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FASSADE 5/2017
BRANCHE
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RECHTSPRAXIS
Wareneingangskontrolle –
Rechtliche Anmerkungen (Teil 2)
„Verschärfungen“
im Vertrag oder in
ergänzenden Regelwerken
In zahlreichen Verträgen finden
sich Klauseln, die die ohnehin
anspruchsvollen Maßgaben zur
Untersuchung gelieferter Wa-
re sowie zur Erhebung einer et-
waigen Mangelrüge zu Lasten
des Käufers (z.B. Fassadenbau-
er) verschärfen. In der Praxis fal-
len immer wieder Vertragsklau-
seln auf, die eine Verkürzung der
Rügefrist des § 377 HGB vorse-
hen. Hiernach soll die Mangelrü-
ge nicht „unverzüglich“, sondern
„sofort“ oder innerhalb einer
Stundenfrist nach Anlieferung
formuliert und abgegeben wer-
den. Auch fallen Klauseln auf,
nach denen „offene“ sowie „ver-
borgene“ Mängel der gelieferten
Sache gleichermaßen zum Bei-
spiel innerhalb von drei Werk-
tagen nach Ablieferung gerügt
werden müssen. Grundsätzlich
gilt, dass bei Individualvereinba-
rungen, die gemäß § 305 Abs. 1
BGB im Einzelnen ausgehandelt
Schon in der vorherigen Ausgabe der FASSADE wurde das im Fassadenbau wichtige Thema der Wareneingangs-
kontrolle behandelt. Der zweite Teil befasst sich daran anknüpfend mit „Verschärfungen des §377 HGB“ im Ver-
trag oder in ergänzenden Regelwerken, aktuellen Entscheidungen der Gerichte sowie mit Hinweisen für die Praxis.
(bei denen der gesetzesfremde
Kerngehalt ernsthaft zur Dispo-
sition gestellt und demVerhand-
lungspartner Gestaltungsfreiheit
zur Wahrung eigener Interes-
sen eingeräumt wurde) wurden,
Klauseln möglich sind, die sich
u.U. erheblich zu Lasten des
Käufers auswirken und die Ob-
liegenheiten nach § 377 HGB
deutlich „verschärfen“ können.
Der Fassadenbauer sollte be-
sonders aufmerksam sein, wenn
entsprechende Klauseln verhan-
delt und gemeinsam beispiels-
weise in ein Verhandlungsproto-
koll eingetragen werden.
Handelt es sich dagegen um for-
mularmäßige Regelungen bzw.
für eine Vielzahl von Verträgen
vorformulierte
Vertragsbedin-
gungen nach § 305 Abs. 1 BGB,
die beispielsweise dem Fas-
sadenbauer bei Abschluss ei-
nes Vertrages gestellt werden,
kommt eine Prüfung anhand der
AGB-rechtlichen Maßgaben des
BGB und damit eine Unwirk-
samkeit derartiger formularmä-
ßiger Regelungen in Betracht.
Insofern begegnen Klauseln in
Allgemeinen
Geschäftsbedin-
gungen, die „sofortige“ Rüge-
fristen vorsehen, nicht unerheb-
lichen Wirksamkeitsbedenken.
Gleiches gilt für formularmäßige
Klauseln, bei denen auch „ver-
borgene Mängel“ innerhalb von
drei Werktagen nach Ablieferung
der Ware zu rügen sind.
Entscheidungen des
Bundesgerichtshofs und
des Oberlandesgerichts
Dresden
Die unzureichende Umsetzung
der Untersuchungs- und Rüge-
pflichten des § 377 HGB kann
dazu führen, dass der Fassaden-
bauer als Käufer für beanstan-
dungswürdige Bauteile den vol-
len Kaufpreis entrichten muss.
Dementsprechend beschäftigen
sich die Gerichte regelmäßig mit
der Thematik. Einer der kürz-
lich veröffentlichten Entschei-
dungen des Bundesgerichtshofs
lag folgender Sachverhalt zu-
grunde: Ein Unternehmer bezog
im Rahmen eines Großauftrages
zum Bau einer Trocknungsanla-
ge für Klärschlamm in China 80
Walzenzapfen von seinem Liefe-
ranten. Die Anlieferung der Wal-
zenzapfen erfolgte im Juni 2008.
Mit Blick auf einen Bruch der
Walzen hat der Auftragnehmer
gegenüber seinem Lieferanten
im Dezember 2008 erstmals eine
Mangelrüge erhoben.
Nach Ansicht des Oberlandes-
gerichts Dresden schieden Män-
gelansprüche des Auftragneh-
mers auch deswegen aus, weil
die vom Lieferanten geliefer-
ten Walzenzapfen gemäß § 377
HGB als genehmigt anzuse-
hen waren. Der Auftragnehmer,
der mit seinem Lieferanten ein
Handelsgeschäft im Sinne des
HGB abgeschlossen hat, habe
die Obliegenheit zu beachten,
die Ware unverzüglich nach Ab-
lieferung zu untersuchen – so-
weit dies nach ordnungsgemä-
ßen Geschäftsgang tunlich sei
– und einen sich dabei zeigen-
den Mangel unverzüglich an-
zuzeigen. Den insofern beste-
henden Rügeobliegenheiten sei
der Auftragnehmer nicht ausrei-
chend nachgekommen. Der Auf-
tragnehmer habe die Ware nach
deren Anlieferung nicht unver-
züglich gemäß § 377 HGB unter-
sucht und darüber hinaus den im
Dezember 2008 gerügten Man-
gel nicht mehr „rechtzeitig“ an-
gezeigt.
Der Bundesgerichtshof hat ver-
sucht, der weitreichenden An-
sicht des Oberlandesgerichts
Dresden durch eine Abwägung
der Interessen desVerkäufers und
des Käufers entgegenzuwirken.
Im Sinn einer neueren Entwick-
lung hat der Bundesgerichtshof
herausgearbeitet, dass die Anfor-
derungen an eine ordnungsge-
mäße Untersuchung und recht-
zeitige Anzeige nicht überspannt
werden dürfen (vgl. BGH, OLG
Dresden IBR 2016, 312).
Hinweise für die Praxis
Jeder Fassadenbauer sollte mit
den Untersuchungs- und Rü-
§
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