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55

FASSADE 1/2018

BRANCHE

|

Aus der Rechtspraxis

Vertragsschlusses von den Par-

teien vorhergesehen. Der Auf-

tragnehmer könne dann, so-

weit hierfür nicht von der Ver-

gütungsvereinbarung erfasste

Leistungen erforderlich werden,

im Regelfall eine Vergütungsan-

passung nach § 1 Nr. 3 oder 4, §

2 Nr. 5 oder 6VOB/B (2006) ver-

langen.

Andererseits könne der Auf-

traggeber von einer Einhaltung

der „neuen“ allgemein aner-

kannten Regeln der Technik

und damit von einer etwaigen

Verteuerung des Bauvorhabens

absehen (vgl. BGH, Urteil vom

14.11.2017, Az. VII ZR 65/14;

IBR 2018, 2141).

Hinweise für die Praxis

Die vom Fassadenbauer auszu-

führende Leistung muss bei ei-

nem VOB-Bauvertrag grund-

sätzlich zur Zeit der Abnahme

frei von Sachmängeln sein. Im

Hinblick auf mögliche Änderun-

gen ist dem Fassadenbau-Auf-

tragnehmer anzuraten, die für

sein Bauvorhaben einschlägigen

anerkannten Regeln der Tech-

nik zu beobachten und – sollte

er eine Änderung feststellen –

seinen Auftraggeber (nachweis-

lich!) über die Änderungen und

die damit verbundenen Kon-

sequenzen und Risiken für die

Bauausführung in einer für ihn

verständlichen Weise zu infor-

mieren. Der Hinweis sollte zu

Beweiszwecken schriftlich er-

folgen; für einen Zugangsnach-

weis ist zu sorgen. Verlangt der

Auftraggeber die Einhaltung der

„neuen“ bzw. geänderten allge-

Änderung der anerkannten Regeln der

Technik während der Bauausführung

Ausgangsfall

Auf der Grundlage des Ange-

bots des Auftragnehmers vom

März 2007, dem die VOB/B

(Ausgabe 2006) beigefügt war,

erteilte der Auftraggeber dem

Auftragnehmer in Abänderung

eines bereits im Juli 2006 ge-

schlossenen Vertrages noch im

März 2007 den Auftrag zur Er-

richtung dreier Pultdachhallen

in verzinkter Stahlkonstrukti-

on. In der Gebäudebeschrei-

bung wurde für die Hallen eine

Schneelast von 80 kg/m

2

ange-

geben. Dies entsprach der DIN

1055-5 (1975) und der im Jahr

2006 erteilten Baugenehmigung.

Nach den technischen Vorga-

ben der geänderten DIN 1055-

5 (2005) für Bauvorhaben, die

nach dem 01.01.2007 beantragt

wurde, und die vorab im Jahr

2005 im Weißdruck erschienen

war, ist eine Schneelast von 139

kg/m

2

anzusetzen. Nachdem

der Auftragnehmer die Hallen

(bis August 2007) errichtet hatte,

kam es zu einer Durchbiegung

der Dachkonstruktion. Der Auf-

traggeber hat den Auftragneh-

mer zur Verstärkung der Dach-

konstruktion aufgefordert; der

Auftragnehmer ist dem jedoch

nicht gefolgt. Ende Juni 2008 hat

der Auftragnehmer die Schluss-

rechnung gelegt und Anfang

Juli 2008 die Fertigstellung sei-

ner Leistungen angezeigt. Der

Auftraggeber hat insofern die

förmliche Abnahme verweigert,

mit Blick auf die Schneelastthe-

matik einen Leistungsmangel

moniert und zur Mangelbeseiti-

gung aufgefordert.

Die allgemein anerkannten Regeln der Technik können sich bekanntlich ändern. Problematisch

wird es für den Auftragnehmer regelmäßig dann, wenn sich die allgemein anerkannten Regeln der

Technik nach dem Abschluss des Bauvertrages – aber noch vor der rechtsgeschäftlichen Abnahme der

Fassadenbauleistung – ändern. Mit dieser Fallgestaltung hat sich der Bundesgerichtshof in einer für

die Praxis wichtigen Entscheidung Ende des Jahres 2017 befasst.

Urteil des Bundesgerichts­

hofs vom 14.11.2017

Im Rahmen seiner Beurteilung

des Streitsachverhalts hat der

Bundesgerichtshof insbesonde-

re folgende – für die Praxis be-

deutsamen – Punkte herausge-

arbeitet. Nach § 13 Nr. 1 VOB/B

(2006) schulde der Auftragneh-

mer grundsätzlich die Einhal-

tung der allgemein anerkann-

ten Regeln der Technik zum

Zeitpunkt der Abnahme. Dies

gelte auch bei einer Änderung

der allgemein anerkannten Re-

geln der Technik zwischen Ver-

tragsschluss und Abnahme.

In einem solchen Fall habe der

Auftragnehmer den Auftragge-

ber grundsätzlich regelmäßig

über die Änderung und die da-

mit verbundenen Konsequen-

zen und Risiken für die Bau-

ausführung zu informieren.

Der Auftraggeber habe – so der

Bundesgerichtshof – sodann im

Regelfall zwei Optionen: Der

Auftraggeber könne zum einen

die Einhaltung der „neuen“ all-

gemein anerkannten Regeln

der Technik verlangen; dies mit

der Folge, dass ein aufwendige-

res Verfahren erforderlich wer-

den kann als im Zeitpunkt des

§

mein anerkannten Regeln der

Technik hat der Auftragneh-

mer zu prüfen, ob ein Mehr-

vergütungsanspruch in Betracht

kommt.

Verschweigt der Auftragnehmer

seinem Auftraggeber eine Än-

derung der für das in Rede ste-

hende Bauvorhaben einschlä-

gigen allgemein anerkannten

Regeln der Technik nach Ver-

tragsabschluss, kann dies im

ungünstigsten Fall zu einem be-

rechtigten Mangelvorwurf füh-

ren, was sich verheerend auf

den wirtschaftlichen Erfolg des

Bauvorhabens auswirken dürfte.

Rechtsanwalt Jörg Teller ist Partner

in der Frankfurter Kanzlei SMNG

Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

(www.smng.de

) und berät seit mehr

als 20 Jahren Fenster- und Fassa-

denhersteller sowohl in Bauprozes-

sen als auch außergerichtlich.