SPEZIAL
|
FACHBeItrAG
8
FASSADe Spezial
Einführung
Die Resttragfähigkeit nach Glasbruch ist
ein signifikanter Vorteil von VSG gegen-
über einer Scheibe aus monolithischem
Glas. Dieser beruht auf der Tatsache, dass
die einzelnen Fragmente an der Zwischen-
lage haften bleiben, und so eine Verbund-
wirkung aufbauen können. Die Wirkung
dieses Effekts steigt mit der Größe der
Fragmente. Darum ist die Resttragfähig-
keit von VSG-Scheiben aus Floatglas oder
nur thermisch teilvorgespanntem Glas,
die in große Teile zerbrechen, besonders
hoch. Auch das Material der Zwischenla-
ge beeinflusst die Resttragfähigkeit nach
Glasbruch. In den meisten Fällen ist dies
Standard-PVB, dessen mechanische Ei-
genschaften stark von der Umgebungs-
temperatur und der Belastungsdauer ab-
hängen. Bei Raumtemperatur ist es weich,
mit einer Reißdehnung von über 250 %.
Höhere Temperaturen und Belastungs-
dauern haben einen starken Einfluss auf
die Steifigkeit und Fähigkeit zur Übertra-
gung von Scherkräften
[1]
. Auf Grund der
geringen Steifigkeit von PVB-Zwischenla-
gen kommt es mit Eintritt des Glasbruchs
zu einer Verformung, die der eines „nas-
sen Handtuchs“ ähnelt, und dies selbst in
vertikalen Anwendungen (Bild 1). Ausge-
löst wird dies durch das Eigengewicht der
Scheibe, unterstützt durch große Schei-
benabmessungen und Halterungen von
geringer Größe. Die Ionomer-Zwischen-
lage von Kuraray wurde (ursprünglich von
DuPont) entwickelt, um die Steifigkeit, die
Temperaturbeständigkeit und die Reißfes-
tigkeit in Anwendungen mit Punkthalte-
tragfähig oder nicht?
Prüfung der Resttragfähigkeit nach Bruch
für Überkopf-Anwendungen von VSG
von Malvinder Singh rooprai und Ingo Stelzer
Der Gestaltung und der mechanischen Belastbarkeit von Verbund-Sicherheitsglas (VSG) in
Überkopfanwendungen wie Vordächer oder Oberlichter kommt eine hohe Bedeutung zu,
denn sie haben einen großen Einfluss auf die Sicherheit von Passanten sowie des Reinigungs-
und Wartungspersonals. Eine entscheidende Eigenschaft ist dabei die Resttragfähigkeit
nach Glasbruch. Doch wie gestaltet sich diese bei unterschiedlichen, im VSG eingesetzten
Zwischenlagen? Der Beitrag gibt einen Überblick.
rung zu steigern und so zu höherer Rest-
tragfähigkeit nach Glasbruch und mehr Si-
cherheitsreserven beizutragen.
In Tabelle 1 sind die mechanischen Eigen-
schaften von Ionomer-, Standard- und stei-
fen PVB-Zwischenlagen gegenübergestellt.
Die Resttragfähigkeit nach Glasbruch hängt
stark von dem sich ausbildenden Rissmus-
ter in den Glasscheiben, der Art der Hal-
terung und der Temperatur ab. Dabei kann
das Rissmuster – selbst für den gleichen
Glastyp – stark variieren. Dadurch ist eine
Prüfung der Resttragfähigkeit nach Bruch für
Überkopf-Anwendungen von Verbund-Sicherheitsglas
Kurzfassung
Der Gestaltung und der mechanischen Belastbarkeit von Verbund-Sicherheitsglas (VSG) in Überkopfanwendungen wie Vordächer
o er Oberlicht r kom t eine hohe Bedeutung zu, denn sie haben einen großen Einfluss auf die Sicherheit von Passanten sowie
des Rei igungs- und Wartungspersonal . Eine entscheidende Eigenschaft ist dabei die Resttragfähigkeit nach Glasbruch. Die
Festigkeit im unbeschädigten Zustand lässt sich mit hoher Genauigkeit mit Hilfe von Finite-Elemente-Programmen wie SJ Mepla
berechnen. Dabei kann de Anwend r neben den mechanischen Eigenschaften des Glases auch die Werte von Zwischenlagen-
werkstoffen mit viskoelastischem Verhalten eingeben. Dies ermöglicht auf die Zwischenlage bezogene Unterscheidungen der
Ausgangs-Tragfähigkeit und entsprechende konstruktive Optimierungen. Dem gegenüber ist die Resttragfähigkeit nach Glasbruch
noch immer ein weitgehend unbekanntes Gebiet. Die zu deren Berechnung verwendeten analytischen Modelle sind nicht schlüs-
sig, so dass die zerstörende Prüfung bisher die einzige zuverlässige Lösung darstellt. Mit Hilfe einer Schlagprüfung, die den Auf-
prall eines Menschen bei einem Unfall simuliert, wurden die entsprechenden Durchschlag-Widerstände von VSG-Konstruktionen
(mit Punkthalterung) bestimmt, wobei der Einfluss von Zwischenlagen aus Standard-PVB, Ionomer, steifem PVB und EVA vergli-
chen wurde. Darüber hinaus urden die Resttragfähigkeiten nach Glasbruch für mittlere Belastungsdauern (30 min oder mehr)
entsprechend den Anforderungen des Norm-Entwurfs DIN 18008-6 bei tiefer (-20 °C), Raum- (+21 °C) und rhöhter (+50 °C)
Temperatur erfasst. Über Messungen der Durchbi gung wurden die Reststeifigkeiten der Laminate nach Bruch be immt.
Autoren:
Malvind r Singh Rooprai
Ingo Stelz r
Einführung
Die Resttragfähigkeit nach Glasbruch ist ein signi-
fikanter Vorteil von VSG gegenüber einer Scheibe
aus monolithischem Glas. Dieser beruht auf der
Tatsache, dass die einzelnen Fragmente an der
Zwischenlage haften bleiben, und so eine Ver-
bundwirkung aufbauen können. Die Wirkung die-
ses Effekts steigt mit der Größe der Fragmente.
Darum ist die Resttragfähigkeit von VSG-Scheiben
der geringen Steifigkeit von PVB-Zwischenlagen
kommt es mit Eintritt des Glasbruchs zu einer
Verformung, die der eines ,nassen Handtuchs‘
ähnelt, und dies selbst in vertikalen Anwendungen
Die Resttragfähigkeit nach Glasbruch hängt
stark von dem sich ausbildenden Rissmuster in
den Glasscheiben, der Art der Halterung und
der Temperatur ab. Dabei kann das Rissmus-
Typ der
Zwischenlage
Dichte
(kg/m³)
Steifigkeit bei
50 °C, Belastungs-
dauer 1 h (MPa)
Poisson-
zahl
Thermischer
Ausdehnungs-
koeffizient (K
-1
)
Reißfestigkeit
(MPa)
Ionomer
850
12,6
0,5
1,25 x 10
-4
44
PVB
1070
0,16
0,5
2,2 x 10
-4
25
steifes PVB
1081
1,86
0,5
1,6 x 10
-4
35
Tabelle 1: Vergleich der mechanischen Eigenschaften von Ionomer, Standard- und steifem PVB
Bild 1: Der „Nasses-Handtuch“-Effekt
Tabelle 1: Vergleich der mechanischen Eigenschaften von Ionomer, Standard- und steifem PVB
kuraray (12)