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glas+rahmen

05.17

technik

40

die gefahr durch

krebserregenden Asbest in Dach-

platten oder an Fassaden ist bereits seit Langem bekannt.

Der Umgang mit diesen Baustoffen unterliegt einer stren-

gen Überwachung. Doch Experten zufolge wird das Ri-

siko durch andere Gefahrenquellen bislang unterschätzt.

Entsprechende Untersuchungen haben ergeben, dass der

gefährliche Stoff zwischen 1960 und 1990 in mehr als

3.000 Produkten eingesetzt wurde. Etwa 70 Prozent des

Asbests gelangten als Asbestzement in die Häuser. „In

Häusern, die zwischen 1960 und 1990 gebaut wurden, ist

mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Asbest

zu finden“, berichtet Torsten Mußdorf, Geschäftsführer

des Norddeutschen Asbestsanierungsverbandes (NAV).

Asbest gilt als extrem gesundheitsgefährdend. Er zerteilt

sich in feine Fasern, die leicht eingeatmet werden können.

Das kann zu einer chronischen Entzündung der Lunge

führen und letztlich Krebs verursachen. Asbestose ist be-

reits seit 1936 als Berufskrankheit anerkannt.

Asbest in Fensterkitten

In Deutschland sei die Verwendung neuer Asbestpro-

dukte seit 1990 zwar verboten, erklärt Rolf Packroff von

der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedi-

zin (BAuA) in Dortmund. „Aber Asbest ist wegen sei-

ner Langlebigkeit noch immer allgegenwärtig.“ Norbert

Kluger, Leiter des Gefahrstoff-Informationssystems GIS-

BAU von der BG-Bau wird noch deutlicher: „Dank Aus-

nahmegenehmigungen durch die Politik konnte Asbest bis

ca. 1995 den Bauprodukten beigemischt werden.“ Bei der

jetzt losgetretenen Lawine imHandwerk sieht Kluger dann

auch die Politik bei der Bewältigung der Anforderungen

im Umgang mit Asbest mit in der Verpflichtung. Betroffen

sind auch die Kittsorten, die im Glaserhandwerk zum Bei-

spiel vorwiegend zum Abdichten von alten Holzfenstern,

Gewächshäusern oder festen Verglasungen eingesetzt wur-

den. Dafür wurden schon, von alters her, natürliche Kitte

aus Leinöl und Schlämmkreide eingesetzt. Bereits in den

sechziger bis achtziger Jahren enthielten die handelsübli-

chen Kitte zu einem großen Teil asbest-angereicherte Lein-

öle. Da ein regelmäßiges Ausbessern und Neueinkitten bei

alten Holzfenstern unumgänglich ist, kann man davon aus-

gehen, dass noch vorhandene alte, kittgedichtete Holzfens-

ter ebenfalls asbesthaltigen Kitt enthalten. Erst seit 1990

hergestellte Kitte sollen „garantiert“ asbestfrei sein. So sieht

es zumindest die Herstellerseite.

Wieviel Asbest im Kitt?

Die dem Leinöl zugesetzten Asbestmengen sind in der Re-

gel gering. Von einer Asbestbelastung des Kitts, die höher

als ein Prozent liegt, braucht man in der Regel nicht auszu-

gehen. Die üblichen Mengen liegen zwischen 0,1 Prozent

und einem Prozent Asbestanteil im Kitt. Doch wer glaubt,

dass dadurch die Auflagen im Umgang mit dem asbestbe-

hafteten Material geringer werden, der wird schnell eines

Besseren belehrt. So zeigte sich erst unlängst bei einer Er-

örterungsrunde imGewerbeaufsichtsamt München, an der

neben Vertretern des Glaserhandwerks auch die Berufs-

genossenschaft Bau und Mitarbeiter des Baudezernats 2A

teilnahmen, dass hier keine Ausnahmen gemacht werden.

Baudezernatsleiter Dipl.-Ing. (FH) Hans-Jürgen Freilinger

brachte es schnell auf dem Punkt: „Sowohl beim Austau-

schen der Fenster als auch beim Sanieren der alten Holz-

fenster oder Verglasungen können lungengängige Asbest-

fasern freigesetzt werden. Diese Fasern können unter Um-

ständen Lungenschäden verursachen. Daher müssen auch

hier die gleichen gesetzlichen Regeln im Umgang mit dem

asbestbehafteten Kitt gelten wie bei anderen asbesthaltigen

Gefahr aus dem Kitt?

Seit geraumer Zeit kocht ein Thema in FAchveranstaltungen hoch, das Glas-

handwerkern noch schlaflose nächte bescheren kann - Asbest im Fenster-

kitt. Während in Bayern schon strenge REgeln für Ausglasarbeiten gelten,

gibt es im übrigen Deutschland noch keine expliziten Vorgaben für Glaser.

Unter dem Raster­

elektronenmikroskop

wird die Struktur von

Asbest sichtbar. Die

winzigen Mineralfasern

von wenigen Tausend­

stel Millimeter Größe

können sich in der

menschlichen Lunge

festsetzen und u.a.

Lungenkrebs verursa-

chen.

Bild: Wikipedia /Gemeinfrei