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glas+rahmen

03.18

technik

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technik

fassaden

Gussglas prägt Zukunftsbau

Die Fassade des „Futurium – Haus der Zukunft“ in Berlin besteht aus

tausenden rautenförmigen Kassetten mit Metallreflektoren

und keramisch bedrucktem Gussglas. Sie zeigt, wie eine nahtlose

Integration von transparenten und opaken GebäuDeanteilen und

eine durchgehende optische Tiefe erzielt werden können.

die steigenden energetischen

Anforderungen

am Bau führen zu einem wachsenden Anteil der opa-

ken, hochgedämmten Fassade in der Gebäudehülle. Das

imHerbst 2017 fertiggestellte, hoch energieeffiziente Fu-

turium in Berlin zeigt wie eine nahtlose Integration von

transparenten und opaken Gebäudeanteilen und eine

durchgehende optische Tiefe erzielt werden können. Bei

ihrem Entwurf ließen sich die Architekten Christoph

Richter und Jan Musikowski von zwei wesentlichen Ide-

en leiten: Zum einen soll das Futurium ein „Zukunfts-

gefäß“ sein – mit einer eigenständigen Form und star-

ken Raumsequenzen. Zum anderen wollte man es mit

einer robusten und gleichzeitig fragilen Hülle umschlie-

ßen. Entstanden ist ein Baukörper, der am Spreebogen

als eine Art „gelandete Wolke“ zwischen den steinernen

Blockrandbauten seine ganz eigene Anmutung entfal-

tet. Gemeinsam mit dem Planungs- und Beratungsbüro

Arup und der Industrie entwickelten die Architekten ein

innovatives, modulares Fassadensystem, das aus vorge-

fertigten Glas-Metallkassetten besteht. Das optische Zu-

sammenspiel reflektierender, transluzenter und transpa-

renter Oberflächen und deren mehrlagige Anordnung

führt zu einem schimmernden Fassadendesign, das sich

abhängig von Tageszeit, Lichtverhältnissen und Betrach-

tungswinkel stetig wandelt. Die Variabilität des Systems

ermöglicht fließende Übergänge von Warm- und hin-

terlüfteten Kaltfassaden, vertikalen, geneigten und hori-

zontalen Flächen und die Integration von Öffnungs- und

Sonderelementen wie Fenster und Türen und stärkt so-

mit das einheitliche Erscheinungsbild und die skulptu-

rale Qualität des Baukörpers.

Keine mechanische Glassicherung

Die Stückzahl von über 7.500 ermöglichte die vollstän-

dige Vorfertigung und Konfektionierung der rautenför-

migen Kassetten imWerk. Jede Kassette, die an der Ost-

undWestfassade sowie an den Eingangsuntersichten ver-

baut wurde, besteht aus einem teilweise bedruckten, sechs

Millimeter starkem Gussglas (Decorglass SGG SR List-

ral L von Saint-Gobain Glass) mit einer Kantenlänge von

70 Zentimetern, das umlaufend mit einem rückseitigen

Reflektor aus gekantetem Edelstahl verklebt wird. Erst-

Foto: © Arup/Rossmann, Berlin

mals konnte laut Arup bei einem Bauvorhaben dieser Grö-

ßenordnung in Deutschland auf mechanische Sicherungen

der Gläser verzichtet werden. Durch umfangreiche bautech-

nische Versuche der Bundesanstalt für Materialforschung

wurde die Dauerhaftigkeit der Verklebung unter der kom-

binierten Einwirkung von mechanischen und klimatischen

Beanspruchungen nachgewiesen. „Die Konfektionierung der

vorgefertigten Kassetten ermöglicht eine bei hinterlüfteten

Fassaden bisher unbekannte gestalterische Vielfalt. Wenige,

wiederverwendbare Komponenten führen zu einer umfas-

senden Anpassungsfähigkeit und Wandelbarkeit. Die Kas-

sette stellt damit eine eigenständige Produktentwicklung

dar, die auf den Prinzipien der Circular Economy beruht“,

eklärt Dr.-Ing. Jan Wurm, Leiter Forschung & Innovation

in Europa bei Arup.

Grafischer Wolken-Abdruck

Ein großen Anteil an dem außergewöhnlichem Design der

Kassetten hat das Gussglas. „Das Gussglas ermöglicht ein

vielfältiges Lichtspiel. ImGegensatz zu transparentemGlas

streut und moduliert es das Licht mit den Umgebungsre-

flektionen“, erklärt Architekt Christoph Richter. „Für uns

ist das ein wichtiger gestalterischer Effekt.“ Das reflektier-

te Licht erzeugt ein sich mit der Tages- und Jahreszeit be-

ständig änderndes Erscheinungsbild. Die weiße Bedruckung

tritt als lichtempfangende Ebene vor allem nachts hervor.

Das Futurium ist ein

neuer architektonischer

Eyecatcher am Berliner

Spreebogen. Auf rund

3.200 Quadratmetern

Ausstellungsfläche soll

das Zentrum für Zu-

kunftsgestaltung faszi-

nierende Einblicke in

die Welt von morgen

eröffnen und selbst ein

visionäres Raumkonzept

verkörpern.