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FASSADE 3/2017

BRANCHE

|

Aus der Rechtspraxis

Einzelfall Regelungen eines vor Jahren ge-

schlossenen Bauvertrags nachträglich ab-

geändert werden. Legen die Vertragspartei-

en anlässlich der Durchführung der Abnah-

me in einem Abnahmeprotokoll gemeinsam

ausdrücklich fest, dass das Abnahmeda-

tum den Beginn der Gewährleistung mar-

kiert und geben sie darüber hinaus ein fes-

tes Datum für das Ende der Gewährleis-

tung an, kann dies eine rechtsgeschäftliche

Abänderungsvereinbarung im Hinblick auf

frühere vertragliche Regelungen darstel-

len (OLG Düsseldorf, IBR 2017, 193). Vor

einigen Jahren hat das Oberlandesgericht

Braunschweig in einem ähnlich gelager-

ten Fall ähnlich entschieden und Folgendes

festgestellt: Weicht die in einem Abnahme-

protokoll individuell angegebene Gewähr-

leistungsfrist von der gesetzlichen oder der

ursprünglich vereinbarten Frist ab, ist die im

Abnahmeprotokoll angegebene Frist maß-

geblich, wenn das Protokoll von den Ver-

tragsparteien unterzeichnet wird (OLG

Braunschweig IBR 2013, 140).

Fazit

Den Bauvertragsparteien ist daher anzura-

ten, den Abnahmetermin sorgfältig – auch

mit Blick auf vertragliche Maßgaben – vor-

zubereiten und vorgelegte Abnahmepro-

tokolle nicht leichtfertig zu unterschreiben,

sondern diese zuvor genau durchzulesen

und gegebenenfalls vor Unterzeichnung –

juristisch – prüfen zu lassen.

Vorsicht bei der Abnahme

Abnahme

Grundsätzlich bedeutet „Abnehmen“ im

Sinne der §§ 640 BGB, 12 VOB/B die kör-

perliche Entgegennahme des (Bau-)Werks

– zumeist im Wege der Besitzübertragung

– verbunden mit der Anerkennung/Billi-

gung als in der Hauptsache vertragsgemäße

Erfüllung das Bauvertrages (vgl. z. B. Riedl/

Mansfeld, in Heiermann u. a.; VOB; 13. Aufl.

2013; VOB/B § 12 Rdnr. 4). Zur Dokumen-

tation kommt bei der Abnahme von Fassa-

denbauleistungen üblicherweise ein Abnah-

meprotokoll – regelmäßig von der Auftrag-

geberseite vorbereitet – zum Einsatz. Die

tägliche Beratungspraxis zeigt, dass die Bau-

beteiligten oftmals nicht wissen, dass es im

Rahmen der Abnahme durch entsprechen-

de Formulierungen im Abnahmeprotokoll

möglich ist, neben der angesprochenen Ent-

gegennahme der Bauleistung auch eine Ab-

änderung von ursprünglichen Vertragsregu-

larien herbeizuführen.

Vermerk im

Abnahmeprotokoll

Einem kürzlich veröffentlichten Urteil des

Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG Düs-

seldorf, IBR 2017, 193) liegt folgender – typi-

scher – Sachverhalt zugrunde. Die Parteien

des dortigen Rechtsstreits hatten in einem

Generalunternehmervertrag zur Verjährung

von Mängelansprüchen vorgesehen: Bau-

werke – 5 Jahre, drehende Teile – 2 Jahre,

Dach-Abdichtung – 10 Jahre. Die Verjäh-

rungsfrist sollte gemäß dem Vertrag „nach

Abnahme“ beginnen. In dem von beiden

Parteien unterschriebenen Abnahmeproto-

Längst ist die Abnahme kein ausschließlich technisch geprägter Vorgang

mehr. Mit Blick auf die Abnahme der Bauleistung hat sich eine Recht­

sprechung entwickelt, die jeder Fassadenbauer kennen sollte.

koll wurde für den Beginn der Gewährleis-

tung „12.09.2005“ und in der Zeile zum En-

de der Gewährleistung „12.09.2010“ ver-

merkt. Mit einem Schreiben vom 13.03.2011

hat der Auftraggeber gegenüber dem Auf-

tragnehmer Undichtigkeiten des Dachs be-

anstandet und Abhilfe verlangt. Der Auf-

tragnehmer hat sich auf die Verjährung et-

waiger Ansprüche berufen.

Entscheidung des

Oberlandesgerichts Düsseldorf

Das Oberlandesgericht Düsseldorf gibt dem

Auftragnehmer Recht und stellt Folgen-

des klar. Legen die Vertragsparteien anläss-

lich der Durchführung der Abnahme ge-

meinsam ausdrücklich fest, dass das Abnah-

medatum den Beginn der Gewährleistung

markiert und geben sie darüber hinaus ein

festes Datum für das Ende der Gewährleis-

tung an, stellt sich dies als rechtsgeschäftli-

che Abänderungsvereinbarung im Hinblick

auf frühere vertragliche Regelungen dar, an

der sich die Vertragsparteien festhalten las-

sen müssen (OLG Düsseldorf IBR 2017,

193). Diese Abänderungsvereinbarung be-

treffend den Beginn und das Ende der Ver-

jährung im Rahmen der Abnahme, die die

Parteien in dem Abnahmeprotokoll durch

Benennung des Anfangs- und Endzeit-

punktes der Gewährleistungsfrist doku-

mentiert haben, sei – so das Oberlandesge-

richt – eine ausdrückliche und damit zu be-

achtende Willenserklärung, die letztendlich

auf eine Klarstellung der Gewährleistungs-

fristen gerichtet sei.

Tipps für die Praxis

Der zu einem Abnahmetermin entsandte

Mitarbeiter sollte im Hinblick auf die aktu-

elle obergerichtliche Rechtsprechung das

ihm vorgelegte Abnahmeprotokoll genau

studieren, bevor er es unterzeichnet. Mit

der Unterzeichnung des Abnahmeproto-

kolls kann nicht nur die körperliche Entge-

gennahme der Bauleistung durch den Auf-

traggeber als in der Hauptsache vertrags-

gemäß erfolgen; mit einem entsprechend

formulierten Abnahmeprotokoll können im

§

Rechtsanwalt

Jörg Teller ist

Partner in der

Frankfurter Kanz-

lei SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

(www.smng.de

) und berät seit mehr als 20

Jahren Fenster- und Fassadenhersteller sowohl

in Bauprozessen als auch außergerichtlich.