dass sie offiziell als
Flüchtlinge anerkannt sind. So-
mit wäre eine 3+2 Regelung (3
Jahre Ausbildung + 2 Jahre Ar-
beit als Geselle) für die Betriebe
möglich und eventuell auch
länger.
RTS: Vielen Dank
für das Gespräch!
www.braun-online.deIn dem Unternehmen fand ein Erkundungstag für unbegleitete jugendliche
Flüchtlinge statt.
An Musterständen durfte praktisches Geschick gezeigt werden.
Braun (2)