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FASSADE 4/2018
TECHNIK
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Aus der Sachverständigenpraxis
Sachverhalt
Für ein Bürogebäude mit 1700 Mitarbeitern
wurde im Untergeschoss ein Betriebsrestau-
rant eingerichtet und mit einem 1000 qm
großen Glasdach überdeckt. Das Glasdach
befindet sich im Innenhof und ist von allen
Seiten mit 30 m hohen Gebäuden umge-
ben. Es ist zur Reinigung und Wartung be-
tretbar. Die Abmessungen der Dachfläche
betragen L/B = 34,560/29,245 m, das Glas-
dach hat ein Bogenmaß mit einem Radi-
us R = 3.156 m. Die Glasfläche hat an allen
vier Seiten eine kastenförmige Rinne. Das
Regelmaß der Glasscheiben beträgt L/B =
3575/1175 mm, mit den geplanten Fugen-
breiten von 25 mm hat das System ein Ras-
termaß 3600/1200 mm. Die Tragkonstrukti-
on besteht aus T-förmigen Stahlprofilen mit
fest aufgeschraubten Aluminiumprofilen
als vorgefertigte Rahmen und den notwen-
digen Biegeradien vorproduziert. Zur Ver-
meidung von Kondensatbildung wurde am
Auflager der Glasscheiben ein elektrisches
Heizband als Profilbegleitheizung eingelegt.
Der Aufbau der Glasscheiben besteht von
außen nach innen aus Isolierglas mit 10 mm
Einscheibensicherheitsglas ESG, 15 mm
Scheibenzwischenraum SZR und 16 mm
Verbundsicherheitsglas VSG aus 2 x 8 mm
ESG. Die Fugen wurden mit einer elasti-
schen Abdichtung geplant, bestehend aus
einem T-förmigen Silikonprofil als Träger
und einer elastischen Silikonmasse mit den
Abmessungen B/H = 25/8 mm, die Flanken-
haftung am Rand der Glasscheiben wurde
mit einer Höhe von 5 mm bemessen. Der
Fugenanteil beträgt ca. 1175 m. Die Leistun-
gen Verglasung und Herstellung der dich-
ten Fugen wurden vom Auftragnehmer des
Glasdachs an einen Subunternehmer ver-
geben, der die Arbeiten eigenverantwortlich
abzuwickeln hatte. Der Subunternehmer
war bereits in der Planungsphase zur Bera-
tung der Detailausbildung Glasaufbau und
Herstellung der Fugendichtigkeit sowohl für
den Auftragnehmer als auch für den Bau-
herrn tätig.
Nach der Gebäudeübernahme durch den
Betreiber wurden in unregelmäßigen Ab-
ständen Wassereintritte festgestellt. Ers-
te Prüfungen ergaben Flankenabrisse der
elastischen Fugen an den Glasrändern. Der
Subunternehmer überzog die Flankenabris-
se anfangs mit einer elastischen Fugenmas-
se. Die fehlende Flankenhaftung wurde da-
durch nicht wiederhergestellt, sondern nur
kaschiert. Der Umfang an Wassereintritten
vergrößerte sich, Folgeschäden traten auf.
Ursachen
Eine erste Bestandsaufnahme vier Jahre
nach Abnahme der undichten Fugen ergab
einen Umfang von 39 Fehlstellen. Es wur-
de an fast allen Schadensstellen Flankenab-
risse in unterschiedlichen Einzellängen bis
20 cm festgestellt. Ein Fugenprofil enthielt
ein eingelegtes Schaumstoffband mit 14
mm Breite, die elastische Fugenmasse hatte
ein Überdeckungsmaß von weniger als 0,50
mm. Eine Dehnfähigkeit der elastischen
Dichtungsmasse war nicht vorhanden.
Die vertraglich vereinbarte Soll-Konstrukti-
on lautete:
– Fuge B = 25 mm, H = 8 mm, Flankenhaf-
tung H = 5 mm, mit elastischer Silikon-
masse
– dauerhafteVernetzung von Silikon und
Trägerprofil
– hohlraumfrei aufgebrachtes Silikon
– Silikon ohne Fremdkörpereinschlüsse
– seitliche Lippen des Trägerprofils auf
Höhe für Flankenhaftung 5 mm einge-
stellt
– durchgängiger und schadenfreier Einbau
von Trägerprofilen
Wassereintritt wegen fehlerhafter
Verarbeitung
Von Dipl.-Ing. Norbert Rolf
Undichte Glasdächer sind ein großes Ärgernis. Bauphysik, Dichtigkeit und optische
Anforderungen sind in einer relativ dünnen Schicht gebündelt. Glasdächer stehen besonders
in der Kritik, da sie in der Herstellung teurer als herkömmliche Konstruktionen sind. Optische
und bauphysikalische Anforderungen, Dichtigkeit für das gesamte Dach sowie der Ausgleich
temperaturbedingter Spannungen sind durch die Fugenkonstruktion zu erfüllen. Deshalb sind
sorgfältige Planung und Ausführung besonders wichtig, wie das folgende Beispiel zeigt.
Fotos (6):
© Norbert Rolf
Übersicht über das nach Fertigstellung undichte, mittlerweile aber ausgebesserte Glasdach.