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FASSADE 4/2018
BRANCHE
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Aus der Rechtspraxis
Trotz der Bedenkenmitteilung
des Fassadenbauers gemäß §
4 Abs. 3 VOB/B betreffend die
beanstandungswürdigen
Pa-
neele und obwohl der Auftrag-
nehmer seinem Auftraggeber
im Hinblick auf den anstehen-
den Abnahme-/Übergabetermin
durch entsprechende Maßnah-
men helfen wollte, ist er mit der
Geltendmachung seines Vergü-
tungsanspruchs auf ganzer Linie
gescheitert.
Bedeutung für die Praxis
Die aktuelle Entscheidung zeigt,
dass ein Auftragnehmer im Fal-
le von Bedenken nach § 4 Abs. 3
VOB/B sorgfältig zu prüfen hat,
wie er vor dem Hintergrund sei-
ner Bedenken vorgeht.
Bei dem hier in Rede stehen-
den Rechtsstreit ist dem Fassa-
denbauer das zum Verhängnis
geworden, was man vom Bau-
auftragnehmer erwartet und –
soweit dies erfolgt – dann auch
besonders schätzt: Nachdem
ein Bedenkensachverhalt iden-
tifiziert ist, wird der fachkundi-
ge Auftragnehmer kreativ, ent-
wickelt im Rahmen seiner Kun-
denorientierung eine Lösung
zum Problem und setzt dieses
zügig um, um den Kunden zu-
friedenzustellen und etwaige
Vertragstermine zu halten (vgl.
Anmerkungen von Hammacher,
in IBR 2018, 386).
Die im vorliegenden Fall vom
Fassadenbauer ausgeführte Be-
festigungskonstruktion
sowie
die Verklebungen haben jedoch
letztendlich einen erheblichen
Beitrag zum mangelhaften Ge-
Kundenunterstützung als Fallstrick
Aktueller Fall
Ein Fassadenbauer war unter
anderem damit beauftragt, die
Wandverkleidung im Bereich
des Atriums eines größeren Fir-
mengebäudes zu montieren. Er
hatte insofern eine Holzunter-
konstruktion anzubringen, auf
der Holzpaneele befestigt wer-
den sollten. Diese Paneele wur-
den vom Bauauftraggeber ge-
stellt. Als der Auftragnehmer
die Paneele aufhängen/mon-
tieren wollte, hat er Abplatzun-
gen und Quetschungen festge-
stellt, so dass diese wohl kaum
für die Montage geeignet waren.
Hierauf hatte der Fassadenbau-
er seinen Auftraggeber gemäß §
4 Abs. 3 VOB/B aufmerksam ge-
macht.
Nach den gerichtlichen Ent-
scheidungsgründen hat auch der
Fassadenbauer unter dem Druck
der Bauherrschaft gestanden,
zum bevorstehenden Abnahme-
und Übergabezeitpunkt eine ho-
mogen erscheinende Atriumfas-
sade errichtet zu haben.
Im Hinblick auf die Abplatzun-
gen und Quetschungen ist der
Fassadenbauer sodann tätig ge-
worden und hat versucht, durch
eine spezielle Befestigungskon-
struktion auf der Unterseite der
Elemente sowie durch Verkle-
bungen, die festgestellten Ver-
formungen auszugleichen.
Dies ist ihm jedoch nicht gelun-
gen.
Im Rahmen der streitigen Aus-
einandersetzung wurde letzt-
endlich ein mangelhafter Ge-
Der Wunsch eines jeden Bauauftraggebers: Der Auftragnehmer identifiziert bei der
Durchführung des gemeinsamen Vertrages Probleme, die der vertragsgerechten/
mangelfreien Realisierung des Bauvorhabens im Wege stehen könnten, informiert seinen
Kunden hierüber und wird kurzfristig tätig, um den Herausforderungen abzuhelfen. Dass
sich dieses – an sich lobenswerte – Verhalten des Auftragnehmers zu einer Haftungsfalle
entwickeln kann, musste ein Fassadenbauer im Rahmen einer kürzlich veröffentlichten
Gerichtsentscheidung zur Kenntnis nehmen.
samtzustand der Fassade fest-
gestellt. Ausgangspunkt der
gerichtlichen Streitigkeiten war
die Klage des Fassadenbau-
ers auf Zahlung des ausstehen-
den Werklohns in Höhe von
353.808,91 Euro nebst Zinsen.
Gerichtliche Entscheidung
Die Klageforderung wurde
letztendlich vollumfänglich zu-
rückgewiesen. Dies wurde von
gerichtlicher Seite damit be-
gründet, dass die Anbringung
der Wandpaneele unbrauchbar
war, so dass sich der Auftrag-
nehmer so behandeln lassen
muss, als hätte er die Fassaden-
bauleistung gar nicht erbracht.
Es wird von gerichtlicher Seite
Folgendes herausgearbeitet:
Der Auftragnehmer haftet trotz
Bedenkenanmeldung für Män-
gel an einer Fassade, wenn er
durch eine spezielle Befesti-
gungskonstruktion auf der Un-
terseite der Verkleidungsele-
mente sowie durch Verklebun-
gen (erfolglos) versucht, die von
ihm festgestellten Verformun-
gen auszugleichen (vgl. BGH,
Beschluss vom 24.01.2018, VII
ZR 153/16).
samtzustand der Atriumfassa-
de geleistet. Der Auftragnehmer
hat mithin durch sein eigenes
Handeln den Mangel verur-
sacht.
Dem Auftragnehmer kann im
Ergebnis nur davon abgeraten
werden, nach dem Absetzen ei-
ner Bedenkenmitteilung unmit-
telbar – möglicherweise noch in
gutem Glauben – und mit dem
Auftraggeber nicht hinreichend
abgestimmt technische Maß-
nahmen umzusetzen, um den
Bedenken abzuhelfen. In der-
artigen Fällen ist eine Entschei-
dung und eine ausdrückliche
Anordnung des Auftraggebers
zum weiteren Verfahren anzu-
fordern, bevor der Bedenken-
sachverhalt vom Auftragnehmer
bearbeitet wird.
Rechtsanwalt Jörg Teller ist Part-
ner in der Frankfurter Kanzlei
SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft
mbH
(www.smng.de)
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