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RTS-Magazin 12/2016

Formgebung an nebeneinander aufgereihte

Rollladenschränke und spiegeln so den

Werkstattcharakter der Kunstschule wider.

Ein Eindruck, der durch die vorgehängten

Fassadenelemente aus goldfarbigem Alumi-

niumgewebe, die wie hochgezogene Jalou-

sien wirken, unterstrichen wird. Die in den

weiß getünchten Beton eingelassene In-

schrift „dekorativ und industriell“ steht für

die beiden Pole der hier vermittelten Kunst.

Puristische Transparenz

In dem mittleren Gebäudeteil zieht eine 320

Quadratmeter große pfostenlose Eingangs-

halle mit fünf Meter hoher, geschwunge-

ner Decke den Besucher geradezu magisch

in das Gebäude hinein. Die puristische Li-

nienführung der Halle vermittelt durch

große Glasflächen an einer Empore und

an der Stirnwand sowie zahlreiche Fens-

ter und Türen, die teils nach draußen, teils

aber auch in Nachbarräume führen, den

Eindruck maximaler Offenheit und Trans-

parenz. Boden, Wände und Decke sind ganz

in Weiß gehalten. Naturbelassenes Holz an

zwei schmalen Wandtresen, die mit verein-

zelten filigranen Hockern in Bordeaux und

Grün zwei Wände säumen, setzen behut-

same, natürliche Farbakzente. In dem links

von der Eingangshalle gelegenen Gebäu-

deteil befindet sich im Erdgeschoss ein 200

Quadratmeter großer Saal für Bildhaue-

rei und Keramikkunst. Den dritten Gebäu-

deflügel prägt an gleicher Stelle ein großes

Atelier für Malerei. In den ersten und zwei-

ten Etagen sind darüber hinaus zahlreiche

Kursräume, Werkstätten und Ateliers für

Malerei, Gravur- und Textilkunst, Foto und

Multimedia untergebracht. Auch hier domi-

nieren Weiß und Glas, gepaart mit schwar-

zen Fensterrahmen.Vereinzelte Farbakzente

– beispielsweise an den Türzargen

– in Orange, Gelb und Hellgrün

verleihen den Räumlichkeiten ihre

frische, heitere Wirkung. Im Erd-

geschoss des zehn Millionen Euro

teuren Baus laden temporäre Aus-

stellungen und eine neue Kunstbi-

bliothek zumVerweilen ein.

Symbolträchtiger

Sonnenschutz

Die Konstruktion aus Fertigbeton-

teilen verdeutlicht die skulpturale

Dimension des Gebäudes. Ihre

raue Oberfläche bildet einen be-

wussten Kontrast zu dem glatten

Glas und dem Glanz der metalli-

schen Haut. Diese Metallfassade

verstehen die Architekten als zen-

tralen Bedeutungsträger und archi-

tektonische Signatur. Ihr warmer

Goldton steht dabei stellvertre-

tend für die Gebäudefunktion als Hort ei-

ner Kunstschule. Da in allen künstlerischen

Disziplinen Metall direkt oder indirekt mit

einfließt, soll sie die angehenden Künstler

zur Reflexion über die Bedeutung der Ma-

terialwahl und Farben, ihrer Beschaffenheit

und Kombination bei der Umsetzung ihrer

Werke inspirieren. Zugleich übernimmt das

semitransparente Metallgewebe die Auf-

gabe einer schützenden Membran zwischen

Außenwelt und Innenleben der Schule. So

wird dem gewünschten Grad an künstleri-

scher Intimität ebenso Rechnung getragen

wie dem erklärten Wunsch nach Transpa-

renz für die Bürger der Stadt. Abends wird

die Metallfassade bei innen beleuchtetem

Gebäude transparent und bietet so unge-

hinderte Einblicke in die Räumlichkeiten,

während tagsüber die Reflexion der Son-

nenstrahlen die Kunstschule in ein kostbar

schimmerndes Kleinod verwandelt. Diese

außergewöhnliche Ästhetik paaren die ge-

webten Fassadenelemente mit effektivem

Blend- und Sonnenschutz. So filtern sie

weiches Licht für die nach Osten ausgerich-

teten Ateliers und verhindern überdies das

Aufheizen des gesamten Schulge-

bäudes. Neben Aufenthaltskomfort

leisten sie dadurch einen wertvol-

len Beitrag zu dem anspruchsvollen

Nachhaltigkeitskonzept der Kunst-

schule.Von allen Räumen seh- oder

auch begehbare bepflanzte Innen-

höfe, begrünte Dächer oder auch

von Kletterpflanzen umspielte

Mauern stehen hierfür ebenso wie

Solarpaneelen auf der Südseite des

Gebäudes, wo die flexibel zu ge-

staltenden Wohnungen liegen. Für

Schüler und Bürger ist die großfor-

matige, dreiteilige textile Membran

jedoch vor allem eine identitäts-

stiftende Visitenkarte, die die jahr-

hundertealte Tradition des Klöppel-

handwerks ebenso visualisiert wie

das künstlerische Handwerk zeitge-

nössischer Gestaltung.

www.gkd.de

Das semitransparente Metallgewebe übernimmt die Aufgabe einer

schützenden Membran zwischen Außenwelt und Innenleben der

Schule.

Als Symbol der wiederbelebten Stadtmitte ist der dreigeschossige Bau zugleich ein Begegnungsraum.

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