Messen & Veranstaltungen
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RTS-Magazin 12/2018
Unter dem Leitmotiv „Grenzen-
lose Chancen – Konstruktionen,
Märkte, Technik“ fanden die 46.
Rosenheimer Fenstertage statt.
Neben aktuellen Fachinforma-
tionen gab es für die mehr als
700 Teilnehmer diesmal wich-
tige Neuigkeiten aus dem Insti-
tut für Fenstertechnik. Der lang-
jährige Leiter Prof. Ulrich Sie-
berath wird sich in 2020 in den
Ruhestand verabschieden. Sein
Nachfolger wird Prof. Jörn Peter
Lass – derzeit noch Leiter des
Studiengangs „Technik der Ge-
bäudehülle“ an der Hochschule
Rosenheim.
Wie gewohnt gab Prof. Ulrich
Sieberath einen Überblick zu
den brennenden Branchenthe-
men. Unter dem Gesichtspunkt
„grenzenlos“ wies er zunächst
auf die Brexit-Problematik so-
wie den globalen Aufbau von
Handelsschranken durch die
USA sowie die sich daraus erge-
benden Konsequenzen für den
Warenverkehr und den Handel
hin. Auch die Problematik der
weltweiten Ressourcenknapp-
heit und des Fachkräfteman-
gels zeige Grenzen auf, ebenso
wie das Verfehlen selbst gesetz-
ter Grenzen – zum Beispiel beim
Klimaschutz. In puncto Normen
sprach Prof. Ulrich Sieberath vor
allem die Schwierigkeiten natio-
nal unterschiedlicher Interessen
und Ansätze an. Sein Schluss-
wort fiel trotz aller Herausforde-
rungen positiv aus: „Ich glaube
an die Kraft harmonisierter Re-
geln und das stete Austesten
von Grenzen, um das Unmög-
liche möglich zu machen. Las-
sen Sie uns daran arbeiten, die
Grenzen zu verstehen und aus-
zuweiten.“
Natürliches Tageslicht
erstes Gestaltungsgebot
Der
Plenumsvortrag
„Pla-
nen mit Licht“ von Prof. Peter
Andres (Hochschule Düssel-
dorf) zeigte schonungslos, dass
Deutschland in Europa Schluss-
licht bei den Mindestanforde-
rungen für die Tageslichtversor-
gung in Gebäuden ist. Vom Ta-
geslicht der Sonne müssen nach
Weichenstellungen in Rosenheim
EN 12464-1 bei Büroarbeits-
plätzen 500 Lux, in Unterrichts-
räume in Schulen 300 Lux und
in Pausenräumen gerade ein-
mal 100 Lux Beleuchtungsstärke
herrschen. Das ist eindeutig zu
wenig für optimale Leistungsfä-
higkeit, Gesundheit und Wohl-
befinden. Es stellt sich die Frage,
warum deutsche Schüler im Pis-
avergleich über mittlere Plätze
nicht hinauskommen. Die me-
dizinische Forschung weiß seit
Jahren, dass hierfür ein Lichtre-
zeptor verantwortlich ist, der die
Melatoninproduktion (Schlaf-
hormon) unterdrückt, „Gute-
Laune-Hormone“ wie Serato-
nin und Noradrenalin aktiviert,
der aber erst bei 1500 Lux „an-
springt“. Deshalb sollte die Ver-
sorgung mit natürlichem Tages-
licht das erste Gestaltungsgebot
bei der Planung von Fenstern
undVerglasungen sein.
Der Plenumsvortrag „Schad-
stofffreie Welt – vom Umweltgift
zu gesunden Baumaterialien“
von Prof. Dr. Michael Braun-
gart (Universität Lüneburg) war
ein 75-minütiges Feuerwerk an
wissenschaftlichen Erkenntnis-
sen, erschreckenden Wahrheiten
über Umweltgifte in unserer di-
rekten Umgebung, Tipps für ein
gesünderes und glücklicheres
Leben, humorvollen Anekdo-
ten und Appellen, wie jeder die
Welt verbessern und die Politik
verändern kann. Mit Fakten und
Vergleichen blieb die Botschaft
mahnend und motivierend im
Kopf hängen. Engagiert und lei-
denschaftlich „infizierte“ er die
Besucher mit der Botschaft, dass
„Cradle to Cradle“ nicht nur der
Umwelt hilft, sondern auch die
Grundlage erfolgreicher Ge-
schäfte ist.
Hand in Hand
Im Themenblock „Fassade und
Architektur“ standen span-
nende Vorträge zu außerge-
wöhnlichen
Fassadenprojek-
ten auf dem Programm. Prof.
Dr. Timo Schmidt (Werner So-
beck/Hochschule Augsburg) re-
ferierte über die vorgehängte,
hinterlüftete High-Tech-Textil-
fassade des ThyssenKrupp Test-
turms in Rottweil und veran-
schaulichte dabei die konstruk-
tiven und architektonischen He-
rausforderungen. Im Anschluss
zeigte Rolf Schnitzler in seinem
Vortrag „Fassaden – bizarre For-
men, modernste Technik“ über
die Herausforderungen und
Möglichkeiten der Erstellung
von Prüfnachweisen für außer-
gewöhnliche
Objektfassaden
bzw. Sonderkonstruktionen.
Frank Walter (Arup) erläu-
terte die Schritte von der Pla-
nung bis zur Ausführung der
Vorhangfassade bei dem als
Niedrigst-Energiegebäude rea-
lisierten Bauprojekt „Futurium“
in Berlin. Große Resonanz ver-
zeichnete auch der Beitrag von
Prof. Dr.-Ing. Christian Schu-
ler (Hochschule München), der
den aktuellen Stand bei der DIN
18008 erläuterte.
Neues Kriterium
Im Themenblock „Forschung“
erläuterte Norbert Sack (ift Ro-
senheim), dass man einbruch-
hemmende Bauteile auch in
hochwärmedämmendem Zie-
gelmauerwerk sicher befestigen
kann. Knut Junge (ift Rosen-
heim) stellte vor, wie man die
Überrollbarkeit von Türschwel-
len als neues Kriterium für die
Traditionell eröffnete Prof. Ulrich Sieberath die Rosenheimer Fenstertage.
Fotos (2): © ift Rosenheim