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TECHNIK
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Objekte
FASSADE 4/2017
Kleinteiliger Mauerwerks-
charakter gefragt
Die architektonischen Anforde-
rungen des Büros Meurer Ge-
neralplaner (Frankfurt) nach ei-
ner Kleingliedrigkeit der Fassade
standen im Mittelpunkt der tech-
nischen Betrachtung. Bei der Be-
rücksichtigung
wirtschaftlicher
Plattenformate und dem Ziel der
wärmeschutztechnischen Mini-
mierung von Verankerungspunk-
ten ist es oftmals schwierig, ei-
nen massiven, kleinteiligen Mau-
erwerkscharakter einer Fassade
darzustellen. Die Lösung bestand
darin – sowohl vertikal als auch
horizontal –, im Versatz ange-
ordnete Blindfugen in die Natur-
steinplatten einzufräsen und die-
se später in der Optik einer Mau-
erwerksfuge zu versiegeln. Damit
konnte der Mauerwerkscharakter
innerhalb wirtschaftlicher Plat-
tenformate umgesetzt werden.
Eine massive Anmutung entsteht
auch an den Gebäudeecken, wo
nur 40 Millimeter starke Haken-
steine verbaut sind. Der Einsatz
modernster Seilsägetechnik und
5-Achs-Fräsen sowie die seriel-
le Verschachtelung der einzelnen
Winkel in der Produktion ermög-
lichten einen ressourcenschonen-
den Umgang mit dem Material. Die Oberflä-
chen wurden stahlsandgesägt ausgeführt.
Besonders nachhaltige Umsetzung
Eine besonders nachhaltige Bauweise stand
für das kulturell sensible Projekt von Beginn
an im Vordergrund und konnte an der Na-
tursteinfassade vorbildlich umgesetzt wer-
den. Mit dem Wüstenzeller Sandstein aus
dem Einzugsgebiet von Frankfurt wurde ein
Stein gewählt, der seit Millionen von Jah-
Nachhaltig überzeugend
Stadthaus am Markt in Frankfurt erhält außergewöhnliche Natursteinfassade
Als erstes Gebäude der neuen Frankfurter Altstadt wurde 2016 das Stadthaus am Markt
(SAM) fertiggestellt. In direkter Nachbarschaft zum Römer und dem Dom bildet die schützende
Überbauung der historischen Stadtmauern das Kernstück des neuen Domrömerquartiers. Das
SAM fällt mit seiner außergewöhnlichen Natursteinfassade direkt ins Auge.
ren als fertiger Baustoff in der Natur vor-
liegt. Zur Herstellung des Rohstoffs ist kei-
ne Energie mehr nötig. Auch der Anteil der
Energie zur weiteren Verarbeitung ist im
Vergleich zu anderen Baustoffen sehr ge-
ring. Außerdem konnte durch die Minimie-
rung der Transportwege ein wesentlicher
Beitrag zur Verringerung des CO
2
-Aussto-
ßes geleistet werden. Die Rohblöcke wur-
den im Steinbruch bei Wüstenzell gewon-
nen und in den nur 14 Kilometer entfern-
ten Produktionswerken der Firma Hofmann
Naturstein bei Gamburg zum fer-
tigen Endprodukt weiterverarbei-
tet. Von dort war der Weg bis zur
Baustelle mit genau 100 Kilome-
tern ebenfalls sehr gering.
100 Prozent recycelbare
Natursteinfassade
Die eingesetzte Energie für die
Verarbeitung wird bei Hofmann
mit einem eigenen Wasserkraft-
werk an der Tauber erzeugt und
verstärkt damit den ökologischen
Aspekt. Sowohl die regionale Ge-
winnung des Materials als auch
die Verarbeitung in hochmoder-
nen deutschen Werken leisten
nicht nur einen Beitrag zur Nach-
haltigkeit, sie liefern zugleich
wichtige Punkte zur energie- und
umweltgerechten Zertifizierung
eines Gebäudes. Das Leitbild der
Vereinten Nationen zum Thema
Nachhaltige Entwicklung wurde
auf vorbildliche Weise umgesetzt.
Die am „End-of-life“ zu 100 Pro-
zent recycelbare Natursteinfas-
sade sichert damit einen langle-
bigen, wartungsfreien und nach-
haltigen Witterungsschutz für das
Gebäude.
Objekttafel
Objekt:
Stadthaus am Markt, SAM (Frankfurt)
Bauherr:
DomRömer GmbH (Frankfurt)
Architekt:
Meurer Generalplaner (Frankfurt)
Fassadenbau:
Hofmann Naturstein GmbH &
Co. KG (Werbach-Gamburg)
Fertigstellung:
2016
Das Stadthaus am Markt (SAM) überzeugt mit einer
Natursteinfassade aus Wüstenzeller Sandstein.
H.-B. Wiederhold-Alt