glas+rahmen
10.17
technik
36
g+r:
Das Thema Asbest im Fensterkitt sorgt bei Glaser-
betrieben für Verunsicherung, denn kaum jemand weiß
zurzeit, wie man sich im Umgang mit altem, möglicher-
weise belastetem Kitt verhalten soll. Wie wollen Sie den
Betrieben helfen?
fimpeler:
Vor rund einem halben Jahr wurde bekannt,
im welchem Umfang bis 1993 auch Kitt Asbest beige-
mischt wurde. Die Anteil bewegt sich meist im Bereich
von 0,5 bis einem Prozent, Morinol beispielsweise ent-
hält aber bis zu 40 Prozent Asbest. Ein Gespräch mit
dem Gewerbeaufsichtsamt München Oberbayern offen-
barte, welche Anforderungen für unsere Glaserbetriebe
damit verbunden sind. Daraufhin haben wir uns umge-
hend dazu entschlossen, eine entsprechende Task Force
im Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks ein-
zurichten.
g+r:
Der Glaserbetrieb vor Ort erwartet eine unmittel-
bare Hilfestellung im Umgang mit asbestbehaftetem Kitt.
Welchen Ansatz verfolgt die „Task Force Kitt“?
fimpeler:
Natürlich herrscht jetzt erst einmal eine
große Verunsicherung bei unseren Betrieben, denn der
Umgang mit asbestbehaftetemKitt ist nicht auf die leich-
te Schulter zu nehmen und bringt eine Vielzahl von Auf-
lagen mit sich. In diesem Zusammenhang möchte ich
nur die Technische Regel für Gefahrstoffe „TRGS 519
Asbest: Abbruch-, Sanierungs-, Instandhaltungsarbei-
ten“ nennen. Sie ist und wird der Ausgangspunkt für
unser jetziges und zukünftiges Handeln im Umgang mit
asbestbehaftetem Kitt sein. Uns ist bewusst, dass die da-
rin formulierten Umsetzungsanforderungen wirtschaft-
lich und handwerklich nur schwer in Einklang mit der
Realität im Glaser-Alltag zu bringen sind. Entsprechend
sind wir auch umgehend mit den zuständigen Institutio-
nen wie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
(DGUV), dem Institut für Arbeitsschutz (IFA) und der
Berrufsgenossenschaft Bau (BG-Bau) in den Dialog ge-
treten. Die Zielsetzung dabei ist, für unsere Betriebe ver-
trägliche Arbeitserleichterungen zu erreichen.
g+r:
Die TRGS 519 regelt den Umgang mit asbesthalti-
gen Werkstoffen sehr umfangreich. Sie waren bei den Ge-
sprächen mit den zuständigen Institutionen dabei. Kann
man zu diesem Zeitpunkt schon sagen, was die Glaserbe-
triebe künftig erwartet?
fimpeler:
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch un-
ser Engagement im Nationalen Asbest-Dialog erwäh-
nen, der aufgrund der komplexen Thematik Asbest in
Baustoffen zwischenzeitlich von den Ministerien „Ar-
beit und Soziales“ und „Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit“ ins Leben gerufen wurde. Ziel die-
ses Dialogs ist es, eine übergreifende Regelung im Um-
gang mit asbestbehafteten Werkstoffen zu finden. Doch
bei den bisherigen Treffen hat sich gezeigt, dass es eine
kurzfristige übergreifende Regelung so schnell nicht ge-
ben wird. Daher wird es am Ende für den Handwerker,
wenn es um Arbeitserleichterungen geht, immer wieder
auf Regelungen mit der DGUV und der BG Bau hinaus-
laufen. Und genau hier haben wir zwischenzeitlich er-
folgreich angedockt. Es wurde gemeinsam ein konkre-
tes Verfahren für die Tätigkeit mit geringer Exposition
gemäß TRGS 519 Nr. 2.9 im Umgang mit asbesthaltigen
Kitten im Glasfalz von Holzfenstern erarbeitet.
g+r:
Wie sehen die
Arbeitserleichterungen für Glaser in
der Praxis aus?
fimpeler:
Arbeitserleichterungen für den Glaser be-
deuten im Sinne der Berufsgenossenschaft Bau, aber
auch der DGUV, anerkannte Verfahren für Tätigkeiten
mit geringer Exposition gemäß TRGS 519 Nr. 2.9. Da-
mit verbinden sich unterm Strich für den Betrieb enor-
me Erleichterungen im Umgang mit asbestbehafteten
Werkstoffen, in unserem Fall im Umgang mit asbest-
behaftetem Kitt. Hier werden nicht nur die Arbeitsver-
fahren klar vorgegeben, sondern auch die zum Einsatz
kommenden Arbeits- und Hilfsgeräte. Dabei verlieren
wir die wirtschaftlichen Aspekte unserer Betriebe nicht
aus den Augen. Zwischenzeitlich haben wir so ein aner-
kanntes Verfahren mit unseren Partnern für asbestbe-
Lösungen für Glaser in Sicht
Das Thema Asbest in Baustoffen schlägt zusehends höhere Wellen –
auch im Glaserhandwerk. Bis 1993 durfte FensterKitt legal Asbest bei-
gemischt werden. Der Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks ist
sich der Brisanz des Themas bewusst, eine „Task force Kitt“ ist einge-
richtet und kann bereits erste Erfolge vorweisen. Im Interview berich-
tet Hermann Fimpeler, Landesinnungsmeister NRW, BIV-Vorstandsmit-
glied und Vorsitzender der „Task force Kitt“, über den Stand der Dinge.
„Klar ist jetzt schon,
dass das Entfernen
von asbestbehafte-
tem Kitt durch Fräsen
oder Schleifen der
Vergangenheit ange-
hört.“
Hermann Fimpeler