glas+rahmen
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praxis
seine Vergütung entsprechend anpassen darf. Das heißt,
er kann Abschlagszahlungen von bis zu 80 Prozent der
vertraglichen Leistung fordern, selbst wenn man sich
über den Nachtrag nicht einig ist. Dieser Anspruch darf
nicht ausgeschlossen werden. Bei der Berechnung der
Nachtragsvergütung dürfen Unternehmer auf ihre ur-
sprüngliche Kalkulation zurückgreifen. „Vorteil der
neuen Regelung ist, dass sie sich am Wert der erbrach-
ten Leistungen orientiert, wie es schon in der VOB/B üb-
lich ist“, freut sich der Jurist Bier.
Was ist die Abnahmefiktion?
Oft hört der Handwerker nach Ende seiner Arbeit vom
Auftraggeber nichts mehr, vor allem, wenn es zuvor
Streit gab. Die neue Regelung soll es Auftraggebern un-
möglich machen, die Abnahme durch einfaches Schwei-
gen zu verhindern. Der Unternehmer kann demKunden
jetzt eine angemessene Frist zur Abnahme setzen, wenn
er das Werk fertiggestellt hat. Verweigert der Besteller
die Abnahme, gilt das Werk als abgenommen. Zwar kann
der Kunde die Abnahmefiktion verhindern, indem er ir-
gendeinen Mangel nennt, bei unwesentlichen Mängeln
bleibt er aber zur Abnahme verpflichtet. Handelt es sich
beim Besteller um einen Verbraucher, muss der Unter-
nehmer ihn bei der Fristsetzung schriftlich auf die Fol-
gen seiner Verweigerung hinweisen.
Wozu dient die Einstweilige Verfügung?
Bei Streit über das Anordnungsrecht und die Nach-
tragsforderungen können beide Parteien eine einstwei-
lige Verfügung im gerichtlichen Eilverfahren beantra-
gen. So kann schon während der Bauphase eine Klärung
herbeigeführt werden. „Gerade für Projekte von öffent-
lichen Auftraggebern, bei denen die Prüfung strittiger
Nachtragsleistungen oft viel zu lange dauert, stellen die
neuen gesetzlichen Regelungen eine echte Verbesserung
für den Auftragnehmer dar“, erklärt Michael Bier, Ju-
rist bei der Handwerkskammer Düsseldorf. Die neu ein-
geführten bundesweiten Baukammern bei den Landge-
richten sollten ebenfalls dazu beitragen, dass Handwer-
ker schneller an ihr Geld kommen können.
Welche Angaben muss der Unternehmer zur
Bauzeit machen?
Beim Neubau und bei erheblichen Umbaumaßnahmen
mit Verbrauchern (Verbraucherbauvertrag) muss der
Auftragnehmer einen verbindlichen Termin für die Fer-
tigstellung nennen, mindestens jedoch zur Dauer der
Bauausführung. Hinzu kommen Informations- und Do-
kumentationspflichten.
Was ändert sich bei Rechnungsstellung?
Im Bauvertrag mit privaten Bestellern muss der Auftrag-
nehmer künftig eine prüffähige Rechnung stellen, aller-
dings ohne die 30-tägige Prüffrist, wie sie die VOB/B
vorsieht.
Gibt es jetzt eine Kündigung aus wichtigem
Grund?
Dieses Recht ist neu im Gesetz festgeschrieben: Beide
Seiten können den Vertrag aus wichtigem Grund kün-
digen. Passiert das, müssen sie gemeinsam den Leis-
tungsstand feststellen. Dieser ist maßgeblich für den
Werklohnanspruch. Wer nicht mitwirkt an der Feststel-
lung, trägt die Beweislast für den Leistungsstand zum
Zeitpunkt der Kündigung. Generell muss eine Kündi-
gung jetzt schriftlich erfolgen, das heißt, eine einfache
E-Mail genügt nicht.
Was beinhaltet der neue Verbraucher-
bauvertrag?
Als neuer Vertragstypus ist im BGB nun der Verbrau-
cherbauvertrag geregelt. Hier ist die Textform vorge-
schrieben, das heißt, alles muss schriftlich festgehalten
werden. Diese neuen Regeln gelten aber ausschließlich
für Verträge, in denen ein Verbraucher einen Unterneh-
mer mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Gebäu-
des beauftragt. Einzelne Aufträge, wie etwa der Einbau
einer neuen Heizung oder die Ausbesserung von Dach-
schäden, fallen nicht darunter. „Daher werden absehbar
nur wenige Handwerksbetriebe von diesen Vorschriften
betroffen sein, sondern in erster Linie Bauträger“, beru-
higt Rechtsexperte Bier.
Wann gilt das Widerrufsrecht?
In Zukunft haben Verbraucher beim Neubau und bei er-
heblichen Umbaumaßnahmen ein Widerrufsrecht, über
das der Unternehmer sie belehren muss. Das Widerrufs-
recht gilt hier aber generell und unabhängig von der Si-
tuation des Vertragsschlusses – anders als das Wider-
rufsrecht bei den sogenannten Haustürgeschäften. Auch
das gesetzliche Muster der Widerrufsbelehrung weicht
etwas vom bekannten Verbraucherwiderruf außerhalb
geschlossener Geschäftsräume ab.
Was geschieht bei Zustandsfeststellung?
Verweigert der Besteller die Abnahme, kann der Un-
ternehmer ihn zu einer gemeinsamen Feststellung des
Werkszustands auffordern und dazu einen Termin fest-
setzen. Nimmt dieser nicht daran teil – obwohl er nun
gesetzlich dazu verpflichtet ist – stellt der Auftragneh-
mer alleine den Zustand fest. Danach entfällt seine Haf-
tung für Folgeschäden. Bei einer gemeinsamen Zu-
standsfeststellung müssen beide Parteien unterzeichnen.
Jurist Bier rät: „Die Zustandsfeststellung kann für den
Handwerker hilfreich sein, den Besteller unter Druck
zu setzen. Sie ist auch wichtig für die Durchsetzung von
Ansprüchen im Prozess.“
anne kieserling
Michael Bier, LL.M.,
Abteilungsleiter bei
der Handwerkskammer
Düsseldorf
„Vorteil der neuen
Regelung ist, dass
sie sich am Wert
der erbrachten Leis-
tungen orientiert,
wie es schon in der
VOB/B üblich ist.“
„Vom Verbraucher-
bauvertrag werden
absehbar nur wenige
Handwerksbetriebe
betroffen sein,
sondern in erster
Linie Bauträger.“
RA Michael Bier
Foto: © Hans
-Jürgen Bauer angeben