glas+rahmen
10.17
verbände
52
g+r:
Zunächst: Wie würden Sie Ihre Innung insgesamt
charakterisieren?
block:
Wir sind eine Innung, die zweifellos Probleme
hat, aber auch viel Potenzial. Und die Probleme sind wir
in letzter Zeit gezielt angegangen. So haben wir den Be-
ruf für Nachwuchskräfte wieder attraktiver gemacht und
die Ausbildungsvergütungen erhöht, mit denen wir weit
hinten rangierten. Im ersten Lehrjahr liegt sie jetzt statt
bei 300 bei 550 Euro, im zweiten Lehrjahr bei 660 und
im dritten bei 790 Euro. Das ist guter Durchschnitt. Zu-
mindest in dieser Hinsicht sollte es etwas leichter wer-
den, geeignete Bewerber zu finden. Wir suchen aktiv.
In unserer Schule gibt es jährlich Führungen für bis zu
700 Schulabgänger, und wir haben Flüchtlinge als Klien-
tel für unser Handwerk und verschiedene Ausbildungs-
möglichkeiten gefunden, die Perspektive bieten.
g+r:
K
önnen Sie das Angebot für Flüchtlinge etwas prä-
zisieren?
block:
Speziell geht es um eine vierjährige Ausbildung
für Flüchtlinge, die zunächst zwei Jahre schulische Aus-
bildung umfasst, wo es intensiv auch um Deutschkennt-
nisse und allgemeines Fachwissen geht. Danach sollen
die Auszubildenden – ins zweite Lehrjahr eingestuft –
in die duale Ausbildung in die Betriebe übergehen. Nach
vier Jahren folgt die Gesellenprüfung. Das Angebot ist
zunächst einmalig als Pilotprojekt geplant. Wir möchten
es aber verstetigen. Es sollte eigentlich im September be-
ginnen, doch da unsere Ausbilder noch durch Wieder-
holer und eine andere Bildungsmaßnahme gebunden
waren, arbeiten wir intensiv auf 2018 hin. Da wollen wir
mit 16 bis 20 Auszubildenden starten.
g+r:
Das sieht nach einer Chance für die Schule aus.
Doch zunächst: Hat das Glaserhandwerk in Berlin aus Ih-
rer Sicht überhaupt noch goldenen Boden?
block:
Unbedingt. Es geschieht ja viel imBeruf in Rich-
tung Glastroniker. Auch Arbeit für Glaser gibt es in Ber-
lin genug, wenngleich die Zahl der Handwerksbetriebe
im Sinne einer gewissen Marktbereinigung eher etwas
abnimmt. Als Innung mit mittlerweile 74 Mitgliedsbe-
trieben ringen wir weiter damit, dass nur ein „harter
Kern“ aktiv ist. Gerade jüngere Kollegen sehen zwar teil-
weise den Sinn und die Notwendigkeit solchen Engage-
ments, doch wollen sie sich in der Freizeit lieber um ih-
re Familie kümmern.
g+r:
Wie kann man aus Ihrer Sicht mehr Kollegen für die
Mitgliedschaft in der Innung interessieren?
block:
Wir müssen die Vorzüge noch besser kommu-
nizieren. Wir arbeiten gerade an einer Auflistung aller
– auch finanziellen – Vorteile, die mit der Innungsmit-
gliedschaft einhergehen - angefangen von der Erstbera-
tung über Rechtsanwälte und Serviceleistungen bis hin
zu Rahmenverträgen, die Sonderkonditionen bei Strom,
Fahrzeugkäufen und Versicherungen bieten. Da kommt
mehr zusammen, als man vermutet.
Innungsobermeister
Rolf Block ist seit 22
Jahren selbstständig
mit seiner Kunst- und
Bauglaserei. Seit mehr
als 21 Jahren arbeitet
er ehrenamtlich im
Innungsvorstand mit.
„Als Innung mit
mittlerweile 74
Mitgliedsbetrieben
ringen wir weiter
damit, dass nur ein
,harter Kern‘ aktiv
ist.“
Vorsichtig optimistisch
Die Berliner Glaser-Innung treiben Sorgen um die Rudi Sturm-Schule
um. Eigentlich ist das innungseigene Ausbildungszentrum ein
Pfund, mit dem man wuchern kann, doch die Fachschule erwies sich
in den vergangenen Jahren eher als klotz am Bein. So musste eine
Sonderumlage zur Finanziellen Stabilisierung beschlossen werden.
Wie sich die Lage aktuell darstellt, erläutert Innungsobermeister
Rolf Block im Gespräch mit Glas+Rahmen.
Foto: © Tanja Fügener