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TECHNIK
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Objekte
FASSADE 5/2018
Fotos (2):
© Frener & Reifer/Alex Filz
Sowohl inhaltlich als auch architektonisch
sollte ESO Supernova den astronomischen
Bezug widerspiegeln. Das Architekturbü-
ro Bernhardt + Partner entwickelte dafür
ein markantes Design aus zwei Gebäude-
teilen, das der Explosion einer Supernova
nachempfunden ist. Die geschwungene,
geometrisch komplexe Fassadenform stell-
te bei Planung, Fertigung und Montage der
Gebäudehülle eine große Herausforderung
dar. Nicht nur die Realisierung der teilweise
dreisinnig gekrümmten Aluminium-Blech-
Außenfassade, auch die Entwicklung der
Sterne zum Greifen nah
Geometrisch komplexe Fassaden für Planetarium in Garching
facettierten Glas-Fassaden war schwierig.
Sie bestehen aus 213 Scheiben, die in un-
terschiedlichen Winkeln aufeinandertreffen.
Um die hohen geometrischen Anforderun-
gen bewältigen zu können, musste die Ge-
bäudehülle parametrisch geplant werden.
3D-Modell dient als Basis der
geometrischen Daten
Für die 3200 Quadratmeter große vorge-
hängte, hinterlüftete, frei geformte System-
fassade wurden rund 1400 Aluminiumble-
che aneinandergefügt. Jedes der zweisinnig,
zum Teil auch dreisinnig gekrümmten Ble-
che ist ein Unikat. Zur Befestigung mussten
etwa 9000 wärmetechnisch optimierte Hal-
terungen aus Aluminium auf die Betonver-
schalung geschraubt werden. Daran wurde
dann eine vertikale Blech-Unterkonstrukti-
on befestigt, in welche die 4 Millimeter star-
ken Bleche eingehängt wurden.
Ein 3D-Modell bildete die Basis für die geo-
metrischen Daten, die von Frener & Reifer
in die 3D-Software (SolidWorks) integriert
wurden. Sowohl Biegung als auch Schnitt-
kontur der Bleche (Blechabwicklung) wur-
den aus dem Modell abgeleitet und an ein
Bearbeitungszentrum übermittelt. Dort
wurden die Bleche in einem einzigen Ferti-
gungsprozess, der eigens für dieses Bauvor-
Objekttafel
Objekt:
Astronomie-Besucherzentrum Garching
Bauherr:
ESO Supernova
Architekt:
Bernhard & Partner (Darmstadt)
Fassadenbauer:
Frener & Reifer (Italien/Brixen)
Fertigstellung:
April 2018
haben entwickelt worden war, vollautoma-
tisch hergestellt.
Alles individuell und einzeln gefertigt
Neben der Aluminium-Blechfassade war
auch die Planung und Realisierung der Glas-
fassaden anspruchsvoll. Sowohl bei den 550
Quadratmeter großen Foyer-Fassaden als
auch bei den 12 Stahl-Pfosten-/Riegel „Split-
terfassaden“ trifft jede Scheibe in einem an-
deren Winkel auf die nächste. So mussten
alle Scheiben, Pfosten und Riegel sowie die
Anschlüsse individuell geplant, gefertigt und
montiert werden. Auch hier half der parame-
trische Planungsprozess.
Zu einer weiteren Herausforderung gehör-
te die 25 Tonnen schwere verglaste Dach-
kuppel, eine Stahlkonstruktion mit einem
Durchmesser von 17 Metern. Die 233 Qua-
dratmeter große Stahlstruktur inklusive ei-
gens entwickeltem Dichtungssystem wur-
de in einem Stück in der Produktionshalle
der Schlosserei von Frener & Reifer in Brixen
vorgefertigt. Für den Transport musste die
Konstruktion in mehrere Baugruppen zerteilt
und in Garching erneut zusammengesetzt
werden. Nach dem Dachhub wurden die 263
dreieckigen Isoliergläser an das Stahltrag-
werk montiert und mit Alu-Halterungen be-
festigt. Insgesamt wurden etwa 1000 Tonnen
Stahl und 5000 Kubikmeter Beton verbaut.
In Garching bei München sind die Sterne seit April zum Greifen nahe. Im neu eröffneten Astronomie-
Besucherzentrum ESO Supernova befindet sich das größte 360-Grad-Planetarium Deutschlands
sowie eine interaktive Ausstellung. Der architektonische Entwurf stammt vom Darmstädter Büro
Bernhardt + Partner und ist einem Doppelsternsystem nachempfunden. Die Außenhülle aus
gekrümmten Aluminium-Blechen mit einem 233 Quadratmeter großen Sternendach wurde vom
Fassadenbauunternehmen Frener & Reifer geplant, gefertigt und montiert.
Die spektakuläre Gebäudeanscht stellte die Fassadenbauer vor Herausforderungen.
An der Kuppel des Besucherzentrums sind
263 Gläser befestigt.