glas+rahmen
05.17
technik
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technik
praxis
Bauprodukten. Seitens des Gewerbeaufsichtsamtes Mün-
chen der Regierung von Oberbayern wird es daher kei-
ne Ausnahmeregelungen, Einschränkungen oder Erleich-
terungen bei den Schutzmaßnahmen im Umgang mit as-
besthaltigem Kitt geben. Es sei denn, es werden für be-
stimmte Arbeitsverfahren zugelassene Nachweise über das
Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Un-
fallversicherung (IFA) erbracht, die deutlich machen, dass
von ihnen keine gefahrbringenden Emissionswerte ausge-
hen.“ Doch diese Nachweise haben es in sich, sind eine
langwierige Angelegenheit und schlagen schnell mit sechs-
stelligen Beträgen zu Buche. Darüber hinaus sind die da-
gestellt. Dies könnte sicherlich bei bestimmten Arbeits-
verfahren, wie zum Beispiel Erwärmen des Kitts, Um-
gangserleichterungen mit sich bringen. Immerhin ha-
ben es die Schweizer Kollegen bereits erfolgreich prakti-
ziert und gezeigt, wie man für alle Seiten erträglich mit
der Thematik umgehen kann, ohne dass beim Ausfüh-
ren entsprechender Arbeiten eine Gefahr für Leib und
Leben besteht.“ Guido Carniato, stellv. Landesinnungs-
meister des LIV Bayern, sieht die aufgezeigten Vorge-
hensweisen schlichtweg in der Praxis als nicht umsetz-
bar.“ Unabhängig davon, dass der Bauherr verantwort-
lich für sein Haus ist und die beauftragten Firmen dar-
über informieren muss, dass Asbest verbaut wurde, und
möglichst auch noch wo, würde der damit verbunde-
ne Aufwand, beispielsweise bei der Instandsetzung ei-
ner einfachen Kellerfensterverglasung, in keinem wirt-
schaftlich und zeitlich zumutbaren Verhältnis mehr ste-
hen. Schlussendlich käme der Auftrag nicht mehr zur
Ausführung durch einen Fachbetrieb. Meist ginge er an
zweifelhafte Unternehmen, die vor solchen Umsetzungs-
anforderungen die Augen verschließen“, kritisiert der
Glasermeister. Auch wenn die Einwände seitens des Gla-
serhandwerks größtenteils auf Verständnis stießen, än-
derte dies nichts an der Tatsache, dass die Gewerbeauf-
sicht München der Regierung von Oberbayern die ge-
setzlichen Anforderungen im Umgang mit Asbest im
vollem Umfang einfordert, es sei denn, es wird nachge-
wiesen, dass Bearbeitungsmethoden zum Einsatz kom-
men, die gewährleisten, dass keine Asbestfasern beim
Umgang mit asbestbehaftetem Kitt in die Umwelt gelan-
gen. Doch davon kann derzeit nicht ausgegangen wer-
den, sodass fürs Erste die geforderten Auflagen durch
den Glaser, der auf diesem Gebiet tätig ist, erfüllt wer-
den müssen, zumindest in Bayern.
Zuständige Behörden scheinen überfordert
Erste Recherchen des Bundesinnungsverbandes des Gla-
serhandwerks ergaben, dass das Thema Asbest im Kitt
in anderen Bundesländern offensichtlich noch gar kein
Thema ist. Angesprochen auf die Thematik, kam bisher
nicht mehr als ein Achselzucken oder eine gewisse „Ver-
weigerungshaltung“, dazu Stellung zu nehmen. Aus wel-
chen Gründen auch immer. Unabhängig davon, ist der
BIV dabei, kurzfristig zu einer handwerkerfreundlichen
Regelung im Umgang mit asbestbehaftetem Kitt für sei-
ne Mitglieder zu kommen. Eine entsprechende „Task
Force Asbest“, die sich ausschließlich mit dieser The-
matik beschäftigt, wurde im Rahmen der letzten Mit-
gliederversammlung am 7. und 8. April 2017 gegrün-
det. Eine erste Empfehlung für die Mitglieder des BIV
im Umgang mit asbestbehaftetem Kitt wurde bereits zur
Verfügung gestellt. Hilfestellung zum Umgang mit as-
bestbehaftetem Kitt bietet auch das BIV-Institut für Ver-
glasungstechnik und Fensterbau.
Ansprechpartner
beim BIV-Institut für
Verglasungstechnik
und Fensterbau:
Dipl. Designer Ralf
Matthis
Tel.: 06433-9133-14
Fax: 06433-5702
rmatthis@glaser
handwerk.deGlasermeister
Stefan Wolter
Tel.: 06433-9133-13
Fax: 06433-5702
swolter@glaser
handwerk.deDas Ausglasen alter
kittverglaster Fenster
kann zum Problemfall
werden, denn der
Kitt kann Asbest ent
halten. Aktuell suchen
Politik und Verbände
nach einer Lösung,
wie Handwerker asbest
haltiges Material
handhaben können.
Bild: Vössing
mit eventuell einhergehenden Erleichterungen imUmgang
mit dem untersuchten Baustoff allgemeingültig, also nicht
nur für die Glaser.
Gewerbeaufsicht muss informiert werden
Unabhängig davon gelten für die Betriebe weitere Aufla-
gen. Dipl.-Ing. Freiliger: „Bevor in einemBetrieb die Arbeit
mit asbestbehafteten Bauprodukten aufgenommen wird,
bedarf es überhaupt erst einer Anzeige über die geplante
Aufnahme solcher Arbeiten bei der Gewerbeaufsicht. In
der Regel erfolgt dann seitens der Gewerbeaufsicht eine
Freistellung für sechs Jahre. Sollten entsprechende Arbei-
ten ohne die Genehmigung durch die Gewerbeaufsicht auf-
genommen werden, macht man sich als Unternehmer ent-
sprechend der Gesetzgebung strafbar.“ Doch die Aufnah-
me der Arbeiten setzt voraus, dass sowohl der Betrieb als
auch die Mitarbeiter die entsprechenden Sachkundenach-
weise erbringen können. Für Dipl.-Ing. Stefan Kieckhöfel,
Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbandes des
Glaserhandwerks (BIV), wiehert hier der Beamtenschim-
mel besonders laut, wird mit Kanonen auf Spatzen geschos-
sen. Kieckhöfel: „Sicherlich ist es unstrittig, dass im Um-
gang mit Asbest besondere Vorkehrungen getroffen wer-
den müssen. Doch im Umgang mit asbestbehafteten Kitten
sprechen wir von minimalen Belastungen. Die in den sech-
ziger bis achtziger Jahren erhältlichen Kitte wurden zum
großen Teil mit schwach asbestangereichertem Leinöl her-