Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8 / 52 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8 / 52 Next Page
Page Background

Zur Auslegung von Seiltrieben in Auf­

zügen ist in vielen Fällen auch heute noch

die experimentelle Untersuchung an

Seilmuster, wie zum Beispiel die

Bestimmung des Dehnungsverhaltens in

Seil-Längsrichtung, unerlässlich. Das In-

stitut für Fördertechnik und Logistik (IFT)

der Universität Stuttgart befasst sich seit

der Gründung mit der Forschung im

Bereich der Seiltechnologie.

S

eile sind als Tragmittel in vielen modernen

Aufzügen ein entscheidender Faktor für

die Standzeit und die Wartungsintensität

des gesamten Systems. Das Seil muss nicht nur

verschleißfest sein, es muss auch seinen Ver-

schleißzustand und vor allem den Zeitpunkt der

Ablegereife sicher anzeigen. Die Ablegereife des

Seils ist erreicht – es ist also dauergeschädigt –

wenn das System zwar noch sicher funktioniert,

jedoch in naher Zukunft ein unsicherer Zustand

erreicht werden könnte.

Ebenso kann es zum Beispiel durch äußere

mechanische Einflüsse zu einer spontanen Schä-

digung des Seils kommen – das geschieht häufig

im Bereich Kranbau. Seile in Aufzügen verschlei-

Seile als Tragmittel

in Aufzügen

Ropes as lifting gear in lifts

ßen dagegen meistens wegen der Überrollungen

der Scheiben. Wichtig dabei ist, dass die soge-

nannte Ablegereife, der Zeitpunkt des Seiltau-

sches, deutlich und zuverlässig angezeigt wird.

Außerdem kann ein zu hohes Elastizitätsmodul

(E-Modul) die Seile bei der Belastung der Kabine zu

stark dehnen und dadurch ein höchst unkomfor-

tables Absacken der Kabine beim Einstieg und Re-

gelungsprobleme am Fahrantrieb auslösen. Noch

problematischer kann dabei eine Änderung des

E-Moduls und damit der Seildehnungseigenschaf-

ten über die Seil-Lebensdauer sein. Neben der

Lebensdauer der Tragmittel ist das E-Modul ein

wichtiger Parameter für Aufzugsseile und sollte

anwendungsbezogen bestimmt werden.

Das IFT (siehe Kasten) macht regelmäßig auf

den institutseigenen Zugprüfmaschinen Ver-

suche zur E-Modulmessung. Die Seilspannungs-

Seildehnungs-Kurve über die Seilkraft verläuft

nicht linear. Deshalb ist es sehr wichtig, im Ver-

such die Anwendung des Seils und die damit

verbundenen auftretenden Seilkräfte bei der

Messung zu berücksichtigen.

So werden für die Seilzugkräfte üblicherweise

Sicherheitsfaktoren für das Tragmittel zwischen

14 und 25 angewendet. Am IFT sind drei Messauf-

bauten zur Dehnungsmessung des Seils für ver-

SEILDEHNUNG BEIM 10. BELASTUNGSZYKLUS (ABB. 2)

Abb. 2: Auswertung der E-

Modul-Messung, Tangen-

ten- und Sekantenmodul

Fig. 2: Evaluation of e-mo-

dulus measurement, tan-

gent and secant modulus

schiedene Kraftbereiche vorhanden, die in zwei

Zugprüfmaschinen eingebaut werden (Beispiel

in Abb. 1). Entweder kann die Messung durch ein

am Seil an den beiden Messstellen geklemmtes

Parallelgestänge oder durch zwei parallel aus-

gewertete Seilweggeber gemacht werden (darge-

stellt in Abb. 1). Das Ergebnis der Messung ist ein

Kraft-Dehnungs-Diagramm (Abb. 2).

Üblicherweise wird im Versuch der Sekanten-

Elastizitätsmodul nach Feyrer [1] bestimmt (gelb

in Abb. 2). Dafür wird das Seil zwischen den im

Betrieb des Seils minimal und maximal auftre-

tenden Seilkräften geschwellt, also mehrfach

hintereinander die untere und obere Grenzkraft

angefahren. Im Anschluss wird zum Beispiel der

zehnte Schwellzyklus ausgewertet, also die Seil-

dehnung beim Durchlaufen der beiden Betrach-

tungsgrenzen aus dem Mess-Schrieb bestimmt.

An den Schnittpunkten der Dehnungsverläufe

mit den Betrachtungsgrenzen kann auch zusätz-

lich zum Sekantenmodul das Tangentenmodul

(rot dargestellt in Abb. 2) bestimmt werden. Wich-

tig ist in allen Fällen die Unterscheidung von

Be- und Entlastung, da sich durch innere Reibung

im Seil das Elastizitätsverhalten je Richtung zum

Teil deutlich unterscheiden kann. 

STEFAN HECHT

Der Autor ist Diplom-Ingenieur und Leiter der For-

schergruppe Zerstörende Seilprüfung des Instituts

für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität

Stuttgart.

[1] Feyrer, K., Wehking, K.-H.: Drahtseile – Bemessung,

Betrieb, Sicherheit, Springer Verlag, Berlin, 2018

Quelle: © IFT

LIFT

journal 

02.

2019

8 PERSPEKTIVEN

 PERSPECTIVES