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RTS-Magazin 6/2017
Ein Projekt der TU Graz und der österrei-
chischen Energieagentur belegt: Zukunfts-
orientiertes Bauen funktioniert nicht ohne
zeitgemäßen Sonnenschutz – unabhängig
von der gewählten Bauweise.
In dieser Studie wurde die Sommer-
tauglichkeit verschiedener Bauweisen un-
tersucht. Wechselndes Nutzungsverhalten
wurde ebenso miteinbezogen wie verschie-
dene Kühlstrategien, Gebäudeausrich-
tung, gängige Grundrisse, unterschiedliche
Raumkonfigurationen und -größen sowie
übliche Fensterflächenanteile. Am Ende
war klar: Ganz egal, ob das neue Heim als
Massiv- oder Leichtbau errichtet wird, das
richtige Lüftungs- und Beschattungskon-
zept macht letztendlich den wesentlichen
Unterschied. Johann Gerstmann, Sprecher
des Bundesverbandes Sonnenschutztech-
nik: „Diese Studie zeigt vor allem eines ein-
deutig: Alte Ansätze sind nicht auf das neue
und zukunftsorientierte Bauen und Sanie-
ren übertragbar.“ Und ohne die richtige
Kombination von Beschattung und Lüftung
verzichtet man auf jede Menge Wohnkom-
fort bei gleichzeitig höherem Energieauf-
wand.
Immer wärmer
Laut Zentralanstalt für Meteorologie und
Geodynamik (ZAMG) lag das Jahr 2016 um
ein Grad über dem vieljährigen Mittel und
Studie belegt: Sonnenschutz ist Pflicht
ist das viertwärmste Jahr der letzten 250
Jahre. Die drei wärmsten Jahre der Messge-
schichte stammen alle aus der jüngerenVer-
gangenheit: 2014, 2015, 1994. 2016 brachte
zehn überdurchschnittlich warme und nur
zwei zu kühle Monate, die höchste Tempe-
ratur des Jahres betrug 36 Grad. „Die Ten-
denz zu ständig steigenden Temperaturen,
der von Experten prognostizierte Klima-
wandel, aber auch die modernen Gebäude
mit geringem Heizwärmebedarf stellen uns
vor große Herausforderungen. Diese kön-
nen durch sinnvolle Planungen relativ ein-
fach gelöst werden – allerdings müssen sie
von Anfang an mitgedacht werden“, so Jo-
hann Gerstmann.
Bauweise nicht entscheidend
Gemeinsam mit dem beratenden Planer
steht am Beginn meistens die Entschei-
dung, ob das neue Heim aus Mauerwerk,
Ziegel, Beton oder doch aus Holz sein soll.
Alle diese Bauweisen und dazugehörigen
Baustoffe weisen jeweils ihre ganz spezi-
fischen Vor- und Nachteile auf. Wie jedoch
die Ergebnisse der Studie belegen, ist der
Einfluss der verschiedenen Bauweisen auf
die durchschnittlichen Temperaturen im
Haus nicht so deutlich ausgeprägt, wie es
allgemein angenommen wird. Der haupt-
sächlich wahrnehmbare Effekt, der auf die
Speichermasse zurückzuführen ist, ist die
geänderte Trägheit und damit die Reak-
tionszeit des Gebäudes auf Temperatur-
schwankungen: Gebäude in massiver Bau-
weise überschritten in der Studie das in der
Norm vorgesehene 27-Grad-Kriterium für
den Tag seltener, führen aber zu höheren
Nachttemperaturen. Andererseits sind Ge-
bäude mit leichter Bauweise in der Lage,
rascher auf nächtliche oder wetterbedingte
Abkühlungen zu reagieren.
Verschattung macht den
Unterschied
Die wirksamsten präventiven Maßnahmen
gegen sommerliche Überwärmung sind
gutes Beschatten und wirksames Nach-
lüften. Denn laut der Studie ergeben sich
die niedrigsten Raumtemperaturen – un-
abhängig von der Bauweise – durch eine
konsequente, am besten automatisch ge-
steuerte temporäre Beschattung. Die Som-
mertauglichkeit kann zwar auch über den
Luftwechsel erreicht werden – allerdings
nur in der simulierten Theorie. In der Praxis
stellen nämlich auch Privatsphäre, Tropen-
nächte, Lärm, Insekten und Sicherheitsbe-
dürfnisse wesentliche Kriterien dar – sowie
technische Gründe, denn ein hoher Luft-
wechsel bedeutet nicht automatisch, dass
er auch kühlwirksam ist. Johann Gerst-
mann dazu: „Zeitgerechte Beschattung
am Tag und kühlwirksamer Luftwechsel in
BVST/Griesser AST
Eine neue Studie belegt: Sonnenschutz ist bei jeder Bauweise Pflicht.