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RTS-Magazin 5/2017

Die Nachfolge für ein Unter-

nehmen zu regeln, ist alles an-

dere als leicht. Der seit vielen

Jahrzehnten etablierte Raum-

ausstattungsbetrieb Raumdecor

Michael Schnell aus Bietigheim

ist jedoch ein Beispiel dafür, wie

der Generationswechsel erfolg-

reich von Statten gehen kann.

Michael und Sebastian Schnell

gaben uns bei einem Gespräch

tiefe und vor allem ehrliche Ein-

blicke in ihren diesbezüglichen

innerfamiliären Entwicklungs-

prozess.

RTS: Seit wann besteht Ihr

Unternehmen und was bieten

Sie an?

Michael Schnell: Nach mei-

ner Ausbildung zum Raum-

ausstatter und der absolvierten

Meisterprüfung hatte ich 1988

die Gelegenheit, den Bereich

Wohndecor im Erlebniswohn-

zentrum Hofmeister zu über-

nehmen. Wir konnten relativ

schnell wachsen: Heute belegen

wir hier rund 200 Quadratme-

ter Fläche, verfügen in der Nähe

über eine zusätzliche Produkti-

onshalle und sind ein Team von

17 Fachkräften.

„Ohne klare Grenzen geht es nicht“

Sebastian Schnell: Wir be-

zeichnen uns als klassischen

Raumausstatter und bieten un-

seren Kunden das Rundum-

Sorglos-Paket an. Dabei sind

wir breit aufgestellt und bie-

ten ganzheitliche Konzepte. Es

zeigt sich, dass gerade das sehr

wichtig ist und wir sind sehr er-

folgreich damit, alles aus einer

Hand zu bieten.

RTS: Wann haben Sie sich denn

das erste Mal mit dem Thema

Generationswechsel befasst?

Michael Schnell: Für mich war

seit jeher klar, dass ich rechtzei-

tig die Weichen stellen möchte.

Ich liebe meinen Beruf und

werde darin so lange es geht

aktiv sein, bin aber auch sehr

froh und dankbar, dass mein

Sohn relativ früh signalisiert

hat, das Unternehmen weiter-

zuführen. Das Thema war dem-

nach schon sehr lange präsent

und es galt für uns, den richti-

gen Zeitpunkt für seinen Ein-

stieg abzuwarten.

Sebastian Schnell: Für mich

war bereits als Kind klar, dass

ich den gleichen Beruf wie mein

Vater ausüben möchte. Nach

der Schule habe ich zuerst eine

Bankausbildung gemacht, die

mir gerade im kaufmännischen

Bereich sehr zu Gute kommt.

Danach habe ich dann Raum-

ausstatter gelernt und die Meis-

terprüfung abgelegt. Anschlie-

ßend konnte ich in anderen Be-

trieben Berufserfahrungen sam-

meln, um gezielt über den Tel-

lerrand zu blicken. Dafür bin ich

sehr dankbar – das hat meinen

Blick erweitert. Ich habe also

langfristig darauf hingearbei-

tet, für die Selbstständigkeit ge-

wappnet zu sein.

RTS: Wie haben Sie sich auf

den „richtigen Zeitpunkt“ vor-

bereitet?

Michael Schnell: Grundsätzlich

waren wir uns immer einig, dass

wir nichts dem Zufall überlassen

wollen und das Ganze sorgfältig

planen möchten. Ein Freund hat

mir in einem Gespräch davon

berichtet, dass er sich zwecks

Geschäftsübernahme hat coa-

chen lassen. Er konnte mir

ziemlich genau benennen, wie

sehr das die ganze Sache ver-

einfacht hat. Daraufhin habe ich

den Coach, der ein strategischer

Unternehmensberater ist, kon-

taktiert und dieser hat mich di-

rekt beim ersten Telefonat von

der Notwendigkeit einer Un-

terstützung durch eine externe

Person überzeugt.

Sebastian Schnell: Auch mir

hat der Gedanke, dass wir An-

regungen für eine erfolgreiche

Zusammenarbeit von außer-

halb bekommen, direkt zuge-

sagt. Mein Vater und ich ticken

zwar ähnlich, trotzdem denken

wir nicht gleich. Zudem wollten

wir unbedingt vermeiden, dass

in beruflicher Hinsicht irgend-

welche Reibungen entstehen,

die sich ggf. auf den familiären

Bereich übertragen. Einen gut

sichtbaren roten Faden, an dem

wir uns beide orientieren kön-

nen, konnte ich mir von vorn-

eherein als hilfreich vorstellen.

RTS: Wie lief der Coaching-

Prozess ab?

Michael Schnell: Mein Sohn ist

im September 2016 in die Ge-

schäftsführung eingestiegen, ein

Jahr zuvor haben wir mit dem

Coaching begonnen. In fünf

Sitzungen über je zwei bis drei

Stunden wurde gemeinsam ein

Zukunftskonzept für Raumdecor

entwickelt. Ehrlich gesagt war

das ziemlich anstrengend, weil

es in der Tat ans Eingemachte

geht! Sie müssen sich das so

vorstellen: bekannte Denk- und

Sichtweisen bekommen durch

das Coaching völlig neue Im-

pulse, so dass im Veränderungs-

prozess ein weites Feld für die

konstruktive und fruchtbare ge-

meinsame Zukunft entsteht. Als

besonders intensiv habe ich die

Hausaufgaben des Coachs emp-

funden, die uns eine Wahrneh-

mung für die Bedürfnisse und

die Persönlichkeit des anderen

eröffnet haben.

Sebastian Schnell: Mir ist

das ganz genau so gegangen.

Es macht einen Unterschied, ob

man seinem Gegenüber seine

Meinung spontan gegen den

Kopf wirft oder ob man sie re-

flektiert wiedergibt und durch

die gezielten Fragen im Coa-

ching und das Nachhaken des

Coachs an den entscheidenden

Sebastian (l.) und Michael Schnell haben sich für einen erfolgreichen Generationenwechsel von einem Coach

unterstützen lassen.

RTS