glas+rahmen
04.17
technik
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technik
fachartikel
Für großformatige
Isoliergläser ergeben
sich in zahlreichen
Fällen sogar geringere
Glasdicken.
teren Nachweis verwenden darf, wenn bestimmte Vor-
aussetzung erfüllt sind. Demnach ist – wie bisher – zu-
mindest nachzuprüfen, ob die genannten Voraussetzun-
gen erfüllt sind.
mythos 4:
Durch die Einführung der Norm ist nicht
mehr klar, wer eigentlich für die Bemessung verantwort-
lich ist.
Zunächst gilt: Der Fachbetrieb ist seinem Kunden ge-
genüber immer dafür verantwortlich, dass sein Produkt
den anerkannten Regeln der Technik entspricht, hier al-
so: nach der Norm bemessen wurde. Die Verantwort-
lichkeit kann natürlich bei einem konkreten Vertrags-
abschluss dahingehend geregelt werden, dass der Kunde
selbst für die Dimensionierung verantwortlich ist (in-
dem er zum Beispiel einen Statiker beauftragt).
mythos 5:
Die Isolierglasindustrie hat – ohne Rücksicht
auf die Verarbeiter und das Handwerk – die Norm extra so
gestaltet, dass alle Gläser dicker werden als früher.
Für großformatige Isoliergläser ergeben sich im Ge-
genteil in zahlreichen Fällen sogar geringere Glasdicken.
Für sonst nicht nachweisbare kleinformatige Isolierglä-
ser sind dickere Gläser auch eine „bedenkliche Lösung“,
weil die Scheiben zum Nachteil des Randverbundes ent-
lastet werden (siehe auch Mythos 6). Die konstrukti-
ven Randbedingungen sind den bisherigen sehr ähnlich,
weitgehend sogar identisch. Lediglich die Durchbie-
gungsbeschränkungen sind nun einheitlich auf „1/100
der Stützweite in Scheibenmitte“ festgelegt, wobei aber
bei Vertikalverglasungen auch gewisse Überschreitun-
gen zulässig sind.
mythos 6:
Es muss jetzt überall ESG verwendet werden.
Neben bestimmten Dreifach-Aufbauten zeigen sich
bei kleineren Scheiben in Lastfällen, in denen die Klima-
last maßgebend ist, unzulässig hohe Spannungsausnut-
zungen. Das geeignete Gegenmittel sind hier nicht di-
ckere Gläser (die führen zu höherer Belastung des Rand-
verbundes, weil sie steifer sind), sondern der Einsatz von
ESG. Dass kleine Scheiben, insbesondere mit ungünsti-
gem Seitenverhältnis, problematisch zu dimensionieren
sind, ist lange bekannt. Durch das Bemessungskonzept
der DIN 18008 und das damit verbundene Sicherheits-
niveau haben sich allerdings diese Fälle auf mehr Schei-
benformate als früher ausgedehnt, so dass ein beträchtli-
cher Teil der marktgängigen Formate betroffen ist und in
der gewohnten Ausführung „2 x 4 mm Float“ nicht mehr
nachgewiesen werden kann. Wenn die Scheiben kleiner
als 1,6 m² sind, gilt derzeit die Nachweiserleichterung
(vgl. Mythos 3). Dennoch gibt es hier ein Problem, das
tatsächlich während der ganzen, zehn Jahre lang dauern-
den Arbeit an der Norm nicht aufgefallen ist oder nicht
angegangen wurde. Der zuständige Normenausschuss
hat das erkannt und diskutiert derzeit eine Reform der
Glasbemessung für kleinformatige Isoliergläser mit ei-
ner Fläche bis zu 2 m². Die Begründung dafür ist, dass
die möglichen Schadensfolgen bei einem Versagen all-
seitig gelagerter, normaler Verglasungen bis zur Größe
von 2 m² als überschaubar angesehen werden – eine Ge-
fahr für Leib und Leben wird von diesen Scheiben nicht
ausgehen. Das Ergebnis dieser Reformwird voraussicht-
lich sein, dass der Nachweis der Spannungen für solche
kleinformatigen Isoliergläser auf dem Sicherheitsniveau
der Gebrauchstauglichkeit geführt werden darf und da-
mit unter dem Niveau der alten TRLV liegt. Diese Re-
form soll dann auch für alle kleinformatigen Isolierglä-
ser gelten und nicht nur für Vertikalverglasungen mit
weiteren Einschränkungen (vgl. Mythos 3). Deshalb soll
dann allerdings nach heutigem Stand sozusagen „imGe-
genzug“ die bisherige Nachweiserleichterung entfallen.
Wie sich der Fachbetrieb verhalten sollte
Die Änderung der Anforderungen bei kleineren Schei-
ben wie unter „Mythos 6“ beschrieben kann nach heu-
tigem Stand frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2017
in Kraft treten. Bis dahin gilt die Norm so, wie sie ist,
und man ist gut beraten, sich mit ihr zu befassen und sie
einzuhalten. Der Fachbetrieb haftet seinem Kunden ge-
genüber für die Einhaltung der Norm. Wie beschrieben
(siehe Mythos 3), gilt bei Scheiben bis 1,6 m², wie schon
früher bei der TRLV, derzeit weiterhin die Nachweiser-
leichterung. Sie wurde schon immer gerne so ausgelegt,
dass hier „alles erlaubt“ sei. Kann man hier also nach Er-
fahrungswerten bzw. „Pi mal Daumen“ dimensionieren?
Natürlich haftet der Fachbetrieb trotzdem dafür, dass
er ein Produkt liefert, das seinen Zweck erfüllt, das also
funktionstauglich ist. Wenn die Glasscheibe ihren Zweck
nicht erfüllt und bricht, so wird der Richter im Zweifels-
fall einen Sachverständigen mit der Klärung der Ursache
des Glasbruches beauftragen. Im Rahmen der Vorarbei-
ten zu seinemGutachten wird der Sachverständige als ers-
tes danach fragen, wie der Fachbetrieb die Dimensionie-
Bild: Vössing
die autoren
Dipl.-Ökonom
Jochen Grönegräs
ist Hauptgeschäfts-
führer des Bundes-
verbandes Flach-
glas e.V., Troisdorf.
Dipl-Ing. Markus
Broich ist im
Bundesverband
Flachglas e.V.
zuständig für die
Bereiche Technik
und Normung.