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glas+rahmen

12.18

technik

44

im jahr 2003 tauchten

in Österreich

und der Schweiz erstmals gelbe Flecken auf

weißen Kunststofffenstern auf. Untersu-

chungen durch unabhängige Institute er-

gaben eine Veränderung der Oberfläche

durch eine chemische Reaktion, die auf Ab-

lagerungen vonMetallstäuben zurückzufüh-

ren war. Nach und nach breitete sich die-

ses Phänomen, von Süden kommend, auch

über Deutschland aus. Woher diese Stäube

stammten, war zunächst rätselhaft. Vermu-

tet wurden Metallabriebe bzw. Metallstäu-

be, etwa von Bremsscheiben. Weiter wurden

Emissionen von Industriegebieten als Ur-

sache vermutet und der Abrieb von Eisen-

bahnschienen, der bei Bremsmanövern von

Zügen entsteht. Flugrost auf Edelstahlgelän-

dern war bereits hinlänglich bekannt. Dass

bei der Oxidation eines Eisenstaubes, der

auf einem PVC-Profil zum Liegen kommt,

unter Einfluss von UV-Licht eine chemische

Zerstörung der PVC-Oberfläche geschieht,

die mit Hilfe von Metallzersetzung, Pollen

und UV-Licht zu einer Gelbverfärbung rund

um den Metallpunkt führt, war jedoch neu.

Wenn direktes UV-Licht eine Rolle spielt,

ist die Gelbverfärbung auf der Südseite der

Häuser logisch und nachvollziehbar. Warum

aber in einem Neubaugebiet oft nur ein ein-

zelnes Haus von diesem Phänomen betroffen

ist, blieb lange unbeantwortet.

Ungewollte Staubentwicklung

Erst als ein Techniker der PVC-Branche

auf die Idee kam, seinem neu angepflanz-

ten Rasen mit Rasendünger auf die Sprünge

zu helfen und in einem Gartencenter einen

„eisenhaltigen Rasendünger“ kaufte, ergab

sich plötzlich eine logische Erklärung. Beim

großzügigen Verteilen von eisenhaltigem

Rasendünger können Metallstäube punktu-

ell in großer Menge verteilt werden, was er-

klärt, warum häufig ein einzelnes Haus in ei-

greifen. Befindet sich in den Reinigungsmitteln

gar Ammoniak und/oder Benzylalkohol, ist eine

Zerstörung imMikrobereich fast zu erwarten. In

einem PVC-Reiniger haben diese Stoffe nichts

zu suchen. Speziell Benzylalkohol oxidiert mit

Sauerstoff zu Benzaldehyd, was laut Chemielexi-

kon mit Hart-PVC nun ganz und gar nicht ver-

träglich ist. Wer nun nicht ganz penibel vorgeht

und anstelle von 3 ml Reinigungskonzentrat ei-

nen kräftiger Spritzer in 2 statt in 5 Liter Wasser

gibt, erzeugt eine Überdosierung um den Fak-

tor 25 bis 30. Die chemischen Reinigungszusät-

ze sind somit um das 25 – 30 fache überdosiert.

Wird der geöffnete Fensterflügel mit überdo-

sierten, ammoniakhaltigen Reinigern geputzt

und anschließend geschlossen, werden zwischen

Flügelprofil und Blendrahmenanschlagdichtung

die chemischen Substanzen eingeschlossen und

können dort mit dem PVC reagieren. Kleine

Gelbes Ärgernis

Gelbe Flecken auf Kunststoffenster-Profilen oder gar grossflächige

gelbfärbungen beeinträchtigen das Erscheinungsbild der Fenster

erheblich. Der Sachverständige Jürgen Sieber ist der Problematik

nachgegangen und erklärt, wie diese Schäden entstehen.

o.: Oxidierender

Metallspan von einem

gelben Hof umgeben.

Die Kugelschreiber-

spitze macht die Grö­

ßenordnung sichtbar.

l.: Typische Gelbver­

färbung an einem

unte-ren Flügelprofil

eines Kunststofffensters.

Die Gelbverfärbung

endet seitlich an den

Schweißnähten.

nem Wohngebiet betroffen ist, und bei die-

sem verstärkt die Fenster in den unteren Eta-

gen. Werden die Metallstäube nicht entfernt,

können sie sich festsetzen und die beschrie-

benen Probleme verursachen.

Flächige Verfärbung und

linienförmige Erhebung

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. So könnte

man meinen, aber weit gefehlt. Der Gelbver-

färbung durch Eisenstaub folgte wenige Jahre

später ein weiteres Problem, die großflächige

Gelbverfärbung der weißen Kunststofffprofile

ohne Einwirkung von Eisenstaub, häuftig in

Kombination mit linienförmigen Erhebun-

gen am PVC-Profil. Die Ursache: hochkon-

zentrierte Haushaltsreiniger. Während man

früher einen kräftigen Schuss Spülmittel in

eine undefinierte Menge Wasser gab, findet

man heute auf der Rückseite von Konzentra-

ten Dosieranweisungen, die in ihrer Genau-

igkeit aus einem Pharmazielabor stammen

könnten. Bei vielen Reinigungskonzentraten

lautet die Dosierung ungefähr wie folgt: 3 ml

Reinigungskonzentrat auf 5 Liter Wasser ver-

wenden, das heißt 3 Tropfen des Konzentrats

auf 5 Liter Wasser. Enthalten diese Reiniger

Zusätze wie Orangen-, Zitronen- oder Pfeffer-

minzgeschmack wird es spannend, denn diese

sauren Stoffe können die PVC-Oberfläche an-

Fotos: © Jürgen Sieber