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FASSADE 4/2018

TECHNIK

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Aus der Sachverständigenpraxis

Ist-Konstruktion:

Die Aufzeichnung und Dokumentation aller

Fugen ergab erhebliche Abweichungen von

der Sollkonstruktion.

– Abweichung Fugenbreite +6 mm bis -8 mm

– Flankenhaftung kleiner als 5 mm, z. T.

kleiner als 1 mm durch zu hoch anlie-

gende Lippen des Trägerprofils

– selbstklebende Schaumstoffbänder B/H

= 14,00/3,00 mm auf dem Silikonträger-

profil aufgebracht, teilweise 2-lagig

– Hohlraumbildung in der Silikonmasse

seitlich der Schaumstoffbänder

– fehlende Reinigung der Trägerprofile z. T.

mit Bauschmutz behaftet

– Fremdkörpereinschlüsse in der elasti-

schen Dichtungsmasse, z. B. 14 cm lan-

ges Zellstofftuch, Kieselsteine und Styro-

porkugeln

– Einbau von beschädigten Trägerprofilen

– fehlende Trägerprofile, stattdessen wur-

den Schaumstoffbänder eingebaut

– Insgesamt hatte man über 1200 m

Schaumstoffprofile eingelegt, teils dop-

pellagig, teils versetzt, sodass Hohlräu-

me entstanden.

Die Fugenabrisse und Undichtigkeiten sind

durch eine fehlerhafteVerarbeitung entstan-

den. Die nicht ausreichende Flankenhaf-

tung und eingelegte Schaumstoffbänder mit

Querschnittsminderung des Silikons führen

zwangsläufig zum Herabsetzen der Dehnfä-

higkeit bei temperaturbedingten Spannun-

gen und zumVersagen der Dichtigkeit.

Mängelbeseitigung

Alle Fugen mussten ausgetauscht und er-

neuert werden. Unter Beachtung der Fach-

regeln wurden neue Trägerprofile eingesetzt,

die Fugen wurden gereinigt und ein hohl-

raumfreier Aufbau wurde hergestellt. Mit ei-

nem flachen Kunststoffspachtel wurden die

Gummilippen des Trägerprofils nach unten

gedrückt, die Trägerprofile und Glasflan-

ken gereinigt und entfettet. Das Aufbrin-

gen der Silikonmasse erfolgte mittels einer

elektrisch zwangsbetriebenen Vorrichtung,

auf die Fugendimension abgestimmter Ka-

nülen, die das Silikon gleichmäßig in Höhe

und Breite, damit hohlraumfrei einbringen.

Überschüssiges Silikon wurde mit einem

glatten Holzspachtel abgezogen und mit ei-

ner Lösung die Oberfläche der Fuge geglät-

tet. Die Kosten der Mangelbeseitigung und

der Folgeschäden beliefen sich auf gesamt

Netto 58000 Euro – incl. Honorare und Ge-

bühren. Die Dokumentation aller Fugen

ergab einen Anteil von fast 90 Prozent an

nicht fachgerecht ausgeführten Fugen. Nur

dieser Anteil entsprach der vertraglich ge-

forderten Soll-Konstruktion.

Stellungnahme

Die gewählte Gesamtkonstruktion aus Pro-

filen, Glas und Fugenausbildung ist eine

richtig gewählte Bauart. Die festgestellten

Mängel sind auf eine fehlerhafte Ausfüh-

rung und fehlende Sorgfalt bei der Verar-

beitung zurückzuführen. Die Kombination

von einem Silikonträgerprofil mit einer da-

rauf angeordneten elastischen Silikonmas-

se wurde bewusst gewählt, da beide Stoffe

über Vernetzung eine bessere und bestän-

digere Verbindung als eine Verklebung ein-

gehen. Die Dimensionen der Fugen wur-

den abweichend von der DIN 18 540 Ta-

belle 3 bemessen, die Festschreibung der

Abmessungen nach DIN stammt aus dem

Jahr 1995, die Fugenbemessung wurde auf

der Grundlage ift Rosenheim Merkblatt Nr.

9 Ausgabe Februar 1997, Dichtstoffe in der

Anschlussfuge für Fenster und Außentü-

ren, geplant. Die Abweichung wird mit dem

neuesten Stand der Technik (2000) als Wei-

terentwicklung von elastischen Fugenkons-

truktionen begründet. Die Fugen des Glas-

dachs haben die Dichtigkeit der Dachkon-

struktion bei Temperaturdifferenzen von

– 20 Grad bis + 80 Grad sicherzustellen. Die

Längenänderung von Glasscheiben wird bei

temperaturbedingten Differenzen von 100

Grad nach DIN 52 328 berechnet, bezogen

auf 3.575 mm Länge und 1.175 mm Breite:

L = 3.575 * 9 * 10 * 0,000001 * 100°C * 0,1

L = 3,217 5mm

B = 1.175 x 9 x 10 x 0,000001 x 100°C x 0,1

B = 1,0575 mm

Nach Richtlinien des ift Rosenheim ist

bei diesen Dimensionen eine ausreichen-

de Dehn- und Rückstellfähigkeit des elas-

tischen Silikons bei temperaturbedingten

Spannungen vorhanden. Durch sorgfältige

und fehlerfreie Bearbeitung der Fugenkons-

truktion, Beachtung der Verarbeitungsricht-

linien sowie der einschlägigen DIN-Vor-

schläge, hätten Aufwand und Folgeschäden

vermieden werden können. Die Glasdach-

konstruktion ist seitdem dicht. Lediglich an

einer Position musste nach Überarbeitung

aller Fugen eine Fehlstelle korrigiert wer-

den.

Riss in einer Silikonfuge, das Trägerprofil ist

ebenfalls beschädigt.

Entnommenes Silikonprofil bestehend aus –

von unten nach oben – Trägerprofil Silikon,

Schaumstoffprofil mit Hohlräumen.

Schaumstofffüllung, Flüssigsilikonauffüllung

oben. Deutlich sichtbar sind Hohlräume

beidseitig und unterhalb der

Schaumstoffprofile.

Flankenabriss ca. 80 mm lang.

Dipl.-Ing. Norbert

Rolf ist Freier Archi-

tekt und Sachver-

ständiger und ist

seit 2000 selbst-

ständig in Berlin tätig (Leichtmetallbau, Glasfas-

saden und Glasdachkonstruktionen).